Was hat diese Pyramide Ägyptens verbrannt und zum Schmelzen gebracht? (Video)

Die Lahun-Pyramide sieht gar nicht aus wie eine typische Pyramide. Eher wie ein Klumpen Lehm. In Wahrheit aber ist das, was da so spektakulär aus der ägyptischen Erde ragt ein Grabmal.

Die Pyramide von „El Lahun“ stammt aus dem Mittleren Reich und wurde von Sesostris II. im 19. Jahrhundert v. Chr. errichtet. Bleibt nur noch die Frage, wer diesen Ort so schrecklich zugerichtet hat. Von Frank Schwede

Die Pyramide von „El Lahun“ ist im eigentlichen Sinne gar keine Pyramide. Zumindest hat sie nicht das Aussehen einer Pyramide. Vielmehr ähnelt sie einem in die Landschaft gesetzten Klumpen Lehm.

Was ist hier passiert? Hat ein Komet oder eine Atom- oder Plasmawaffe das einst mächtige Bauwerk verbrannt und geschmolzen?  Andere vermuten einen riesigen Baumstamm, der mit Sand bedeckt wurde, um daraus eine Verschwörung zu machen.

Das Internet ist voll mit solchen abenteuerlichen Theorien und Geschichten, die als Grund für das merkwürdige Aussehen der Pyramide genannt werden. Doch keine dieser Geschichten entspricht auch nur annähernd der Wahrheit.

Vermutlich wurden sogar einige Aufnahmen der Pyramide mit einem Photoshop-Programm nachbearbeitet, um sie geschmolzen und verbrannt aussehen zu lassen. Tatsache ist, dass sie weder verbrannt noch geschmolzen ist.

Eine typische Internettheorie, anhand von Fotos und nicht anhand von Untersuchungen aufgestellt.

Beispielsweise wie die geschmolzene Steintreppe im Tempel von Dendera, 55 Kilometer nördlich von Luxor in Oberägypten. Die Tempelanlage ist eine der wichtigsten Tempelstätten Ägyptens und war der Göttin Hathor gewidmet. (Wer löschte die antiken Zivilisationen aus und zerstörte historische Städte wie Sodom und Gomorrha? (Video))

 

In den Sozialen Medien wird von den Internet-Theoretikern der Old World behauptet, die Treppe sei geschmolzen:

„Die Treppe zum Hathor-Tempel ist für die Archäologie ein absolutes Rätsel. Die aus reinem Granit gebauten Steinstufen scheinen geschmolzen zu sein. Es ist schwer vorstellbar, was solche massiven Steinstufen zum Schmelzen gebracht haben könnte.

Die Temperaturen, die zum Schmelzen von massivem Gestein wie diesem nötig wären, müssen enorm hoch gewesen sein. Es wird gesagt, dass ein Teil von Dendera auf einer noch älteren Stätte errichtet wurde, und obwohl nie ein schlüssiger Beweis gefunden wurde, gab es Spekulationen über einen Atomkrieg im alten Ägypten.“

Der Forscher Brien Foerster, der mehrfach direkt vor Ort war, schreibt trocken auf seiner Facebook-Seite: „Nicht geschmolzen, sondern Sandstein.“

Wenn man sich nämlich die Aufnahmen genauer ansieht und heran zoomt, kann man genau erkennen, dass es keinerlei Schmelz- und Brandspuren gibt. Es sind lediglich verfallende und erodierte Lehmziegel. (Die Vorstellung, dass Ägypter die Pyramiden nicht ohne Hilfe von Außerirdischen gebaut haben können, gewinnt an wissenschaftlicher Zustimmung)

Die Wahrheit hinter dem merkwürdigen Aussehen ist ganz einfach, wenn auch nicht ganz spektakulär. Die untypische Form kommt daher, dass die Pyramide einmal mit Kalksteinblöcken verkleidet war.

Aber antike Grabräuber haben ihr alle Steine und Schätze geraubt, mit Ausnahme einer erstaunlichen Uräusschlange aus massivem Gold, die jetzt im Ägyptischen Museum in Kairo ausgestellt ist.

