Laut einer 12-seitigen Darlegung, beabsichtigt die Bundeswehr über den "Operationsplan Deutschland (OPLAN DEU) zukünftig "ihre Einsatzbereitschaft für die Sicherheit des Landes und der Bevölkerung" zu garantieren. Die Notwendigkeit des Vorhabens resultiere aus dem definierten Ziel, "potenzielle Gegner abzuschrecken, Deutschland vor möglichen Bedrohungen zu schützen und im Ernstfall zu verteidigen", so die Theorie. Die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) berichtet nun über Informationen, dass Bundeswehrbehörden aktuell deutsche Unternehmen "mit dem Ernstfall – auf der Grundlage des von der Politik beschlossenen 'Operationsplan Deutschland'" konfrontieren.
Das gesamte OPLAN-Strategiepapier habe laut FAZ-Artikel in seiner "ersten Fassung" eine Gesamtlänge von 1.000 Seiten (Bezahlschranke). Weiter heißt es zu Details der Bundeswehrplanung:
"Es listet beispielsweise alle Bauwerke und Infrastruktureinrichtungen auf, die aus militärischen Gründen besonders schützenswert sind. Es enthält auch detaillierte Planungen, wie im Verteidigungsfall vorgegangen werden sollte, oder zuvor schon, im Spannungsfall, also wenn man etwa auf ein russisches Manöver an der Ostflanke der NATO mit Abschreckung reagieren würde."
Zur Rolle der deutschen Wirtschaft im akuten Kriegsfall hat die Truppe laut FAZ-Informationen jetzt zusammen mit der Handelskammer Hamburg eine Infoveranstaltung veranstaltet. Ein Oberstleutnant und Chef des Landeskommandos Hamburg gab dabei den Anwesenden "konkrete Ratschläge", diese lauteten im FAZ-Zitat:
"Bilden Sie auf hundert Mitarbeiter mindestens fünf zusätzliche Lkw-Fahrer aus, die Sie nicht benötigen. 70 Prozent aller Lastwagen auf Deutschlands Straßen werden von Osteuropäern bewegt. Wenn dort Krieg ist, wo werden dann diese Leute sein?"
Zudem würde er Unternehmensbesitzern raten, konkrete Ernstfallpläne zu erstellen, "was von welchen Beschäftigten in Krisenfällen erwartet werde", da es zum "Selbstschutz" wichtig sei, dass "die ganze Belegschaft ein Gefühl für Sicherheitsfragen bekomme", so der Bundeswehrangehörige vortragend laut Teilnehmern. Die Veranstaltung in Hamburg sei dabei kein Einzeltermin gewesen, so heißt es:
"Gespräche wie diese in Hamburg gibt es schon im ganzen Land. 'Alle Landeskommandos sind beauftragt mit der Umsetzung', teilt die Bundeswehr mit."
Bei dem Hamburger Termin klärte der Oberstleutnant demnach über weitere "Bedrohungen im Ernstfall" auf, um laut FAZ wörtlich vor den Teilnehmern zu behaupten, dass Russland bereits "angefangen hat, seinen Krieg vorzubereiten", um "weiter nach Westen anzugreifen". Dies habe er "unter Berufung auf die deutschen Nachrichtendienste" geäußert. Der Bundeswehrvertreter habe demnach "ein düsteres Bild" gezeichnet:
"Um den Ernst der Lage zu betonen, verweist Jörn Plischke auf Drohnenüberflüge und Ausspähversuche, Waffenlagerfunde und Attentatsplanungen auf Topmanager, Sabotage und Cyberangriffe, die 'täglich und in steigender Frequenz' zu beobachten seien. 'Shaping the Battlefield' nenne man das."
Zum Thema Aufrüstung lauteten seine mahnenden Worte, dass "Russland im Moment 25 Kampfpanzer pro Monat produziert, Deutschland drei im Jahr."
