Der Sächsische Landtag beschloss am Freitag in einer Sondersitzung die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zur Aufarbeitung der COVID-19-Pandemie. Damit wurde dem diesbezüglichen Antrag der AfD-Fraktion in Sachsen zugestimmt. Auch Abgeordnete des Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) stimmten dafür.
Aufgrund ihrer Fraktionsgröße mit 40 Landtagsmandaten hätte die Alternative für Deutschland den Antrag allerdings auch ausschließlich mit eigenen Stimmen durchbringen können. Sie benötigte dafür laut Geschäftsordnung ein Fünftel aller insgesamt 120 Abgeordneten des Landtags – also Minimum 24 Stimmen. Dagegen wurde der diesbezügliche Antrag des BSW von den sächsischen Parlamentariern abgelehnt. Im dortigen Landtag sitzen neben den 40 Abgeordneten der AfD 15 BSW-Abgeordnete. Die Einsetzung des Ausschusses galt bereits vor der Abstimmung als sicher, berichtete die Sächsische Zeitung am Freitag.
Der Antrag der sächsischen AfD wurde am 1. Oktober als Dringlichkeitsantrag gestellt – das Thema lautete: "Einsetzung eines Untersuchungsausschusses gemäß Artikel 54 Absatz 1 der Verfassung des Freistaates Sachsen zum Gegenstand: 'Untersuchung der Maßnahmen der Landesregierung zur Eindämmung und Bewältigung der Infektionskrankheit COVID-19 im Hinblick auf sachgerechtes Handeln und möglicher Versäumnisse für den Zeitraum 12/2019 – 09/2024'".
Zur Begründung heißt es im Antragstext: Der Untersuchungsausschuss solle umfassend untersuchen und aufklären, ob die COVID-19-bezogenen Maßnahmen der
Landesregierung und ihrer nachgeordneten Behörden, eine ausreichende gesetzliche Basis hatten und ob sie mit dem Verhältnismäßigkeitsprinzip und dem Rechtsstaatsprinzip und sonstigen verfassungsrechtlichen Prinzipien vereinbar waren.
Ziel: Bessere Vorbereitung auf künftige Pandemien
Ziel sei eine bessere Vorbereitung auf künftige Pandemien – sowohl in medizinischer als auch gesellschaftlicher Sicht und bezüglich der Feststellung, so der Antrag. Dabei solle untersucht werden, ob im Umgang mit COVID-19 vermeidbare Fehler gemacht worden seien. Insgesamt solle der Ausschuss zur Befriedung der Gesellschaft dienen: "Dadurch soll der Untersuchungsausschuss zur Aufarbeitung der politischen Verantwortlichkeiten und zur Befriedung der Gesellschaft beitragen, sowie einen wesentlichen Beitrag dazu leisten, dass derartige Fehler beim Umgang mit künftigen Ausbrüchen von neuartigen Infektionskrankheiten vermieden werden können."
Bereits im Vorfeld hatte die BSW-Landesvorsitzende Sabine Zimmermann erklärt, dass das BSW dem AfD-Antrag zustimmen würde: "Wir werden diesem Antrag zustimmen, weil es hier auch um den Respekt vor dem Minderheitenrecht geht." Ihr zufolge wird das BSW-Abstimmungsverhalten keine Auswirkungen auf die Sondierungsgespräche mit CDU und SPD im Sächsischen Landtag haben. Das werde von den möglichen Koalitionspartnern auch so gesehen.
Zeitnah äußerte sich der Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) in Sachsen Markus Schlimbach zur sächsischen Entscheidung. Nach seiner Aussage ist die Abstimmung ein "Tiefpunkt für Sachsen", weil dabei von der Mehrheit der BSW-Abgeordneten der demokratische Grundkonsens "aus ideologischen Gründen ohne Not" aufgekündigt worden sei. Deshalb stelle sich nun umso mehr die Frage, so Schlimbach, "ob mit dem BSW eine verlässliche und stabile Regierungsbildung in Sachsen möglich ist". Die Sächsische Zeitung gab die Aussage des DGB-Vorsitzenden wie folgt wieder:
"Für eine gute Zukunft sei eine klare Abgrenzung gegenüber Rechtsextremisten notwendig".
Auch der Linken-Abgeordnete Rico Gebhardt kritisierte das Abstimmungsverhalten des BSW. Ihm zufolge war die Wagenknecht-Partei "ursprünglich angetreten, um die AfD zu schwächen". Nun hätten die meisten der sächsischen BSW-Abgeordneten "ohne Not" für einen AfD-Antrag gestimmt. Gebhardt bewertet den Antrag als rechtswidrig. Es sei ein Antrag, "der vor allem einseitig, teils rechtswidrig und von Corona-Verharmlosung durchzogen ist".
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