Valdai Forum | Teil II: Präsident Putin antwortet auf brennende Fragen der Zeit

Unser Mitteleuropa veröffentlichte bereits das Transkript der denkwürdigen Rede von Wladimir Putin, gehalten am Valdai Forum in Moskau am 27.10.2022: Hier
 
Nach der Rede des russischen Präsidenten erhielten Teilnehmer des Forums Gelegenheit hochkarätige Fragen zur gegenwärtigen Krise des Weltgeschehens und zu den globalen Zukunftsaussichten an den russischen Präsidenten persönlich zu richten. Putin zählt zu den herausragenden Staatsmännern unserer Zeit, der es versteht, selbst auf schwierigste Fragen von Politexperten präzise Antworten auf den Punkt, ganz aus dem Stehgreif, zu geben.
 

Putins Auftritt erstreckte sich über mehr als drei Stunden. Dies bot dem Präsidenten die Gelegenheit auf viele brennende Fragen unserer Zeit ausführlich einzugehen. Doch nicht nur das: Wladimir Putin nutzte die Gelegenheit dem Präsidenten Frankreichs über diplomatische Gepflogenheiten, wie sie unter hohen staatlichen Vertretern normalerweise üblich sind, öffentlich aufzuklären. An einem weiteren Fauxpas zeigt Putin auf, dass sein französischer Gegenüber sich zuvor schon bei anderer Gelegenheit als politisch handlungsunfähig erwiesen hatte.

Dass es zu solchen Verfallserscheinungen kommen konnte, zeigt klar und deutlich, wie weit das politische Niveau westeuropäischer Staatführungen mittlerweile gesunken ist. Die unerträglichen Novizen im deutschen Bundeskanzleramt stellen keinen Einzelfall mehr dar. Vielmehr scheint sich besagter Abwärtstrend der diplomatischen Handlungsfähigkeit von Staatskanzleien verschiedener EU Mitgliedsstaaten rasant und flächendeckend auszuweiten.

Noch klar denkende Bürger Europas werden sich besorgt existentielle Fragen stellen, wie:

- Wieviel tiefer können Staatsführungen des EU-Raumes noch sinken?

- Lässt sich der Niedergang der sogenannten westlichen „Wertegemeinschaft noch aufhalten?

Unser Mitteleuropa veröffentlicht in diesem Teil II zur Veranstaltung des Valdai Forums in Moskau das Transkript zur Fragerunde mit dem russischen Präsidenten in deutscher Übersetzung. Es liefert Antworten zu Themen, die westliche Medien gerne verschweigen:

Wladimir Putin zu Fragen der Globalpolitik & Zeitenwende im Wortlaut:


Fjodor Lukyanov: Vielen Dank, Herr Präsident, für Ihre so umfassende Rede (siehe Teil I)

Ich kann das Fazit nur spontan ziehen, als Sie die revolutionäre Situation erwähnten und von denen, die an der Spitze und unten stehen, sprachen: Die etwas älteren unter uns haben das alles in der Schule gelernt. Welcher Gruppe fühlen Sie sich mehr verbunden? Mit der oben oder der unten (in der Gesellschaft)?

Wladimir Putin: Mit denen unten – ich komme natürlich von unten.

Wie Sie wissen – ich habe es oft gesagt, dass ich aus einer Arbeiterfamilie komme. Mein Vater war Meister, er absolvierte eine Berufsschule. Meine Mutter erhielt keine Ausbildung, nicht einmal eine weiterführende, sie war nur eine Arbeiterin und hatte viele Jobs; Sie arbeitete als Krankenschwester in einem Krankenhaus, als Hausmeisterin und Nachtwächterin. Sie wollte mich nicht im Kindergarten oder in der Krippe lassen.

Daher bin ich natürlich sehr sensibel – Gott sei Dank war das bisher so und wird hoffentlich so bleiben – für den Puls all dessen, was ein gewöhnlicher Mensch durchmacht.

Fjodor Lukyanov: Sie gehören also auf globaler Ebene zu denen, die „nicht mitmachen“?

Wladimir Putin: Dort gehört es natürlich zu meinen Aufgaben, zu beobachten, was auf globaler Ebene geschieht. Ich stehe für das, was ich gerade gesagt habe: Für demokratische Beziehungen im Hinblick auf die Interessen aller Teilnehmer in internationalen Beziehungen – nicht nur die Interessen der sogenannten goldenen Milliarde.

Fjodor Lukyanov: Ich verstehe.

Das letzte Mal hatten wir uns vor genau einem Jahr getroffen. Das internationale Umfeld war bereits angespannt, aber wenn wir den vergangenen Oktober mit dem heutigen vergleichen, scheint es eine idyllische Zeit gewesen zu sein. Vieles hat sich im vergangenen Jahr drastisch verändert, die Welt wurde buchstäblich auf den Kopf gestellt, wie manche es nennen. Wie hat sich in diesem Jahr gemäss Ihrer persönlichen Wahrnehmung die Welt und das Land verändert?

Wladimir Putin: Was passiert ist und was jetzt passiert, sagen wir in Bezug auf die Ukraine, das sind keine Veränderungen, die gerade jetzt passieren oder die nach dem Start der speziellen Militäroperation Russlands eingesetzt hätten. Nein, all diese Veränderungen sind seit vielen Jahren geschehen; manche achten darauf, andere nicht – aber es sind tektonische Verschiebungen in Bezug auf die gesamte Weltordnung.

Wissen Sie, diese tektonischen Platten liegen da irgendwo unten auf der Erdkruste und sind in ständiger Bewegung. Experten sagen, dass sie sich bewegten bzw. immer in Bewegung stünden, doch alles schien ruhig zu sein, aber es gab immer noch Veränderungen. Und dann kollidierten sie. Energie sammelt sich an und wenn sich die Platten verschieben, verursacht dies ein Erdbeben. Die Akkumulation dieser Energie und ihr Ausbruch haben zu diesen aktuellen Ereignissen geführt.

