Verteidigungsminister Boris Pistorius hatte am Montag zu einem Gespräch nach Berlin geladen, an dem seine Amtskollegen aus Frankreich, Großbritannien und Polen sowie eine Staatssekretärin aus Italien beteiligt waren.
Danach sagte Pistorius unter anderem:
"Das ist kein regionaler Konflikt mehr, er hat eine internationale Dimension bekommen."
Begründet hat er dies mit den vermeintlich anwesenden Nordkoreanern, nicht mit den britischen und US-amerikanischen Bedienmannschaften diverser Waffensysteme. Ziel dieses Treffens war, einer möglichen Änderung der US-Politik in Bezug auf die Ukraine, also denkbaren Verhandlungen der Vereinigten Staaten unter dem künftigen Präsidenten Donald Trump mit Russland, gemeinsam entgegenzuwirken.
"Die Ukraine muss aus einer Position der Stärke agieren können", erklärte Pistorius weiter. Sein französischer Kollege Sébastien Lecornu verweigerte zwar die Aussage bezüglich französischer Überlegungen zur Entsendung eigener Truppen, erklärte aber kryptisch:
"Es geht nicht nur um Geld. Es geht auch um Mut."
Im Zusammenhang mit diesem Treffen äußerte sich gegenüber dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) auch der Münchner Politikwissenschaftler Carlo Masala, der an der Universität der Bundeswehr eine Professur innehat.
"Wir brauchen eine Rückfalloption für den Fall, dass die USA ihre Waffenlieferungen an die Ukraine einstellen. Dabei geht es um eine Koalition der Willigen, die im Zweifel auch bereit ist, Bodentruppen in die Ukraine zu entsenden. Da ist gerade viel in Bewegung, in Frankreich, Großbritannien und Polen."
Die "Koalition der Willigen" ist eine Formulierung aus der Zeit des Irak-Kriegs, mit der die Gruppe der Staaten bezeichnet wurde, die den völkerrechtswidrigen Angriff der USA auf den Irak im Jahr 2003 unterstützte. Die damalige Bundesregierung unter Gerhard Schröder hatte die Teilnahme abgelehnt, allerdings die Nutzung des deutschen Luftraums und der Einrichtungen auf deutschem Boden für die Logistik nicht verweigert.
Diese Aussage von Masala wurde in vielen Medien (beispielsweise Bild, ZDF und Merkur) als Votum für eine Entsendung von Bodentruppen in die Ukraine gewertet. Ob diese Aussagen Masalas nur ein Versuch eines gut bezahlten Bundeswehrbeamten sind, auch in Deutschland die unmittelbare Entsendung von Truppen ins Spiel zu bringen, oder Überlegungen wiedergeben, die innerhalb der Berliner Politik tatsächlich bereits stattfinden, ergibt sich erst aus dem Zusammenspiel seiner Aussagen mit denen Pistorius' und deren Zusammenstellung durch das RND.
Pistorius wird mit der Aussage angeführt, er sehe abgesehen von AfD und BSW in Deutschland eine wachsende Verteidigungsbereitschaft. "Wir müssen mehr tun, und wir müssen das schnell tun." Masala wiederum macht geradezu Werbung für Pistorius:
"Deutschland ist bei den meisten Entwicklungen außen vor. Boris Pistorius verfolgt offenbar das Ziel, Deutschland wieder ins Spiel zu bringen."
Ins Spiel bringen in einer Koalition der Willigen, die Bodentruppen entsenden will.
Ob Masala Mitglied einer Partei ist, ist nicht bekannt. Allerdings trat er im Februar 2023 auf einer Diskussionsveranstaltung der SPD-Bundestagsfraktion auf, auf der außer ihm nur Pistorius und Fraktionschef Rolf Mützenich referierten; das wäre sehr ungewöhnlich, wenn er der Partei nicht zumindest nahestünde. Das RND wiederum ist die Zentralredaktion des Mediennetzwerks der SPD, dem nach wie vor viele Lokalzeitungen gehören.
Mit diesen Aussagen wird die politische Debatte eine Woche vor der mutmaßlich Anfang Dezember stattfindenden Abstimmung im Bundestag, die sowohl die FDP als auch die Grünen angekündigt haben, bereits noch einen Schritt weiter vorangetrieben. Das neue Thema lautet Entsendung von Bodentruppen, und der deutsche Verteidigungsminister ist an der Eröffnung dieses Themas beteiligt.
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