US-Präsidentschaft: Was Trump mit dem Tech-Sektor anstellen könnte

Donald Trump wird erneut US-Präsident. Diesmal dürfte er besser auf das Amt vorbereitet sein als das letzte Mal. Ein engmaschiges Überwachungssystem könnte bei Massendeportationen helfen, ein nach rechts gerückter US-Kongress bei der Abschaffung mancher Regeln für Tech-Konzerne.

Fans von Donald Trump feiern seinen Wahlsieg. – Alle Rechte vorbehalten IMAGO / Kyodo News

So wirr Donald Trump auch ist, einige seiner Prioritäten sind glasklar: Massendeportationen von Einwanderern, Rache an seinen politischen Gegner:innen, Begünstigungen für seine oft aus der Wirtschaft kommenden Verbündeten. Ab Januar wird dem erneuten US-Präsidenten nur wenig im Weg stehen, um seine Ziele durchzusetzen. Neben dem Senat fällt womöglich auch das Repräsentantenhaus an die Republikaner, das Verfassungsgericht des Landes haben sie schon seit Jahren fest in der Hand.

Eine Schlüsselrolle könnte der US-Sicherheitsapparat spielen. Trump, der in und nach seiner ersten Amtszeit gegen den sogenannten „Deep State“ gewettert hatte und unliebsame Beamt:innen untersuchen oder feuern ließ, steht ein engmaschiges Überwachungssystem bereit. Dieses hatte er schon mehrfach gegen seine Feinde gerichtet, unter anderem hat er Journalist:innen oder Black-Lives-Matter-Demonstrationen überwachen lassen.

In den vergangenen vier Jahren haben die Demokraten kaum etwas unternommen, um dieses System merklich einzuhegen. Zuletzt hat der US-Kongress umfassende Überwachungsbefugnisse für US-Geheimdienste verlängert. Derweil steckte die Einwanderungs- und Zollbehörde (ICE) Milliarden US-Dollar in den weiteren Ausbau ihrer Kapazitäten, die sich vor allem gegen Menschen ohne Aufenthaltsgenehmigung richten.

Engmaschiges Überwachungssystem

Private Unternehmen füllen noch bestehende Lücken. Amazon liefert der Polizei etwa Gesichtserkennungstechnik oder Bilder aus Ring-Türklingeln, Google beispielsweise Listen von Nutzer:innen, die nach bestimmten Begriffen gegoogelt oder mitunter einen bestimmten Ort aufgesucht haben. Ganz ohne Durchsuchungsbefehl kaufen und nutzen US-Behörden inzwischen massenhaft Daten aus Smartphone-Apps, die auf dem freien Markt von Daten-Brokern angeboten werden.

Das könnte sich nun rächen. Im Wahlkampf hat Trump angekündigt, das Militär und Behörden wie die ICE gegen „Feinde im Inneren“ sowie Migrant:innen einsetzen zu wollen. „Das Einzige, was einen Präsidenten davon abhält, diese Befugnisse zu missbrauchen, sind die Personen, die in diesen Behörden arbeiten und Regeln und Standards befolgen“, sagte Cindy Cohn von der Electronic Frontier Foundation (EFF) gegenüber The Intercept. „Aber wir haben bei Präsident Trump gesehen, dass er versucht, diese zu beseitigen.“

Kampflos wollen sich zivilgesellschaftliche Organisationen wie die EFF oder die American Civil Liberties Union (ACLU) keinesfalls fügen. Schon jetzt skizzieren die NGOs, wie sie rechtlich gegen voraussichtliche Rechtsverletzungen vorgehen wollen. Absehen lassen sich unter anderem Auseinandersetzungen rund um Massenabschiebungen oder bei Abtreibungen. Letztere sind seit einem höchstgerichtlichen Urteil nicht mehr bundesweit legal und vielen republikanisch regierten Bundesstaaten ein Dorn im Auge. Auf dem Spiel steht auch die Pressefreiheit, wie die Freedom of the Press Foundation (FPF) darlegt.

Project 2025 hat Blaupause für Machtwechsel vorgelegt

Im Jahr 2016 war Trump augenscheinlich selbst über seinen Wahlsieg überrascht. Diesmal dürften er und sein Lager deutlich besser auf die Machtübernahme vorbereitet sein. So legte der konservative Think Tank Heritage Foundation mit dem „Project 2025“ einen detaillierten Plan vor. Mit dem soll der Umbau der USA zu einem autoritären, von christlich-nationalistischen Grundsätzen geleiteten Staat möglichst rasch und umfangreich gelingen.

Zwar hat sich Trump im Wahlkampf wiederholt von dem Projekt zu distanzieren versucht – mit einem Verbot von beispielsweise Pornographie macht man sich nicht sonderlich beliebt. Glaubwürdig wirkte dies jedoch nicht. Viele der Autor:innen des über 800 Seiten starken Manifests stammen aus der letzten Trump-Administration, Trump selbst steht der republikanischen Denkfabrik nahe.