Aber es passierte schon etwas zuvor. Was ist die Essenz dieser Ereignisse? Neue Machtzentren entstehen. Ich sage das ständig, und nicht nur ich – es geht nicht um mich – sie geschehen aufgrund objektiver Umstände. Einige der früheren Machtzentren verblassen. Ich möchte jetzt nicht darüber sprechen, warum es passierte, aber es ist ein natürlicher Prozess des Wachsens, Vergehens und Wandels. Neue Machtzentren entstehen, vor allem natürlich in Asien. Auch Afrika übernimmt die Führung. Ja, Afrika ist immer noch ein sehr armer Kontinent, aber sehen Sie sich sein kolossales Potenzial an. Lateinamerika auch – all diese Länder werden sich definitiv weiterentwickeln, und diese tektonischen Veränderungen werden weiterhin ablaufen.

Wir haben diese aktuelle Situation nicht herbeigeführt, sondern der Westen … Wenn Sie weitere Fragen haben, kann ich auf die Entwicklungen in der Ukraine noch eingehen. Haben wir den Putsch durchgeführt, der zu einer Reihe tragischer Ereignisse führte, einschließlich unserer speziellen Militäroperation? Nein, haben wir nicht!

Aber was wirklich zählt, ist, dass tektonische Verschiebungen jetzt stattfinden und weiterhin stattfinden werden. Unsere Handlungen haben damit nichts zu tun. Tatsächlich verstärken und beschleunigen sich die laufenden Prozesse, die an Fahrt aufnehmen und sich nun schneller als zuvor entfalten. Aber im Allgemeinen waren sie unvermeidlich und hätten unabhängig von Russlands Vorgehen gegenüber der Ukraine auch stattgefunden.

Fjodor Lukyanov: Apropos Staat, haben Sie im vergangenen Jahr etwas Neues über diesen gelernt?

Wladimir Putin: Wissen Sie, was den Staat betrifft… Natürlich sind uns Kosten entstanden, vor allem Verluste im Zusammenhang mit der militärischen Sonderoperation, an die ich immer wieder denke, und es gibt auch wirtschaftliche Verluste. Aber es gibt enorme Zugewinne, und was jetzt passiert, wird ohne Zweifel am Ende – das möchte ich betonen – für Russland und seine Zukunft von Vorteil sein.

Worum geht es bei diesen Zugewinnen? Es geht um die Stärkung unserer Souveränität in allen Bereichen, vor allem im wirtschaftlichen Bereich. Vor nicht allzu langer Zeit hatten wir selbst die Sorge, in eine Art Halbkolonie zu verfallen und ohne unsere westlichen Partner nichts anfangen zu können. Wir könnten keine Finanztransaktionen durchführen, wir hätten keinen Zugang zu Technologie und Märkten oder Mittel zum Erwerb der neuesten Technologien gehabt. Nichts. Alles, was sie zu tun hätten, wäre mit den Fingern zu schnippen, damit wir auseinanderfielen. Aber nein, nichts ist auseinandergefallen, und die Basis der russischen Wirtschaft und der Russischen Föderation hat sich als viel stärker erwiesen, als irgendjemand gedacht hätte, inklusive wir selbst.

Dies ist ein Akt der Läuterung und des Verständnisses unserer Fähigkeiten: Die Fähigkeit, sich angesichts der Umstände schnell neu zu orientieren. Das Ziel muss nicht nur sein die Handlungen für die Importsubstitution zu beschleunigen, sondern auch jene Unternehmen zu ersetzen, die unseren Markt verlassen hatten. Es stellte sich heraus, dass unsere Unternehmen in den meisten Bereichen diejenigen ersetzten, die abzogen. Die Abziehenden flüstern uns ins Ohr: Wir gehen für kurze Zeit und sind bald wieder da. Nun, wie werden sie das erreichen? Sie verkauften Besitz im Wert mehrerer Milliarden Dollar für nur einen Dollar. Wie das? Sie verkauften es an das Management. Was bedeutet das? Das bedeutet, dass sie mit dem Management eine Vereinbarung getroffen haben, dass sie zurückkehren wollten. Was könnte es sonst sein? Verschenken sie diese Unternehmen an zwei oder drei Personen? Natürlich nicht. Wir kennen eine solche Stimmung.

Das ist also von entscheidender Bedeutung. Wir selbst haben endlich erkannt – wir sagen immer wieder, dass wir ein großartiges Land sind – wir haben jetzt erkannt, dass wir in der Tat ein großartiges Land sind und dass wir es schaffen können.

Wir sind uns der mittelfristigen Folgen aufgrund der Einschränkungen für den Zugang zu Technologien voll bewusst. Aber wir hatten sowieso keinen Zugriff zu kritischer Technologie. Die seit Jahrzehnten gültigen COCOM-Listen schienen aufgehoben, doch jetzt haben sie die Schrauben angezogen. Aber es hat sich herausgestellt, dass wir trotzdem zurechtkommen.

Eine weitere wichtige Komponente, ist spiritueller Natur, doch ist vielleicht der wichtigste Teil. Das Motto, dass wir niemanden zurücklassen, sitzt tatsächlich tief im Herzen eines jeden Russen sowie anderer ethnischen Gruppen, die russische Staatsbürger sind und führt zur Bereitschaft für unser eigenes Volk zu kämpfen. Dies festigt die Gesellschaft. Das war schon immer die große Stärke unseres Landes. Wir haben es bestätigt und bekräftigt, was das Wichtigste ist.

Fjodor Lukyanov: Hat Sie irgendein Ereignis dieses Jahres in Russland enttäuscht?

Wladimir Putin: Nein.

Fjodor Lukyanov: Wir müssen also keine Schlussfolgerungen ziehen und besonderen Änderungen vornehmen?

Wladimir Putin: Es ist immer notwendig, Schlussfolgerungen zu ziehen. Wenn Sie von einer Personalumbildung sprechen, ist das ein natürlicher Vorgang. Wir müssen immer wieder an Erneuerungen in verschiedenen Bereichen denken, neues Personal ausbilden und diejenigen fördern, die größere Aufgaben bewältigen können als jene, die sie zuvor bewältigt haben. Selbstverständlich ist das ein natürlicher Vorgang. Ich kann jedoch nicht sagen, dass mich jemand enttäuscht hätte oder entlassen werden sollte. Nein, natürlich nicht.

Fjodor Lukjanow: Ausgezeichnet.

