Anfang Dezember enthüllte das französische Online-Magazin Mediapart, in welchem Maße die Journalisten-Vereinigung OCCRP von Geldern der US-Regierung abhängig ist. Das Kürzel steht für "Organized Crime and Corruption Reporting Project" – ein Netzwerk, das in erheblichem Maße auf Finanzierung durch die US-Regierung angewiesen ist (RT DE berichtete).
Durchgriffsrechte auf Inhalte
Nicht bloß die finanzielle Abhängigkeit ist brisant: Wie die Recherchen ergaben, verfügen die USA zudem über ein Vetorecht gegenüber der Leitung und der redaktionellen Linie des OCCRP. Neben dem genannten französischen Magazin sind auch Il Fatto Quotidiano aus Italien, Reporters United aus Griechenland und das US-amerikanische Medium Drop Site News beteiligt. In Deutschland sind etliche Zeitungen, Zeitschriften und Sender Kooperationspartner des OCCRP, so etwa der Spiegel, die Süddeutsche Zeitung, die Zeit und auch der NDR. Insbesondere das Agieren des Senders dürfte angesichts der jüngsten Enthüllungen Fragen aufwerfen.
Wie die Berliner Zeitung nun schreibt, wollte der NDR, der an dem Bericht über das OCCRP-Netzwerk mitgearbeitet hatte und der eben auch deutsche Medien betrifft, das Filmmaterial nicht senden. Nachdem die öffentlich-rechtliche Anstalt einen Rückzieher gemacht hatte, veröffentlichte nun die BLZ das fast 27-minütige Video.
Geldgeber: Staat und Stiftungen
Die Dokumentation enthüllt, dass die Anschubfinanzierung von US-Strafverfolgungsbehörden kamen. Dies räumt Drew Sullivan, der Gründer des OCCRP, in der Reportage ein. Über die Entwicklungshilfe-Behörde USAID seien die Gelder an OCCRP geflossen – was selbst der USAID problematisch erschienen sei. Denn aufgrund der Finanzierung wirkten die beteiligten Journalisten ihre Unabhängigkeit vom Staat einbüßen und faktisch als "verlängerter Arm der US-Justiz". Damit werde letztlich das Ansehen der Vereinigung gefährdet, da ein glaubwürdiger Quellenschutz nicht mehr gegeben sei.
Das Video dokumentiert die mangelhafte Transparenz des Netzwerks – eben seine "direkte und dominante Abhängigkeit von der US-Regierung". Über die Jahre gesehen, stammen die meisten Gelder des Netzwerks von der US-Regierung – oft von verschiedenen Behörden und Ministerien. Anders als das OCCRP gerne behaupte, wurde es nicht von den Vereinten Nationen, sondern eben von der US-Regierung gegründet. Zu den Geldgebern zählen ebenso die Open Society Foundations des Multimilliardärs und Spekulanten George Soros, die – so Sullivan in der Dokumentation – sich mehr als die Regierungsstellen in die Arbeit des Netzwerks eingemischt habe. Dennoch muss Sullivan einräumen, dass seine Organisation in der Vergangenheit Ärger mit der CIA bekommen hat, als eine Publikation über den Waffenschmuggel vom Balkan zu IS-Terroristen dem US-Geheimdienst missfiel.
Die US-Regierung finanziert Journalisten, deren Material auch deutsche Medien brachten. Der #NDR sendete den Bericht darüber nicht. Wir dokumentieren das Video. #OCCRP #DrewSullivan #Sullivan https://t.co/7H4ewK9qFO
— Berliner Zeitung (@berlinerzeitung) December 17, 2024
Beschönigend heißt es in dem Material, das OCCRP recherchiere, um "Interessenkonflikte" zu vermeiden, nicht über Staaten, die das Netzwerk finanziell unterstützen.
Täuschung
Anders als der NDR berichtete der Spiegel zwar in seiner neuesten Ausgabe über die Enthüllungen, doch gab das Hamburger Magazin der Geschichte dabei einen eigenen Dreh: John Goetz, neben Armin Ghassim Autor der Dokumentation, sei zwar ein linker Journalist, der Skandale in den USA und der Bundesrepublik aufgedeckt und Preise erhalten habe, laut Gerüchten aber eben auch ein – russischer (!) – Spion. Das Video ist gegenwärtig über die Website der Berliner Zeitung abrufbar.
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