Anders als bei den Gizeh-Pyramiden diente in Lahun kein Felsquader als Basis, sondern einfacher Lehm, der irgendwann Wind und Wetter schutzlos ausgeliefert war, weshalb das Bauwerk im Laufe seiner mehr als dreitausendjährigen Geschichte seine heutige Form angenommen hat.

Lange Zeit blieb die Pyramide unentdeckt. Offenbar aufgrund ihres Aussehens. In der Neuzeit wurde sie erstmals von dem französischen Kulturpolitiker Dominique-Vivant Denon während Napoleons Ägypten Expedition zwischen den Jahren 1798 und 1801 erwähnt.

 

Kalksteine würden zu Dünger verbrannt

Erste Ausgrabungen führte zwischen 1888 und 1890 der englische Archäologe Flinders Petrie durch. Während seiner zweiten Expedition entdeckte er schließlich auch den Eingang der Pyramide und das unterirdische Kammersystem.

Petrie kehrte 1914, 1920 und im Jahr darauf noch einmal an diesen Ort zurück, um weitere Ausgrabungen im näheren Umfeld der Pyramide durchzuführen – doch bis heute hütet die Lahun-Pyramide viele Geheimnisse.

Der Kern des Bauwerks besteht aus einem vierstufigen Stumpf aus Kalkstein, der mit einem Kalksteinrahmen versehen wurde, gebildet aus quer und radial liegenden Mauern.

Die auf diese Weise entstandenen Hohlräume des Kalksteinskeletts wurden mit Lehmziegel verfüllt. Auch die Spitze der Pyramide wurde aus Lehmziegeln geformt. Schließlich bildete ein umlaufender, in den Fels geschlagener Fundamentgraben die Basis für die feine Kalksteinverkleidung des Grabmals. Zusätzlich wurde ein mit Kies gefüllter Drainage-Kanal eingebaut.

Leider fiel das Bauwerk im Laufe seiner Geschichte Steinräubern zum Opfer. Wie bei fast allen ägyptischen Pyramiden wurde auch von der Lahun-Pyramide die Kalksteinverkleidung abgetragen und zu Dünger verbrannt.

Ohne den überlebenswichtigen Schutzmantel sind die Schlammziegel sehr witterungsanfällig. Das führte schließlich zum seltsamen Aussehen des Grabmals.

Das größte Geheimnis befindet sich tief im Innern, im Kammersystem der Pyramide. Mehrere Monate verbrachte Flinders Petrie erfolglos damit, den Eingang zu dieser Örtlichkeit  zu finden, der sich üblicherweise in nördlicher Richtung hätte befinden sollen.

Sesostris II. hatte aber wohl eine andere Idee. Er ließ den Eingang versteckt in Form eines sechzehn Meter tiefen Schachts außerhalb der Pyramide an der Südost-Ecke errichten. Warum auch immer.

Allerdings hatte der senkrechte Zugang einen kleinen Schönheitsfehler: Er für den Transport des Sarkophags und den Grabbeigaben war er viel zu eng ausgelegt, sodass es nötig war, einen weiteren Schacht anzulegen, dessen Zugang später vom Grab einer unbekannten Prinzessin maskiert wurde. Möglicherweise wurde dieser Schacht gebaut, um Pyramidenräuber zu täuschen.

Beide Schächte sind durch einen horizontalen Gang miteinander verbunden, der zu einer Halle mit Gewölbedecke führt. Im Inneren befindet sich ein Sarkophag in einem ungewöhnlichen Design. Flinders Petri sagte:

„Dies ist einer der größten Triumphe präziser Arbeit in einem solchen Material, der jemals gemacht wurde.“

 

Wurde das Grab nie benutzt?

Wenn man sich die Messungen von Flinders Petri und die absolut minimalen Fehlermargen ansieht, dann ist die Genauigkeit der Arbeit wirklich bemerkenswert. Das Merkwürdige ist jedoch, dass es keinen Deckel zu dem Sarg gibt und auch keine Befestigungen dafür vorhanden sind.

Ebenso gibt es keine Hinweise auf Werkzeuge, die Grabräuber hinterlassen haben könnten. Möglich, dass in dem Sarkophag nie jemand bestattet wurde, dass die Grabkammer nur symbolischen Charakter hat.