Bei einer weiteren Veranstaltung, diesmal an der frischen Luft vor dem Hamburger Michel, habe ein "Bundeswehrmann" demnach die Teilnehmer gefragt:
"Was tun, wenn verbündete Truppen durch unsere Stadt müssen? Was tun, wenn die Elbe gesperrt ist, das Schienennetz angegriffen wird? Was tun, wenn Rewe und Aldi wegen Strommangel nicht öffnen können, die Straßen von Militärkolonnen genutzt werden und Wasser nicht mehr aus dem Hahn fließt?"
Der Hauptgeschäftsführer der Handelskammer habe auf FAZ-Anfrage erklärt, dass er solche Termine "grundsätzlich unterstütze", da "wir das Bewusstsein schärfen müssen, wie wichtig eine gut vorbereitete und widerstandsfähige Wirtschaft für die zivile und militärische Verteidigung Deutschlands ist."
Hamburgs Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) bekräftigte die Bereitschaft der Hansestadtpolitik, solche Veranstaltungen weiter zu unterstützen, da "man sich der logistischen Bedeutung des Hafens bewusst sei". Der NDR hatte bereits Ende September über eine größere Bundeswehrübung am Hamburger Hafen informiert. Damals hieß es:
"Drei Tage lang haben Bundeswehr, Heimatschutz und zivile Behörden im Hamburger Hafen den Ernstfall geprobt. Es ging um den Schutz wichtiger Infrastruktur. 'Red Storm Alpha' war kein klassisches Manöver. Bei der Übung im Hamburger Hafen, an der rund 100 Soldatinnen und Soldaten teilnahmen, ging es um die Absicherung von Hafenanlagen."
Der Hamburger Senat hat laut FAZ "seinerseits auf die Bedrohungslage schon reagiert" und dafür mehr als 40 zusätzliche Stellen geschaffen, "um Krisenbewältigung und Bevölkerungsschutz zu stärken". Die Erfahrungen aus der Hamburger Manöver-Übung im September wurden demnach in den "Operationsplan Deutschland" eingearbeitet, "der trotz seiner 1.000 Seiten keineswegs fertig ist, weil vielfach Informationen erst bruchstückhaft vorliegen." Es handele sich laut Bundeswehr-Jargon um ein sogenanntes "living document".
Bertram Brossardt, Hauptgeschäftsführer der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft, erklärte laut FAZ wörtlich in einem Branchenvorwort zur Gesamtthematik des Bevölkerungsschutzes im Ernstfall zu möglichen juristischen Hürden bei der Umsetzung von Sonderregelungen:
"Wenn es zur Abwendung schwerwiegender Gefahren unerlässlich sein sollte, würden die Regelungen sogar eine Umstellung der gesamten Wirtschaft auf Planwirtschaft durch den Staat erlauben."
So sei für Arbeitnehmer laut Gesetz "vieles geregelt", so im Arbeitssicherstellungsgesetz, "durch das die Verpflichtung zur Tätigkeit in bestimmten Bereichen ermöglicht wird, von der Wasserversorgung bis zu Verkehrsunternehmen."
Der Rechtsrahmen in Deutschland könnte daher "im Fall des Falles" für einen weitreichenden Durchgriff auf die Unternehmen ausreichen. Im Zuge der Gasversorgungskrise sei bereits erkennbar gewesen, "wie schnell die Politik die Regeln diktiert hat", so die FAZ-Autorin abschließend erinnernd.
Am 20. November titelt themenbezogen die Berliner Zeitung: "'Wir brauchen dringend Wehrerfassung' – Bundesverteidigungsminister Pistorius sagt, Deutschland müsse sich auf den Verteidigungsfall vorbereiten." In dem Artikel wird der Minister mit der "Warnung" zitiert, dass "wir derzeit nicht wissen, wen wir mobilisieren könnten, wenn morgen der Verteidigungsfall einträte."
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