Neben Demokratieabbau enthält das Papier zahlreiche netzpolitisch relevante Punkte, mit denen sich Ultrakonservative viele lange gehegte Wünsche erfüllen könnten. Im Visier stehen insbesondere der sogenannte „administrative Staat“ und seine Regulierungsbehörden. Viele davon sollen komplett abgeschafft werden, darunter die Handelsbehörde FTC (Federal Trade Commission).

Geschwächte Regulierungsbehörden

Diese ist auch für Verbraucherschutz zuständig, zuletzt hatte sie etwa eine Regel für das einfache Kündigen von Online-Verträgen erlassen. Selbst wenn es nicht gelingen sollte, diese Behörde komplett aufzulösen: Ihr Gestaltungswille lässt sich nach Gutdünken eindämmen, nicht zuletzt mit der Besetzung des Chefpostens. Als sicher gilt das Ende der Amtszeit der derzeitigen Chefin, der progressiven Lina Khan.

Einen neuen Chef wird auch die Telekom-Aufsicht FCC (Federal Communications Commission) erhalten, gute Chancen hat das republikanische Kommissionsmitglied Brendan Carr. Der hatte für das Project 2025 den Abschnitt zu Telekommunikation verfasst. Darin fordert er unter anderem ein strenges Vorgehen gegen chinesische Netzwerkausrüster wie Huawei und soziale Netzwerke wie TikTok sowie eine Deregulierung des Sektors. Gleichzeitig will er Facebook und anderen Sozialen Medien die bedingte Haftungsfreiheit wegnehmen, was sie anfälliger für Zensur machen könnte.

Unabhängig davon schrumpfen die Handlungsmöglichkeiten von US-Regulierungsbehörden ohnehin zunehmend zusammen. Im Sommer hatte der unter Trump weiter nach rechts gerückte Supreme Court einen jahrzehntelang bindenden Präzedenzfall umgeworfen und verfügt, dass bei der Auslegung von Regulierungsentscheidungen stets Gerichte das letzte Wort haben sollen.

Big Tech übt sich in vorauseilendem Gehorsam

Unternehmen wie Amazon, SpaceX oder AT&T fechten in hunderten Verfahren seitdem ihnen unangenehme Auflagen vor Gericht an. Von der Netzneutralität über Arbeitsschutzregeln bis hin zu Vorgaben bei Finanztransaktionen steht alles Mögliche auf dem Prüfstand. Das freut auch Unternehmen im Bereich der Crypto-Währungen, die sich im Wahlkampf entschieden auf die Seite Donald Trumps geschlagen hatten.

Dort stehen offenkundig auch viele Führungskräfte großer Tech-Firmen, zu seinem Wahlsieg haben ihm umgehend etwa Mark Zuckerberg und Jeff Bezos gratuliert. Letzterer hatte sich bereits indirekt in den Wahlkampf eingemischt, indem er verhinderte, dass die Washington Post sich für die Wahl von Kamala Harris ausspricht. Bereits in den Wochen vor der Wahl hatten andere Tech-Bosse wie Sundar Pichai (Google) und Tim Cook (Apple) in Telefonaten mit Donald Trump für den Fall seines Wahlsieges vorgebaut.

Der reichste unter den Tech-Baronen könnte von der kommenden Trump-Regierung besonders profitieren: Elon Musk hat zunächst das soziale Netzwerk Twitter aufgekauft und zur rechten Propagandamaschine X umgebaut, später mit Beträgen in dreistelliger Millionenhöhe und gemeinsamen Auftritten direkt zu Gunsten Trumps in den Wahlkampf eingegriffen.

Nun kann sich der Tech-Milliardär berechtigte Hoffnungen machen, dafür mit einem Amt belohnt zu werden. Ausgerechnet Musk, dessen Unternehmen ohne milliardenschwere staatliche Zuschüsse kaum denkbar wären, könnte Chef eines ihm versprochenen „Department of Government Efficiency“ werden.


Die Arbeit von netzpolitik.org finanziert sich zu fast 100% aus den Spenden unserer Leser:innen.
Werde Teil dieser einzigartigen Community und unterstütze auch Du unseren gemeinwohlorientierten, werbe- und trackingfreien Journalismus jetzt mit einer Spende.

Getting new content in
:

Nur wer angemeldet ist, geniesst alle Vorteile:

  • Eigene Nachrichten-Merkliste
  • Eigener Nachrichtenstrom aus bevorzugten Quellen
  • Eigene Events in den Veranstaltungskalender stellen
M T W T F S S
 
 
 
 
1
 
2
 
3
 
4
 
5
 
6
 
7
 
8
 
9
 
10
 
11
 
12
 
13
 
14
 
15
 
16
 
17
 
18
 
19
 
20
 
21
 
22
 
23
 
24
 
25
 
26
 
27
 
28
 
29
 
30