Von der Halle aus führt ein ansteigender Korridor über eine weitere Kammer in den südöstlichen Bereich zu einer Vorkammer, die rechtwinkelig abzweigend zur eigentlichen Grabkammer führt.

Am Westende befindet sich schließlich der Sarg des Königs, der aus Rosengranit gefertigt wurde. Die Grabkammer ist mit Granit ausgekleidet, die Decke wurde aus  Kalkstein gefertigt.

Der Sarkophag ist ein wahres Kunstwerk. Er ist  mit dem ersten vergleichbar, obwohl dieser noch viel mehr zu bieten hat. Er ist reich verziert und komplett mit einem Deckel versehen.

Experten gehen davon aus, dass dieses Grab nie benutzt wurde. Es war in jedem Fall für den Gebrauch vorgesehen, aber es liegen keinerlei Beweise vor, dass dort jemals eine Beisetzung stattgefunden hat.

In einem Nebenraum fand Petrie im Schutt Teile der Grabausstattung. Unter anderem eine Uräusschlange aus Gold, ein Symbol der altägyptischen Ikonografie, die das Stirnband des Herrschers schmückte.

Grabräuber haben das Schmuckstück offenbar auf ihrem Raubzug verloren, ohne es bemerkt zu haben. Auf der Südseite beschloss Sesostris II. eine Ruhestätte für seine Familie zu errichten.

Die Anordnung der Korridore und Räume innerhalb der Pyramide ist einzigartig und könnte Glaubensvorstellungen über Osiris und das Leben nach dem Tod widerspiegeln.

Bei den Ausgrabungen an der Südseite der Pyramide durch ägyptische Archäologen aus Fayoum wurde ein weiteres Grab aus dem Mittleren Reich freigelegt, das in verschiedenen Epochen offenbar sogar mehrfach genutzt wurde.

Das Ausgrabungsteam ist bei seiner Arbeit auf verschiedene Artefakte aus verschiedenen Epochen gestoßen, unter anderem auf mehrere Kartonmasken, Särge und einer Vielzahl von Amuletten.

Die Lahun-Pyramide gilt als die erste der riesigen Lehmziegelpyramiden. Sie hatte ursprünglich eine Länge von 106 Metern, eine Neigung von 42 x 35 und eine Höhe von 48,6 Meter und befindet sich in der Nähe des kleinen Dorfes El-Lahun – daher auch der Name.

Die Vermutung, dass die Pyramide einmal einem Brand oder irgendeinem außergewöhnlichen Naturereignis zum Opfer gefallen sein könnte, ist eine reine Verschwörungstheorie, die sich im Internet gut verkaufen lässt und für eine Menge Klicks sorgt.

Sie wird in der Regel gerne von Leuten verbreitet, die sich nicht die Mühe machen, genauer zu recherchieren. Hinzu kommt die Tatsache, dass meistens bevorzugt nach spannenden, ungelösten Geschichten statt nach der Wahrheit gesucht wird.

Das heißt, viele haben nur ein geringes Interesse an der wahren Geschichte und Archäologie. Viele Leser und Zuschauer wünschen sich sogar, dass diese geheimnisvollen Geschichten der Realität entsprechen, doch das tun sie, wenn überhaupt, nur in den seltensten Fällen. Die Realität sieht in der Regel anders aus, vor allem ist sie eins: oft sehr langweilig.

 

Tatsache ist, dass die Lahun-Pyramide, wie auch die Gizeh-Pyramiden, noch immer von vielen Geheimnissen umgeben ist. Bis heute liegen keine Beweise vor, dass es auf dem Gipfel der schwarzen Pyramide einmal brannte, dass Atombomben oder  Plasmawaffen das einst prächtige Bauwerk als Klumpen zurückließen.

Auch wenn Internettheoretiker hier nicht auf ihre Kosten kommen, weil ihre Theorie nicht mit der Realität übereinstimmt, ist die Pyramide von Sesostris II. bis heute ein unglaubliches Bauwerk und verdient unsere ganze Aufmerksamkeit.

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Video:

Quellen: PublicDomain/Frank Schwede für PRAVDA TV am 25.11.2024

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