Herr Präsident, Ihre Entscheidung, im Februar eine spezielle Militäroperation zu starten, kam für alle, einschließlich für die Mehrheit russischer Bürger als grosse Überraschung. Wir wissen, dass Sie die Logik und die Gründe zu dieser Entscheidung viele Male beschrieben haben. Allerdings werden Entscheidungen dieser Tragweite kaum ohne ein besonderes Motiv getroffen: Was war passiert, bevor Sie die Entscheidung trafen?

Wladimir Putin: Das habe ich schon oft beschrieben, und Sie werden heute kaum etwas Neues hören. Was war passiert? Ich werde nicht über die NATO-Erweiterung in die Ukraine sprechen, die für uns absolut inakzeptabel ist, wovon alle wussten, aber unsere Sicherheitsinteressen einfach missachteten. Ein weiterer Versuch, den wir Ende letzten Jahres unternahmen, schlug einmal mehr fehl. Uns wurde gesagt, wir sollten es bleiben lassen und ruhig sein und… Okay, ich werde das nicht in so vielen Worten ausdrücken, aber sie haben uns einfach ignoriert. Dies ist der erste Punkt.

Zweitens ist es wichtig, dass sich Vertreter des Kiewer Regimes, unterstützt von ihren westlichen Handlangern, weigerten, die Vereinbarungen von Minsk umzusetzen. Ihr Führer sagte, dass ihm keine einzige Bestimmung der Minsker Vereinbarungen gefalle. Das hat er öffentlich gesagt! Andere Beamte sagten offen, dass sie diese Vereinbarungen nicht umsetzen würden. Der ehemalige Präsident sagte, er habe die Vereinbarungen von Minsk unter der Prämisse unterzeichnet, dass sie niemals umgesetzt werden würden. Welche anderen Gründe brauchen Sie?

Es ist eine Sache, wenn die Medien und das Internet dazu benutzt werden, eine Idee in die Köpfe von Millionen zu pflanzen, aber wirkliche Aktionen und praktische Politik eine ganz andere Sache bleiben. Was ich Ihnen jetzt gesagt habe, ist von Millionen von Menschen unbemerkt geblieben, weil es im Informationsraum verloren ging, aber Sie und ich sind uns dessen bewusst.

All das wurde schließlich gesagt. Was bedeutete es für uns? Es bedeutete, dass wir im Donbass etwas unternehmen mussten. Die Menschen leben seit acht Jahren unter Beschuss, und die Angriffe dauern übrigens bis heute an, aber wir mussten eine Entscheidung für uns selbst treffen. Wie könnte sie ausfallen? Wir könnten ihre Unabhängigkeit anerkennen. Aber ihre Unabhängigkeit anzuerkennen und sie im Stich zu lassen, war nicht hinnehmbar. Also mussten wir den nächsten Schritt tun, was wir auch taten – sie in den russischen Staat einzugliedern. Allein hätten sie nicht überleben können, darüber besteht kein Zweifel.

Was wäre gewesen, wenn wir sie anerkannt hätten und sie auf ihren Wunsch hin Teil des russischen Staates geworden wären, denn wir wissen, was die Leute denken, aber die vom Kiewer Regime geplanten Granaten und Militäroperationen weiter gegangen und unvermeidlich geworden wären? Sie haben zwei großangelegte Militäroperationen durchgeführt. Es ist wahr, dass sie keinen Erfolg hatten, aber sie sind passiert. Der Beschuss wäre sicherlich fortgesetzt worden. Was konnten wir machen? Eine Operation starten? Warum warten und sie die Ersten gewesen wären, die es getan hätten? Wir wussten, dass sie sich darauf vorbereiteten. Das folgt natürlich der unvermeidlichen Logik des Geschehens.

Wir waren nicht diejenigen, die diese Logik erfanden. Warum benötigten sie 2014 überhaupt den Staatsstreich in der Ukraine? Janukowitsch hatte tatsächlich zugestimmt, zurückzutreten und vorgezogene Neuwahlen abzuhalten. Es war klar, dass seine Chancen – ich hoffe, Herr Janukowitsch wird sich nicht beleidigt fühlen – eher gering waren, wenn überhaupt. Welchen Sinn machte es also, in dieser Situation einen blutigen, staatsfeindlichen und verfassungswidrigen Putsch zu inszenieren? Keine Ahnung. Doch, es gibt nur eine Antwort: Zu zeigen, wer der Boss ist. Alle – ich entschuldige mich bei den Damen – alle haben still zu sitzen, den Mund zu halten und einfach nur zu tun, was sie sagen. Ich kann es einfach nicht anders erklären.

Also haben sie einen Staatsstreich begangen – aber die Menschen auf der Krim oder im Donbass weigerten sich, den Coup d‚ètat anzuerkennen, und das führte schließlich zu den tragischen Ereignissen heute. Warum konnte der sogenannte Westen die in Minsk getroffenen Vereinbarungen nicht erfüllen?

Sie haben mir persönlich gesagt – in dieser Situation hätte man alles unterschrieben, wenn man unter solche Bedingungen gestanden wären. Aber trotzdem haben sie es unterschrieben! Sie unterzeichneten es und bestanden darauf, dass auch die Führer der damals nicht anerkannten Republiken des Donbass ihre Unterschriften daraufsetzten. Und dann haben sie einfach einen von ihnen ermordet – Sachartschenko.

All diese Aktionen führten zu den heutigen tragischen Ereignissen, und das ist alles.

Fjodor Lukjanow: Haben Sie nicht das Gefühl, dass der Feind unterschätzt wurde? Um ehrlich zu sein – dieses Gefühl ist in der Gesellschaft vorhanden.

Wladimir Putin: Nein. Kennen Sie das Problem? Wir haben immer gesehen, was dort passiert ist.

Acht Jahre lang haben sie ein befestigtes Gebiet angelegt, das tief genug in den Donbass hineinreicht, und natürlich wäre es sinnlos gewesen, sich dort hinein zu wagen und Verluste einzufahren – das ist der erste Punkt. Zweitens, war uns bewusst, dass dieser Ausbau weitergehen würde, und es für uns nur schlimmer, schwieriger, gefährlicher werden würde und wir Gefahr liefen, noch grössere Verluste zu erleiden. Das sind die Überlegungen, von denen wir uns leiten ließen. Die Entwicklung der NATO in diesem Gebiet war in vollem Gang – und sie geht weiter, genau wie damals. Diese befestigten Gebiete hätten sich weit über die heutige Kontaktlinie in den Donbass hinein ausgedehnt – sie wären überall gewesen. Das ist alles dazu.

