Statt Vorratsdatenspeicherung: Wir veröffentlichen den Gesetzentwurf für Quick-Freeze

Ermittlungsbehörden sollen Verkehrsdaten einfacher speichern und auswerten können. Das steht im Gesetzentwurf zum Quick-Freeze-Verfahren, den wir veröffentlichen. Das Justizministerium will damit einen Punkt aus dem Koalitionsvertrag umsetzen – falls das Innenministerium seine Blockade aufgibt.

Marco Buschmann und Nancy Faeser schütteln Hände
Einigen sie sich? Justizminister Marco Buschmann und Innenminister Nancy Faeser. – Alle Rechte vorbehalten IMAGO / Jürgen Heinrich

Das Justizministerium hat gestern den Gesetzentwurf zum Quick-Freeze-Verfahren in die Ressortabstimmung gegeben.

Wir veröffentlichen den Referentenentwurf in voller Länge: Entwurf eines Gesetzes zur Einführung einer Sicherungsanordnung für Verkehrsdaten in der Strafprozessordnung.

Weder notwendig noch verhältnismäßig

Seit über 20 Jahren streiten Politik und Juristen über die Speicherung von Kommunikations-Verkehrsdaten wie IP-Adressen und Standortdaten. Oberste Gerichte haben Gesetze zur anlasslosen Vorratsdatenspeicherung immer wieder als rechtswidrig bewertet und gekippt.

In Deutschland gab es nur etwas mehr als zwei Jahre lang eine anlasslose Vorratsdatenspeicherung, vom Gesetz Ende 2007 bis zum Bundesverfassungsgericht-Urteil im März 2010. Seit 14 Jahren gibt es keine Vorratsdatenspeicherung mehr.

Das Max-Planck-Institut für Strafrecht hat festgestellt, dass es trotzdem keine Schutzlücken in der Strafverfolgung gibt.

Daten schnell einfrieren und auftauen

Mit „Quick-Freeze“ will die Ampel jetzt ein neues Verfahren zur Speicherung von Verkehrsdaten einführen. Haben Ermittlungsbehörden einen Verdacht, dass jemand im Zusammenhang mit Straftaten stehen könnte, können sie Telekommunikationsanbieter dazu verpflichten, Verkehrsdaten zu speichern.

In einer ersten Stufe können Ermittlungsbehörden Verkehrsdaten schnell und einfach „einfrieren“ lassen, mit einer sogenannten Sicherungsanordnung. In einer zweiten Stufe können Ermittlungsbehörden die Daten mit konkretem Verdacht „auftauen“ und auswerten. Für beide Stufen ist ein Richtervorbehalt notwendig.

Laut Justizministerium ermöglicht das Quick-Freeze-Verfahren, „Daten schon zu einem frühen Zeitpunkt der Ermittlungen unter deutlich geringeren Voraussetzungen und in einem deutlich größeren Umfang zu sichern, als es bisher möglich ist“.

Innenministerin und SPD blockieren

Das Gesetz kommt relativ spät in der laufenden Legislaturperiode. Bereits im Koalitionsvertrag hatte die Ampel vereinbart, Verkehrsdaten nur „anlassbezogen und durch richterlichen Beschluss“ zu speichern.

Vor zwei Jahren präsentierte Justizminister Marco Buschmann eine erste Version des Gesetzes. Doch Innenministerin Nancy Faeser blockierte das Gesetz und bestand trotz Koalitionsvertrag auf massenhafter und anlassloser Vorratsdatenspeicherung.

Vor einem halben Jahr hat sich die Bundesregierung erneut auf „Quick Freeze statt anlassloser Vorratsdatenspeicherung“ geeinigt. Doch erneut stellten sich das Innenministerium und relevante Teile der SPD quer.

Quick-Freeze und Mietpreisbremse

Justizminister Buschmann will Quick-Freeze, die SPD und Kanzler Scholz wollen eine Verlängerung der Mietpreisbremse. Zuletzt waren beide Vorhaben miteinander verknüpft. Jetzt hat das Justizministerium sowohl den überarbeiteten Entwurf zu Quick-Freeze als auch den Entwurf zur Mietpreisbremse in die Ressortabstimmung gegeben.

Damit beginnt das Gesetzgebungsverfahren. Wenn Innenministerin Faeser nicht erneut blockiert, geht der Gesetzentwurf nächste Woche an Länder und Verbände. Danach kann das Kabinett den Entwurf beschließen und an Bundestag und Bundesrat leiten.

Wahrscheinlich wird bei jedem Schritt wieder jemand fordern, Daten massenhaft und anlasslos zu speichern. Aber vielleicht schafft es die Ampel ja noch, den Koalitionsvertrag einzuhalten und das Quick-Freeze-Gesetz zu beschließen.


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