Weißes Haus bestätigt erstmals Freigabe von Langstreckenwaffen

Der Staatssekretär im US-Außenministerium für Angelegenheiten der westlichen Hemisphäre, Brian Nichols, hat in einem Interview mit der brasilianischen Zeitung O Globo im Umfeld des G20-Gipfels bestätigt, dass der Einsatz von weitreichenden US-Raketen gegen russisches Gebiet genehmigt wurde. Bisher gab es nur kein Dementi seitens der US-Regierung, aber auch keine Aussage aus Regierungskreisen, die dies bestätigte.

"Die Waffen, deren Gebrauch Präsident Biden der Ukraine genehmigt hat, geben dem Land bessere Fähigkeiten, sich zu verteidigen, und werden mit Glück dafür Sorgen, dass die Russische Föderation versteht, dass der Versuch, das ukrainische Territorium mit Gewalt zu nehmen, keinen Erfolg haben wird, und  vielleicht damit beginnt, einen Frieden zu verhandeln, oder, noch besser, sich schlicht vom ukrainischen Gebiet zurückzuziehen."

Die US-Genehmigung bezieht sich auf die von den USA an die Ukraine gelieferten ATACMS-Raketen. Diese ballistischen Raketen mit Trägheitssteuerung haben, je nach Typ, eine Reichweite von maximal 300 Kilometern und können von eigenen Trägerfahrzeugen oder von den HIMARS-Raketenwerfern abgefeuert werden.

Dieser Raketentyp wurde 1990 in den USA in Dienst gestellt. Es gibt unterschiedliche Versionen, darunter auch solche mit Streumunition und bunkerbrechende Varianten. Letzteres ist besonders kritisch, da eines der erkennbaren Ziele der ukrainischen Armee im vergangenen Sommer das Atomkraftwerk bei Kursk war. Die ATACMS mit Streumunition wurden in der US-Armee bereits außer Dienst gestellt, was aber nichts darüber aussagt, ob sie an die Ukraine geliefert wurden, da auch bei den Artilleriegranaten derartige Varianten geliefert worden sind.

Bereits die Pressemeldungen über die Genehmigung durch die US-Regierung führten dazu, dass in anderen NATO-Staaten die Debatte erneut begann, selbst den Einsatz derartiger Raketen gegen von ihnen selbst anerkanntes russisches Gebiet zu genehmigen. Das betrifft insbesondere Großbritannien mit den Storm-Shadow-Raketen und Frankreich mit den Scalp-Raketen, die beide ungefähr den ATACMS-Varianten mit niedrigerer Reichweite entsprechen. Auch in Deutschland ist die Forderung verschiedenster Politiker nach einer Lieferung von Taurus-Raketen wieder lauter geworden.

Besonders kritisch ist diese US-Genehmigung vor dem Hintergrund der gerade in Kraft getretenen neuen russischen Nukleardoktrin, die sowohl einen Angriff eines Staates, der Teil eines Militärbündnisses ist, als Angriff des gesamten Bündnisses bewertet, als auch Angriffe mit ballistischen Raketen und jeder Art von Massenvernichtungswaffen als Grund für den Einsatz nuklearer Waffen definiert. Ein Angriff gegen das Atomkraftwerk bei Kursk mit ATACMS-Raketen wäre dementsprechend ein Angriff der NATO, der die Qualität eines Angriffs mit Massenvernichtungswaffen besitzt.

Unterstrichen wird dies auch durch eine entsprechende Aussage von Dmitri Medwedew:

"Die eine Sache, die wirklich wichtig ist, ist die Erklärung, die der Staatschef des russischen Staates am 12. September machte. Dementsprechend wurde heute eine neue Version der Grundlagen der Staatspolitik auf dem Gebiet der nuklearen Abschreckung genehmigt. Der Einsatz von Raketen des Bündnisses auf diese Weise würde als Angriff der Bündnisnationen gegen Russland eingeordnet. In einem solchen Szenario behält sich Russland das Recht vor, mit Massenvernichtungswaffen gegen Kiew und entscheidende NATO-Einrichtungen zurückzuschlagen, wo auch immer sie sich befinden mögen. Das ergäbe dann den dritten Weltkrieg."

Mehr zum Thema - Musk warnt Biden: "Russland wird mit gleicher Münze vergelten"

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