Was wir jetzt sehen, wenn unsere Truppen im Donbass von Süden und Norden Druck ausüben, ist die eine Sache. Aber wenn dort noch mehrere Jahre befestigte Gebiete im ganzen Land gebaut, Personal ausgebildet und Waffensysteme angehäuft worden wären (Waffen, die sie bisher noch nicht hatten), wäre die Situation für Russland vollständig anders geworden, auch in Bezug auf die Durchführung dieser speziellen Militäroperation.

Fjodor Lukjanow: Sie haben wiederholt gesagt und in Ihrem Grundsatzartikel geschrieben, dass wir ein Volk sind. Haben Sie nach einem Jahr Ihre Meinung geändert?

Wladimir Putin: Nein, natürlich nicht. Wie liesse sich das ändern? Es ist eine historische Tatsache.

Auf unseren Territorien hat sich im 9. Jahrhundert die russische Staatlichkeit etabliert, zuerst in Nowgorod, dann in Kiew, und dann sind sie zusammengewachsen. Es ist eine Nation. Die Menschen sprachen dieselbe Sprache, Altrussisch, und Veränderungen begannen, meine ich, erst im 14. oder 15. Jahrhundert unter polnischem Einfluss, weil die westlichen Gebiete des russischen Staates Teile anderer Länder wurden. Von hierher kamen Veränderungen.

Natürlich habe ich bereits gesagt, dass jede Ethnie in ihrer Entwicklung unterschiedliche Prozesse durchläuft. Wenn ein Teil dieser Ethnizität an einem bestimmten Punkt beschließt, dass sie eine Stufe erreicht hätte und eine andere Volkszugehörigkeit erreicht habe, kann man das natürlich nur respektieren.

Aber dieser Prozess kam nicht von allein. Erstens geschah er, wie gesagt, weil einige der altrussischen Länder im Westen aus einer ganzen Reihe von Gründen Teile anderer Staaten wurden.

Diese Staaten fingen an, ihre Interessen zu fördern. Die Länder, die Teil Polens wurden, erlebten einen starken polnischen Einfluss und so weiter. Die Sprache begann sich zu ändern. Ich habe bereits gesagt, dass beim Beitritt der Ukraine zu Russland Briefe nach Warschau und Moskau geschrieben wurden. Wir haben sie in den Archiven. In diesen Briefen stand: „Wir, russisch-orthodoxe Christen, möchten uns mit folgender Angelegenheit an Sie wenden …“ Sie baten Moskau, sie in Russland aufzunehmen, und baten Polen, ihre Interessen und ihre orthodoxen christlichen Bräuche zu berücksichtigen. Und doch nannten sie sich „russisch-orthodoxe Christen“. Ich habe mir das nicht ausgedacht. Es war ein Teil der Nation, die wir heute Ukrainer nennen.

Ja, dann ging alles nach seinen eigenen Gesetzen. Ein riesiges Russisches Reich wurde aufgebaut. Die europäischen Länder versuchten – teilweise erfolgreich, eine Barriere zwischen Europa und das Russischen Reich zu legen, indem sie das seit der Antike bekannte Prinzip anwandten: Teile und herrsche. Sie begannen, Versuche zu unternehmen, die geeinte russische Nation zu spalten. Es begann im 19. Jahrhundert und wuchs schließlich im größeren Maßstab heran, was hauptsächlich vom Westen unterstützt wurde. Natürlich haben sie versucht, bestimmte Gefühle in den Menschen zu kultivieren, und einige mochten es sogar, wenn es um historische und sprachliche Aspekte ging.

Natürlich wurden diese Gefühle – genau zu dem von mir erwähnten Zweck – ausgenützt, um zu teilen und zu herrschen. Es ist nichts Außergewöhnliches, aber sie haben sicher einige ihrer Ziele erreicht. Und später entwickelte sich daraus tatsächlich eine Zusammenarbeit mit Hitler während des Zweiten Weltkriegs, als ukrainische Kollaborateure in Kampagnen zur Vernichtung von Russen, Polen, Juden und Weißrussen eingesetzt wurden. Es ist eine bekannte historische Tatsache: Tötungskommandos betrauten Bandera-Anhänger mit den schmutzigsten und blutigsten Jobs. Das alles ist Teil unserer Geschichte. Aber es ist auch eine historische Tatsache, dass Russen und Ukrainer im Wesentlichen eine Ethnie darstellen.

Fjodor Lukjanow: Wir erleben also einen Bürgerkrieg mit einem Teil unseres eigenen Volkes.

Wladimir Putin: Teilweise, ja. Leider landeten wir aus verschiedenen Gründen in verschiedenen Staaten. Vor allem, weil die damalige bolschewistische Führung entschieden hatte, als sie nach dem Zusammenbruch des Imperiums die Sowjetunion gründete – ich habe dies in meinen Artikeln mehr als einmal öffentlich behandelt – die nationalistisch gesinnten Bolschewiki, die ursprünglich aus der Ukraine stammten zu besänftigen, um ihnen einige ursprünglich russische historische Ländereien zu geben, ohne die Menschen, die dort lebten, zu fragen. Sie überliessen ihnen ganz Malorossija (Kleinrussland), die gesamte Schwarzmeerregion und den ganzen Donbass. Zuerst beschlossen sie, den Donbass zu einem Teil Russlands zu machen, aber dann kam eine Delegation aus der Ukraine, um Wladimir Lenin zu sehen, der einen Vertreter des Donbass herbeirief und ihm sagte, dass die Donbass-Angelegenheit überdacht werden sollte. So lief es, dass der Donbass zur Ukraine kam.

