Am Montag kamen bei israelischen Luftangriffen auf den Libanon mehr als 490 Menschen ums Leben. Die Angriffe forderten somit seit dem Krieg zwischen Israel und der Hisbollah im Jahr 2006 die meisten Todesopfer.
Tausende Libanesen flohen aus dem Süden des Landes, auf der Hauptautobahn aus der südlichen Hafenstadt Sidon stauten sich die Autos in Richtung Beirut. Mehr als 1.000 weitere Menschen wurden bei den Angriffen im Land, das noch von den tödlichen Angriffen durch Pager-Explosionen in der vergangenen Woche erschüttert ist, verwundet.
Die Zahl der Opfer übertrifft damit auch die der verheerenden Hafenexplosion in Beirut im Jahr 2020, als Hunderte Tonnen Ammoniumnitrat, die in einem Lagerhaus deponiert waren, explodierten und mindestens 218 Menschen töteten sowie mehr als 6.000 Menschen verletzten.
Der libanesische Gesundheitsminister Firass Abiad sagte auf einer Pressekonferenz in Beirut, die Angriffe hätten Krankenhäuser, medizinische Zentren und Ambulanzen getroffen. Die Regierung ordnete die Schließung von Schulen und Universitäten im größten Teil des Landes an und begann mit der Vorbereitung von Unterkünften für die aus dem Süden des Landes vertriebenen Menschen.
Das israelische Militär gab an, rund 800 Ziele getroffen zu haben, und behauptete, Waffenanlagen der Hisbollah im Visier gehabt zu haben. Einige Angriffe zielten jedoch nachweislich auf Wohngebiete in Städten im Süden und im östlichen Bekaa-Tal.
Israels Militär erklärte zudem, es weite die Luftangriffe auf Gebiete im Tal entlang der Ostgrenze des Libanon zu Syrien aus. Die Hisbollah soll seit Langem in dem Tal, in dem die Gruppe 1982 mithilfe der iranischen Revolutionsgarden gegründet wurde, präsent sein.
Der israelische Militärsprecher Daniel Hagari wiederholte die Warnungen an die Bewohner, jene Gebiete, in denen die Hisbollah Waffen lagert, unverzüglich zu evakuieren. Dies betreffe auch das Tal. Die Möglichkeit, dass einige Bewohner in oder in der Nähe von Zielobjekten leben könnten, ohne zu wissen, dass sie gefährdet sind, scheint für das israelische Militär jedoch keine Rolle zu spielen.
Unterdessen teilte die Hisbollah in einer Erklärung mit, sie habe Dutzende Raketen auf Israel abgefeuert, darunter auch auf Militärstützpunkte. Auch Einrichtungen des Rüstungsunternehmens Rafael mit Hauptsitz in Haifa wurden angegriffen.
Während Israel die Angriffe ausführte, ertönte den israelischen Behörden zufolge eine Reihe von Luftschutzsirenen im Norden des Landes, die vor dem Beschuss mit Raketen aus dem Libanon warnten.
Die Evakuierungswarnungen waren die ersten ihrer Art in dem seit fast einem Jahr fortlaufend eskalierenden Konflikt und erfolgten nach einem besonders heftigen Feuergefecht am Sonntag. Die Hisbollah hatte als Vergeltung für die Angriffe, bei denen ein hochrangiger Kommandeur und Dutzende Kämpfer getötet wurden, rund 150 Raketen, Flugkörper und Drohnen auf den Norden Israels abgefeuert.
Die zunehmenden Angriffe und Gegenangriffe haben die Angst vor einem "totalen regionalen Krieg" geschürt. Israel kämpft noch immer im Gazastreifen und erklärte, man wolle die Geiseln, die bei dem Hamas-Angriff vom 7. Oktober entführt wurden, zurückbringen. Die Hisbollah hat geschworen, ihre Angriffe in Solidarität mit den Palästinensern und der Hamas fortzusetzen. Israel verkündete zudem, die Ruhe an der Nordgrenze des Landes wiederherstellen zu wollen.
Reporter der Nachrichtenagentur AP im Südlibanon berichteten von schweren Luftangriffen am Montagmorgen auf zahlreiche Gebiete, von denen auch einige weit von der Grenze entfernt liegen. Das libanesische Gesundheitsministerium bezifferte die Zahl der Toten zunächst auf 274. Später am Abend wurden mehr als 492 Todesopfer gemeldet, darunter 35 Kinder und 58 Frauen. Es bat die Krankenhäuser im Südlibanon und im östlichen Bekaa-Tal, Operationen zu verschieben, die später durchgeführt werden könnten. In einer Erklärung des Ministeriums hieß es, die Krankenhäuser sollten sich auf die Behandlung von Menschen vorbereiten, die durch "Israels zunehmende Aggression gegen den Libanon" verwundet wurden.
Ein Vertreter des israelischen Militärs sagte, Israel konzentriere sich auf Luftoperationen und habe keine unmittelbaren Pläne für eine Bodenoperation. Der Beamte, der aus Gründen der Anonymität nicht genannt werden möchte, erläuterte, die Angriffe zielten darauf ab, die Fähigkeit der Hisbollah einzuschränken, weitere Angriffe auf Israel durchzuführen.
Unterdessen berichten auch libanesische Medien, dass Anwohner Textnachrichten erhalten hätten, in denen sie aufgefordert wurden, sich bis auf Weiteres von allen Gebäuden zu entfernen, in denen die Hisbollah Waffen lagert.
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