Jahrelang hatte sich der Werbekonzern Meta erbittert gegen eine Entscheidung des Bundeskartellamts gewehrt. Die Behörde hatte dem Unternehmen Missbrauch von Marktmacht vorgeworfen und die unzulässige Zusammenführung von Daten untersagt. Heute hat das Verfahren sein Ende gefunden, während das nächste in den Startlöchern steht.
Es waren strategische Entscheidungen, die weite Teile des Internets bis heute prägen. Vor über zehn Jahren kaufte das soziale Netzwerk Facebook erst den Foto-Dienst Instagram, später den Messenger WhatsApp. Damit konnte der inzwischen zu Meta umgetaufte Werbekonzern aufstrebende Konkurrenz ins eigene Haus holen, von rasant wachsenden Nutzer:innenzahlen profitieren – und alsbald ihre Daten zusammenführen.
Je umfangreicher und präziser, umso mehr kann Meta die Datenberge ausbeuten. Zielgerichtet ausgespielte, personalisierte Werbung ist schließlich das Kerngeschäft des US-Anbieters. Fast 40 Milliarden US-Dollar konnte das Unternehmen allein im vergangenen Jahresquartal damit umsetzen, zuletzt ist der Preis pro Werbeanzeige um 10 Prozent angestiegen. Ein florierendes Geschäft.
Dass das Unternehmen seine marktbeherrschende Stellung missbraucht, steht schon lange als wohlbegründeter Verdacht im Raum. Bereits im Jahr 2017 ist das Bundeskartellamt vorläufig zu diesem Schluss gekommen. Dabei geht es nicht nur um die erzwungene Zusammenführung von Daten aus den unterschiedlichen Meta-Diensten, sondern auch um Daten, die massenhaft und ganz ohne Facebook-Account an den Anbieter abfließen, etwa über den „Gefällt Mir-Button“ auf Millionen von Websites. All dies war unzulässig, entschied die Regulierungsbehörde Anfang 2019.
Einigung nach jahrelangen Gerichtsverfahren
Doch erst heute konnte das Bundeskartellamt dieses Verfahren abschließen. Dagegen hatte sich Meta mit Händen und Füßen gewehrt und zog bis vor den Europäischen Gerichtshof (EuGH) – letztlich vergeblich. Das Unternehmen hat seine Beschwerde vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf zurückgenommen, die Entscheidung ist damit bestandskräftig.
Ergebnis ist nun „ein Gesamtpaket von Maßnahmen, das den Nutzenden des sozialen Netzwerkes Facebook deutlich verbesserte Wahlmöglichkeiten hinsichtlich der Verknüpfung ihrer Daten einräumt“, heißt es in einer Pressemitteilung der Behörde. Die Zusammenführung selbst ist also nicht rechtswidrig. Nutzer:innen müssen ihr allerdings gesondert zustimmen, und die Einwilligung darf nicht zur Voraussetzung für die Nutzung von Facebook gemacht werden.
Nach einem „intensiven Diskussionsprozess“ zwischen Meta und dem Bundeskartellamt habe das Unternehmen schrittweise eine Reihe an Maßnahmen umgesetzt beziehungsweise dies für die nächsten Wochen zugesagt. Dazu zählt eine Kontenübersicht, mit der Nutzer:innen selbst entscheiden können, welche Meta-Dienste, etwa Facebook und Instagram, sie miteinander verknüpfen und damit einen Datenaustausch auch zu Werbezwecken erlauben wollen. „Eine getrennte Nutzung der Dienste bleibt ohne wesentliche Qualitätseinbußen möglich“, so das Bundeskartellamt.
Auch neu eingeführte Cookie-Einstellungen sollen die Trennung von Facebook- und Instagram-Daten sowie anderen Daten erleichtern. Zudem erhält das Facebook-Login eine Sonderstellung. Wer sich darüber auf Websites oder Apps anderer Anbieter anmelden möchte, muss nicht mehr länger sämtliche Datenzusammenführungen mit Daten von Drittanbietern erlauben. Darüber hinaus gibt es mehr Informationen, Benachrichtigungen und Wegweiser für Facebook-Nutzer:innen, damit sie die entsprechenden Einstellungen leichter – oder überhaupt – finden.
Wegweisende Entscheidung
„Die Facebook-Entscheidung aus dem Jahr 2019 kann bis heute als bahnbrechend gelten“, sagt Andreas Mundt, Präsident des Bundeskartellamtes über das frustrierend lange Verfahren. Auf Grundlage der seinerzeitigen Entscheidung habe Meta ganz wesentliche Anpassungen beim Umgang mit Nutzer:innendaten vorgenommen. „Zentral ist dabei, dass die Nutzung von Facebook nicht mehr voraussetzt, dass man in eine grenzenlose Sammlung und Zuordnung von Daten zum eigenen Nutzerkonto einwilligt, auch wenn die Daten gar nicht im Facebook-Dienst anfallen“, sagt Mundt.
Außerdem habe die Entscheidung des Bundeskartellamtes zu einer wichtigen Leitentscheidung des EuGH geführt und auf der nationalen wie europäischen Ebene Gesetzgebungsinitiativen inspiriert. „Dies bedeutet auch, dass wir im Hinblick auf die Rechtsklarheit und die Eingriffsinstrumente in diesem Bereich heute einen ganz anderen Stand haben als noch vor fünf Jahren“, sagt Mundt.
Tatsächlich wurde in Deutschland in den vergangenen Jahren mehrfach das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB-Novellen) überarbeitet. Das gibt dem Bundeskartellamt zusätzliche Instrumente in die Hand, um den Missbrauch von Marktmacht einzuhegen, notfalls bis hin zur Entflechtung marktdominanter Unternehmen. Auch die EU-Kommission kann auf Grundlage des Digital Markets Act (DMA) sogenannte „Gatekeeper“ stärker regulieren.
Meta noch nicht aus dem Schneider
Obwohl das Verfahren in Deutschland nun abgeschlossen ist, bedeute dies indes nicht, „dass alle kartellrechtlichen Bedenken restlos ausgeräumt worden wären“, betont das Bundeskartellamt. Unter anderem hat es dabei die derzeit laufende Untersuchung der EU-Kommission zum sogenannten „Zustimmen oder Zahlen“-Modell von Meta im Blick.
Hierbei will der Online-Dienst entweder eine Zustimmung der Nutzer:innen zur Verarbeitung ihrer Daten für Werbezwecke – oder eine Gebühr von monatlich 10 Euro, um keine personalisierte Werbung mehr auszuspielen. Aus Sicht der EU-Kommission, aber auch Verbraucher– und Datenschutzorganisationen stellt dies jedoch keine echte Wahl dar und könnte gegen EU-Gesetze verstoßen. Laut EU-Kommission soll die Untersuchung im Frühjahr abgeschlossen sein. Gut möglich, dass der Kampf erst danach beginnt.
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