In diesem Sinne ist die Ukraine natürlich ein künstlich geschaffener Staat. Umso mehr, als Stalin nach dem Zweiten Weltkrieg – auch das ist eine historische Tatsache – mehrere polnische, ungarische und rumänische Gebiete plötzlich zu einem Teil der Ukraine machte und diese Landstriche damit diesen Ländern wegnahm. Er gab den Polen, die nicht Teil der Nazi-Koalition waren, einige der ostdeutschen Länder. Das sind wohlbekannte historische Tatsachen. So entstand die heutige Ukraine.

Ich hatte nur den Gedanken, dass Russland, das die heutige Ukraine geschaffen hat, fairerweise der einzige wirkliche und ernsthafte Garant für die Staatlichkeit, Souveränität und territoriale Integrität der Ukraine sein könne.

Fjodor Lukyanov: Ich erinnere mich, dass es im Frühjahr eine Diskussion über Garantiestaaten gab, aber dann war alles vorbei.

Dies mag eine rhetorische Frage sein, wenn man bedenkt, dass Feindseligkeiten und vieles mehr im Gange sind, aber Sie und die russischen Beamten haben anlässlich mehrerer Gelegenheiten gesagt, dass die Sonderoperation nach Plan verliefe. Was ist der Plan? Um ehrlich zu sein, ist dies den Mitgliedern der Gesellschaft nicht ganz klar. Was ist der Plan?

Wladimir Putin: Sehen Sie, ich sagte eingangs, am Tag des Beginns der Operation, dass das Wichtigste für uns ist, dem Donbass zu helfen. Ich habe das bereits erwähnt, und wenn wir anders gehandelt hätten, hätten wir unsere Streitkräfte nicht auf beiden Seiten des Donbass einsetzen können. Das ist mein erster Punkt.

Zweitens wurde die Volksrepublik Lugansk vollständig befreit. Militärische Aktivitäten im Zusammenhang mit der Republik Donezk sind im Gange. Als unsere Truppen sich sowohl von Süden als auch von Norden näherten, wurde tatsächlich klar, dass die Menschen, die in diesen historischen Territorien von Noworossija (Neurussland) leben, ihre Zukunft als Teil Russlands sehen. Wie könnten wir darauf nicht reagieren?

Daher werden wir Zeugen von Ereignissen, die sich entfalten. Sie sind im Zuge und als logische Folge dieser Situation in dieser Form bis zum heutigen Punkt entstanden. Aber der Plan war da, und das Ziel ist es, den Menschen im Donbass zu helfen. Nach dieser Prämisse arbeiten wir. Natürlich sind mir die Pläne des Generalstabs bekannt, aber ich glaube nicht, dass wir die Einzelheiten diskutieren sollten.

Fjodor Lukjanow: Danke.

Freunde, ich habe meine Neugier befriedigt und alle Fragen an mich gezogen. Lassen Sie uns anderen Fragestellern das Wort erteilen.

Lass uns beginnen: Iwan Safrantschuk.

Ivan Safranchuk: Ivan Safranchuk, MGIMO-Universität.

Sie sagten, dass wir ein sehr wichtiges Jahrzehnt in der Entwicklung der Welt und unseres Landes vor uns haben. Aber ich habe den Eindruck, dass es eine gewisse Tür gibt, die uns in dieses Jahrzehnt geführt hat.

Ich habe eine Frage zu dieser Tür: Die nukleare Rhetorik hat sich in letzter Zeit stark verschärft. Die Ukraine ist von unverantwortlichen Äußerungen zur praktischen Vorbereitung einer nuklearen Provokation übergegangen; Vertreter der Vereinigten Staaten und des Vereinigten Königreichs geben Erklärungen mit Vorschlägen zum möglichen Einsatz von Atomwaffen ab.

Erwähnen wir, dass Biden von nuklearem Armageddon spricht, und sofort gibt es in den USA Kommentare, dass man nichts zu befürchten hätte. Gleichzeitig beeilen sich die Vereinigten Staaten, modernisierte taktische Atombomben in Europa zu stationieren. Es sieht so aus, als wollten sie mit dem Säbel rasseln, während sie sich weigern, die Lehren aus der Kubakrise zu ziehen.

Herr Präsident, könnten Sie bitte sagen, stimmt es, dass die Welt kurz vor dem möglichen Einsatz von Atomwaffen steht? Wie wird Russland unter diesen Umständen handeln, da es ein verantwortungsvoller Nuklearstaat ist?

Vielen Dank.

Wladimir Putin: Sehen Sie, solange es Atomwaffen gibt, besteht immer die Gefahr, dass sie eingesetzt werden könnten. Das ist das Erste.

Zweitens ist das Ziel des derzeitigen Wirbels um solche Bedrohungen und den möglichen Einsatz von Atomwaffen sehr primitiv, und ich werde wohl wahrscheinlich nicht falsch liegen, wenn ich erkläre, worum es hier geht.

Ich habe bereits gesagt, dass das Diktat der westlichen Länder und ihre Versuche, Druck auf alle Teilnehmer der internationalen Gemeinschaft auszuüben, einschließlich der uns gegenüber neutralen oder befreundeten Länder, nichts bewirkte, und sie suchen nunmehr nach zusätzlichen Argumenten, um unsere Freunde oder neutrale Staaten zu überzeugen, dass sie alle Russland gemeinsam konfrontieren sollten.

Nukleare Provokationen und das Anheizen der Möglichkeiten, dass Russland theoretisch Atomwaffen einsetzen könnte, werden verwendet, um diese Ziele zu erreichen: Um unsere Freunde, unsere Verbündeten und neutrale Staaten zu beeinflussen, indem sie ihnen sagen, wen Sie vermeintlich unterstützen: „Russland ist so ein beängstigendes Land, unterstützen Sie es nicht, kooperieren Sie nicht mit ihm, handeln Sie nicht mit ihm.“ Dies ist in der Tat ein primitives Ziel.

Was passiert in der Realität? Schließlich haben wir nie proaktiv etwas darüber gesagt, dass Russland möglicherweise Atomwaffen einsetzen würde. Alles, was wir taten, war Andeutungen in Reaktion auf Äußerungen westlicher Führer.

