Plattformmacht und Meinungsbildung: Wie der Staat seine Kontrolle ausbauen will
Die Medienmitteilung der Eidgenössischen Medienkommission (EMEK) vom 14. Januar 2025 (hier zu finden) beleuchtet die immense Macht von Online-Plattformen wie sozialen Netzwerken und Suchmaschinen. Diese hätten einen maßgeblichen Einfluss auf die öffentliche Meinungsbildung und die Demokratie. Die EMEK fordert strengere Regulierungen, um die Markt- und Meinungsmacht der Plattformen einzuschränken. Doch was auf den ersten Blick wie ein Schutz demokratischer Werte erscheint, birgt bei genauerem Hinsehen die Gefahr einer verstärkten staatlichen Kontrolle in Zusammenarbeit mit etablierten Medien. Statt Meinungsvielfalt zu fördern, könnten solche Maßnahmen zu einer zentralisierten Deutungshoheit führen.
Die jüngste Medienmitteilung der Eidgenössischen Medienkommission (EMEK) wirft ein kritisches Licht auf die Beziehung zwischen Plattformmacht, Medien und Staat. Während die vorgeschlagenen Maßnahmen auf den ersten Blick nach einem Versuch aussehen, demokratische Werte zu schützen und die Macht globaler Plattformen wie Google und Facebook zu regulieren, birgt der Ansatz eine beunruhigende Tendenz: die Ausweitung staatlicher Kontrolle über öffentliche Meinungsbildung und Medien.
Der Staat als neuer Gatekeeper
Die EMEK betont, dass Plattformen wie soziale Netzwerke und Suchmaschinen eine erhebliche Markt- und Meinungsmacht besitzen. Diese Macht solle durch Regulierung eingeschränkt werden – doch wer übernimmt diese Aufgabe? Es ist der Staat, der letztlich als neuer „Gatekeeper“ agieren will. Der geplante Fokus auf die Regulierung von Algorithmen, die Überwachung von Plattforminhalten und die Einrichtung unabhängiger Aufsichtsstellen deutet auf eine Machtverschiebung hin: weg von privaten Plattformen, hin zu staatlichen und institutionellen Akteuren.
Staatliche Institutionen würden durch solche Maßnahmen in der Lage sein, direkten Einfluss auf die Inhalte zu nehmen, die auf Plattformen gezeigt werden. Unter dem Deckmantel der „Förderung demokratischer Werte“ könnten missliebige Inhalte zensiert und alternative Meinungen marginalisiert werden.
Brisant ist, das die Zusammensetzung der Eidgenössischen Medienkommission (EMEK), deren Mitglieder größtenteils enge Verbindungen zu großen Medienhäusern oder etablierten Akteuren der Medienbranche haben. Mit Vertreterinnen und Vertretern von Tamedia, der SRG oder der NZZ sind die Interessen der mächtigen Medienkonzerne stark vertreten, während alternative oder unabhängige Stimmen fehlen. Diese einseitige Besetzung wirft die Frage auf, ob die vorgeschlagenen Regulierungsmaßnahmen tatsächlich im Sinne einer pluralistischen Meinungsvielfalt oder vielmehr im Interesse der etablierten Medienstrukturen sind. Der Verdacht liegt nahe, dass die Empfehlungen der EMEK vorwiegend dazu dienen könnten, die Macht der traditionellen Akteure zu sichern und kleinere, unabhängige Plattformen weiter zu marginalisieren. Das widerspricht dem Anspruch, demokratische Werte und Meinungsfreiheit zu stärken.
Die Rolle der etablierten Medien
Ein weiterer Aspekt ist die enge Verbindung zwischen staatlichen Akteuren und den etablierten Medien. Die Medienlandschaft ist in vielen Ländern stark mit staatlicher Förderung und Regulierung verwoben. Öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten und traditionelle Printmedien könnten durch solche Maßnahmen privilegiert werden, während unabhängige oder alternative Medien noch stärker an den Rand gedrängt werden.
Die EMEK schlägt beispielsweise vor, den Zugang zu Plattformen für Medienunternehmen klar zu regeln. Dies könnte dazu führen, dass große, etablierte Medienhäuser bevorzugt behandelt werden, während kleinere, unabhängige Stimmen es schwerer haben, in der digitalisierten Öffentlichkeit Gehör zu finden.
Gefahr der Deutungshoheit
Ein zentraler Kritikpunkt ist die Gefahr, dass der Staat zusammen mit den etablierten Medien eine Deutungshoheit über die öffentliche Meinung aufbaut. Die Regulierung von Algorithmen und Inhalten könnte dazu genutzt werden, bestimmte Narrative zu fördern und andere zu unterdrücken. Dies birgt das Risiko, dass der öffentliche Diskurs einseitig wird und Meinungsvielfalt verloren geht.
Die enge Verzahnung zwischen Staat, Medien und Forschung – ein weiterer Aspekt, den die EMEK anspricht – verstärkt diese Problematik. Wenn Plattformen und ihre Inhalte durch staatliche Regeln und politisches Lobbying gesteuert werden, könnte dies dazu führen, dass unbequeme Wahrheiten nicht mehr ans Licht kommen.
Zensur unter dem Vorwand der Sicherheit
Die geplanten Regulierungen lassen befürchten, dass sie nicht nur die Markt- und Meinungsmacht der Plattformen einschränken, sondern auch die Freiheit der Nutzer beeinträchtigen könnten. Die Kontrolle über Algorithmen und die personalisierte Anzeige von Inhalten wird als Schutzmaßnahme präsentiert, um Manipulation und Missbrauch zu verhindern. Doch wer entscheidet, was manipulativ oder gesellschaftlich relevant ist? Diese Macht liegt letztlich bei den staatlichen Behörden und den von ihnen favorisierten Akteuren.
Alternative Ansätze für echte Meinungsfreiheit
Anstatt die Kontrolle von Plattformen in die Hände des Staates und der etablierten Medien zu legen, könnten alternative Lösungen entwickelt werden, die die Meinungsfreiheit tatsächlich fördern:
- Transparenz statt Kontrolle: Plattformen könnten verpflichtet werden, ihre Algorithmen offenzulegen, ohne dass der Staat direkt eingreift.
- Förderung dezentraler Plattformen: Unabhängige Plattformen könnten gefördert werden, um eine vielfältigere Medienlandschaft zu schaffen.
- Stärkung der Eigenverantwortung: Nutzer sollten durch Bildungsprogramme befähigt werden, Inhalte kritisch zu hinterfragen, statt sich auf vorselektierte Informationen zu verlassen.
- Pluralismus sichern: Anstatt etablierte Medien zu bevorzugen, sollten auch alternative Stimmen fairen Zugang zu Plattformen erhalten.
Fazit: Kontrolle statt Freiheit
Die Maßnahmen der EMEK scheinen auf den ersten Blick demokratische Werte schützen zu wollen. Doch bei genauerem Hinsehen wird deutlich, dass sie vorwiegend dazu dienen könnten, den Einfluss des Staates und der etablierten Medien auf die öffentliche Meinungsbildung auszubauen. Es besteht die Gefahr, dass unter dem Vorwand der Regulierung von Plattformmacht die Meinungsfreiheit eingeschränkt und eine einseitige Deutungshoheit etabliert wird.
Wenn wirklich demokratische Werte und Meinungsvielfalt geschützt werden sollen, braucht es Ansätze, die Transparenz und Eigenverantwortung fördern – nicht die Macht von Staat und Medien zu stärken.
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