Frau Liz Truss, zuletzt Premierministerin Großbritanniens, hat in einem Gespräch mit einem Medienvertreter direkt erklärt, dass Großbritannien eine Atommacht sei und die Pflicht des Premierministers darin bestünde, möglicherweise Atomwaffen einzusetzen, und sie dies tun werde. Es ist kein Zitat, aber nah am ursprünglichen Wortsinn: „Dazu bin ich bereit.“

Sehen Sie, niemand hat darauf in irgendeiner Weise reagiert. Angenommen, sie wich einfach aus und es rutschte ihr heraus. Wie kann man so etwas öffentlich sagen? Sie tat es jedenfalls.

Sie hätten sie richtigstellen können, oder Washington hätte öffentlich erklären müssen, dass es damit nichts zu tun habe. Sie hätten keine Ahnung, wovon sie redete, hätten sie sagen können. Es war nicht nötig, jemandes Gefühle zu verletzen; alles, was sie hätten tun können, wäre sich von dem zu distanzieren, was sie sagte. Aber alle schwiegen. Was sollen wir denken? Wir dachten, es sei eine koordinierte Position und wir würden erpresst. Was sollten wir tun? Schweigen und so tun, als ob wir nichts gehört hätten, oder was?

Es gibt mehrere andere Aussagen zu diesem Thema. Kiew hört nie auf, über seinen Wunsch nach Atomwaffen zu sprechen. Dies ist der erste Teil eines Ballet de la Merlaison. (Anmerkung: Ballett Inszenierung unter Louis XIII und seiner Herrschaft als König von Frankreich 1610 – 1643).

Sie reden immer wieder über unsere vermeintlich empörenden Aktionen beim Kernkraftwerk Zaporozhye. Was ist daran so unverschämt? So formulieren sie es manchmal. Sie unterstellen uns ständig, dass wir Raketen auf das Kernkraftwerk Zaporozhye abfeuern. Haben sie noch alle Sinne beisammen, oder was? Wir haben die Kontrolle über dieses Atomkraftwerk. Dort sind unsere Truppen stationiert.

Vor ein paar Monaten sprach ich mit einem westlichen Führer. Ich fragte ihn, was wir tun sollten. Er sagte mir, wir müssten schwere Waffen aus dem Kernkraftwerk Zaporozhye abziehen. Ich stimmte zu und sagte, dass wir das bereits getan hätten und es dort keine schweren Waffen mehr gäbe. Sie taten es? Gut, dann entfernen Sie auch die der anderen.“ (Lachen.)

Es ist Unsinn, verstehen Sie? Sie lachen und es ist wirklich witzig. Aber es ist fast wörtlich, was er sagte.

Ich sagte ihm, hören Sie zu, Sie wollten, dass die IAEA (International Atomic Energy Agency) ‑Vertreter am Kraftwerk repräsentiert sind. Wir stimmten zu, und sie sind da.

Sie wohnen direkt auf dem Gelände des Atomkraftwerks. Sie sehen mit eigenen Augen, was los ist, wer schießt und woher die Granaten kommen. Doch, schließlich sagt niemand, dass ukrainische Truppen das Atomkraftwerk beschießen. Und sie mischen die Dinge auf und geben Russland die Schuld. Das ist aberwitzig. Es sieht aus wie eine Wahnvorstellung, aber es passiert tatsächlich.

Ich glaube, ich habe bereits öffentlich gesagt, dass die Sabotagegruppen des Kiewer Regimes drei oder vier Hochspannungsfreileitungen außerhalb des Kernkraftwerks Kursk zerstört hatten. Leider konnte der FSB (russischer Inlandsgeheimdienst) sie nicht fassen. Hoffentlich wird er es eines Tages tun. Sie entkamen. Aber sie waren diejenigen, die es taten.

Wir informieren alle westlichen Partner über den Vorfall. Schweigen war alles, was wir als Antwort bekamen, als ob nichts passiert wäre. Das heißt, sie versuchen, eine Art nuklearen Zwischenfall zu inszenieren, um Russland die Verantwortung zuzuschieben und eine neue Runde ihres Kampfes gegen Russland, Sanktionen gegen Russland und so weiter anzuzetteln. Ich sehe einfach keinen anderen Sinn darin. Dies ist es, was passiert.

Jetzt haben sie etwas Neues erfunden. Es war kein Zufall, dass wir mit der Information unserer Sicherheitsdienste an die Öffentlichkeit gingen, weil sie einen Vorfall mit einer sogenannten schmutzigen Bombe vorbereiteten. Eine solche Bombe ist einfach herzustellen, und wir kennen sogar ihren ungefähren Standort. Leicht modifizierte Reste von Kernbrennstoff – die Ukraine hat die dafür erforderlichen Technologien – werden in die Tochka‑U (russische ballistische Rakete) geladen, sie explodiert und sie sagen dann, dass es Russland gewesen wäre, welches einen Atomschlag durchgeführt hätte.

Aber wir haben keinen Anlass das zu tun; es macht für uns keinen Sinn, weder politisch noch militärisch. Aber sie wollten es trotzdem tun. Ich war es, der Minister Shoigu angewiesen hat, alle seine Kollegen anzurufen und sie darüber aufzuklären. Wir können solche Dinge nicht ignorieren.

Jetzt heißt es, die IAEA wolle kommen und die Atomanlagen der Ukraine inspizieren. Wir befürworten dies, und wir glauben, dass dies so schnell wie möglich erfolgen sollte und die Inspektionen in allen ihren Einrichtungen zu erfolgen hätten, weil wir wissen, dass die Kiewer Behörden ihr Bestes tun, um ihre Spuren zu verwischen. Sie arbeiten daran.

Schließlich über den Einsatz oder Nichteinsatz von . Das einzige Land der Welt, das Atomwaffen gegen einen Nicht-Atomwaffenstaat eingesetzt hat, waren die Vereinigten Staaten von Amerika: Sie haben diese zweimal gegen Japan eingesetzt. Was war das Ziel? Es gab überhaupt keine militärische Notwendigkeit dafür. Wie war die militärische Brauchbarkeit des Einsatzes von Atomwaffen gegen Hiroshima und Nagasaki – gegen Zivilisten? Gab es eine Bedrohung der territorialen Integrität der USA? Natürlich nicht. Auch aus militärischer Sicht war es nicht praktikabel, denn Japans Kriegsmaschinerie war bereits zerstört, sie konnte sich nicht wehren, also was war der Sinn, den letzten Schlag mit Atomwaffen zu führen?

Übrigens sagen japanische Lehrbücher normalerweise, dass es die Alliierten waren, die Japan einen nuklearen Schlag versetzten. Sie haben Japan so fest im Griff, dass die Japaner nicht einmal die Wahrheit in ihre Schulbücher schreiben können. Auch wenn sie jedes Jahr dieser Tragödie gedenken. Gut für die Amerikaner, wir sollten wohl alle ihrem Beispiel folgen. Gut gemacht.

Aber solche Dinge passieren, das ist das Leben. Die USA sind also das einzige Land, das dies getan hat, weil es glaubte, es sei in ihrem Interesse.

Was Russland betrifft … Wir haben die Militärdoktrin, und sie sollten sie lesen. Einer seiner Artikel erklärt die Fälle, wann, warum, in Bezug auf was und wie Russland es für möglich hält, Massenvernichtungswaffen in Form von Atomwaffen einzusetzen, um seine Souveränität, territoriale Integrität und die Sicherheit des russischen Volkes zu gewährleisten.

Fjodor Lukjanow: Morgen ist es 60 Jahre her, seit dem Höhepunkt der Karibikkrise (Kubakrise), der Tag, an dem der Rückzug beschlossen wurde.

Können Sie sich in die Rolle eines der Führer versetzen, Chruschtschow, um genauer zu sein? Können wir zu diesem Punkt kommen?

Wladimir Putin: Sicherlich nicht.

Fjodor Lukjanow: Dazu wird es nicht kommen?

Wladimir Putin: Nein, ich kann mich nicht in der Rolle Chruschtschows vorstellen. Auf keinen Fall. (Lachen.)

Fjodor Lukjanow: In Ordnung. Und was ist mit der Rolle einer Führungskraft, die in dieser Frage einer Entscheidung steht?

Wladimir Putin: Wir sind bereit, alle Probleme zu schlichten. Wir lehnen nichts ab. Im vergangenen Dezember boten wir den Vereinigten Staaten an, den Dialog über strategische Stabilität fortzusetzen, erhielten jedoch keine Antwort. Es war im Dezember letzten Jahres. Schweigen.

Wenn sie wollen, sind wir bereit – lasst es uns tun. Wenn sie nicht wollen, entwickeln wir unsere eigene moderne Technologie, Abschussfahrzeuge, einschließlich Überschallwaffen. Im Prinzip brauchen wir nichts. Wir fühlen uns autark.

Ja, natürlich, irgendwann werden sie uns auch mit Überschallwaffen einholen. Das ist offensichtlich, sie sind ein High-Tech-Land und es ist nur eine Frage der Zeit. Aber sie haben uns noch nicht eingeholt. Wir haben alles und wir entwickeln diese Technologie. Wenn jemand mit uns darüber ins Gespräch kommen möchte, sind wir bereit, dieses aufzunehmen.

Fjodor Lukyanov: Rasigan Maharajh (Südafrika) machen Sie bitte weiter.

Rasigan Maharajh: Vielen Dank. Sie haben einen Punkt direkt beantwortet, den ich zuvor angesprochen habe, aber wenn ich meine Frage erweitern dürfte.

Eskalierende und sich beschleunigende Krisen offenbaren weiterhin die prekäre Lage, in der wir uns befinden, und wohin uns unser System derzeit treibt. Der ungleiche Austausch setzt sich also fort, wie Sie betonten, bei der Verteilung von Anteilskapital, insbesondere von menschlichem Einsatz, Fähigkeiten und Kompetenzen, und lässt künftige Aussichten auf Interessensausgleichs und Reformen innerhalb eines unfairen hegemonialen Systems äußerst düster aussehen. Sanktionen und die Angst vor Repressalien haben die monetäre Souveränität bedeutungslos gemacht, insbesondere durch waffenmässigen Einsatz des Zahlungssystems. Was könnte in unserer heutigen Zeit eine demokratischere und praktikablere Alternative zum derzeitigen internationalen Zahlungs- und Abrechnungssystem darstellen?

Wladimir Putin: Das ist eine der Schlüsselfragen der aktuellen Entwicklung und der Zukunft nicht nur des Finanzsystems, sondern auch der Weltordnung. Ihre Frage hat ins Schwarze getroffen.

Nach dem Zweiten Weltkrieg schufen die Vereinigten Staaten das Bretton-Woods-System und verstärkten es im Laufe der Jahre um ein Vielfaches. Sie arbeiteten in verschiedenen Bereichen und gründeten internationale Institutionen, die sowohl im Finanzwesen als auch im internationalen Handel unter ihrer Kontrolle stehen. Aber diese brechen offensichtlich zusammen.

Wie ich bereits sagte, haben die Vereinigten Staaten einen großen Fehler gemacht, indem sie den Dollar als Waffe im Kampf für ihre politischen Interessen einsetzten. Das untergräbt das Vertrauen in den Dollar und andere Reservewährungen. Der Vertrauensverlust ist groß – glauben Sie mir, ich weiß, wovon ich spreche. Jetzt denken alle darüber nach, ob es Sinn macht, Devisenreserven in Dollar zu halten.

Es ist nicht so einfach, sich vom Dollar zu lösen, weil die Amerikaner ein sehr mächtiges System geschaffen haben, das diese Reserven hält und sie tatsächlich nicht herausgibt. Es ist sehr schwierig sie herauszukommen, aber alle haben begonnen, die Zukunft abzuwägen. Ich habe dies bereits beschrieben und kann nur wiederholen, wie wir über die Zukunft des internationalen Finanzsystems denken.

Erstens ist dies ein gemeinsames Verständnis, aber dennoch: Allen Ländern muss eine souveräne Entwicklung garantiert werden, und die Wahl jedes Landes muss respektiert werden. Das ist auch wichtig, auch in Bezug auf das Finanzsystem. Es sollte unabhängig und entpolitisiert sein und sich natürlich auf die Finanzsysteme der führenden Länder der Welt abstützen.

Und wenn dieses System geschaffen wird (das wird nicht einfach sein, es ist ein schwieriger Prozess, aber er ist möglich), werden die internationalen Institutionen (sie müssen entweder reformiert oder neu geschaffen werden), die jenen Ländern helfen, die Unterstützung benötigen, effektiver arbeiten.

Zunächst einmal soll dieses neue Finanzsystem den Weg für Bildung und Technologietransfer ebnen.

Wenn wir das zusammenfassen, eine Palette von Chancen ergreifen, die es zu nutzen gilt, dann wird dieses Wirtschaftsmodell und Finanzsystem den Interessen der Mehrheit gerecht und nicht nur den Interessen dieser „goldenen Milliarde“, von der wir gesprochen haben.

Als Vorreiter dieses Systems müssen wir sicherlich Zahlungen in Landeswährungen ausweiten. Da die US-Finanzbehörden den Dollar als Waffe einsetzen und nicht nur uns, sondern auch unseren Partnern und anderen Ländern Probleme im Zahlungsverkehr bereiten, wird das Streben nach Unabhängigkeit unweigerlich die Abwicklung in Landeswährung vorantreiben.

Mit Indien leisten wir beispielsweise jetzt 53 Prozent der gegenseitigen Zahlungen für Exporte in Landeswährungen und etwa 27 Prozent für Importe. Ähnliche Vereinbarungen mit anderen Ländern werden zunehmend genutzt. Mit China zum Beispiel nehmen Zahlungen in Yuan und Rubel schnell zu, und auch mit anderen Ländern – ich werde sie jetzt nicht alle aufzählen.

Was unser eigenes Finanzsystem betrifft, so glaube ich, dass die Hauptrichtung darin besteht, ein supranationales globales Währungssystem zu schaffen, das entpolitisiert und auf nationalen Währungssystemen basiert ist. Dieses System würde sicherlich Zahlungen und Transaktionen sicherstellen. Es ist möglich. Am Ende haben wir auf die eine oder andere Weise die ersten Schritte in Richtung Zahlungen in Landeswährungen und dann – Schritte auf regionaler Ebene getan. Ich glaube, dass dieser Prozess weitergehen wird.

Fjodor Lukyanov: Kolleginnen und Kollegen, stellen Sie sich bitte persönlich vor, wenn Sie Fragen stellen.

Alexander Iskandarjan.

Alexander Iskandaryan: Herr Präsident, ich komme aus Armenien und meine Frage betrifft mein Land und meine Region.

Die Diskussion um einen Vertrag zwischen Armenien und Aserbaidschan ist in letzter Zeit akuter geworden, was vor allem darauf zurückzuführen ist, dass es zwei konkurrierende Entwürfe gibt: einen russischen Entwurf, der vom russischen Vermittler vorgeschlagen wird, und einen westlichen Entwurf. Diese Situation ist neben den anderen Risiken in der Region ziemlich riskant. Es gibt gewisse Spannungen.

Was denkt Russland und wie plant Russland, auf diese Situation zu reagieren und in Zukunft in diesem Zusammenhang zu handeln?

Vielen Dank.

Wladimir Putin: Sehen Sie, ich weiß nicht einmal, ob dies schon einmal öffentlich diskutiert wurde – vielleicht ja, vielleicht nein – aber selbst, wenn es nicht diskutiert wurde, sehe ich hier keine Geheimnisse.

Seit vielen Jahren führen wir den Dialog mit Armenien fort und schlagen vor, die Angelegenheit um Berg-Karabach zu regeln. Armenien kontrollierte de facto sieben Gebiete in Aserbaidschan. Und wir schlugen vor, auf eine Normalisierung der Beziehungen hinzuarbeiten. Es gibt zwei Bereiche, Kalbajar und einen weiteren weiter südlich, mit Korridoren, großen Bereichen. An einem bestimmten Punkt könnten wir eine Vereinbarung mit Aserbaidschan treffen und fünf Gebiete abtreten. Sie sind nicht notwendig, es gibt keinen Nutzen für sie. Sie stehen einfach leer, da die Menschen im Wesentlichen aus diesen Gebieten vertrieben wurden. Warum sie behalten? Es hat keinen Sinn. Während für Verbindungen mit Berg-Karabach zwei Gebiete, übrigens riesige Gebiete, ausreichen sollten.

Wir glauben, dass es fair wäre, die Flüchtlinge zurückzubringen und so weiter. Es wäre ein guter Schritt zur Normalisierung der Lage in der Region insgesamt. Die armenische Führung entschied sich für einen eigenen Kurs, der, wie wir wissen, zu der Situation geführt hat, die wir heute haben.

Nun, was die Regelung und den Friedensvertrag betrifft, ist unsere Position, dass es natürlich einen Friedensvertrag geben muss. Wir unterstützen eine friedliche Lösung, die Festlegung der Grenze und eine vollständige Lösung der Grenzfragen. Die Frage ist, welche Option gewählt werden soll. Es liegt an Armenien, dem armenischen Volk und der armenischen Führung. Wie auch immer sie sich entscheiden, wir werden es auf jeden Fall unterstützen, solange es Frieden bringt.

Aber wir haben nicht die Absicht, Armenien irgendetwas aufzuzwingen oder zu diktieren. Wenn das armenische Volk oder die armenischen Führer glauben, dass sie sich für eine bestimmte Version des Friedensvertrags entscheiden sollten … Soweit ich weiß, sieht der Washingtoner Entwurf die Anerkennung der Souveränität Aserbaidschans über Berg-Karabach vor. Wenn Armenien das wählt, soll es so sein. Wir werden jede Entscheidung des armenischen Volkes unterstützen.

Wenn das armenische Volk und die Führer glauben, dass Berg-Karabach bestimmte Besonderheiten hat, die in einem zukünftigen Friedensvertrag berücksichtigt werden sollten, ist dies ebenfalls möglich. Dies ist jedoch zweifellos eine Frage der Vereinbarung zwischen Armenien und Aserbaidschan. Die Vereinbarungen müssen auch für die andere Partei, für Aserbaidschan, akzeptabel sein. Es ist eine sehr schwierige Frage, nichts weniger.

Aber Armenien ist unser strategischer Partner und Verbündeter, und natürlich werden wir uns unter Berücksichtigung der Interessen Aserbaidschans weitgehend von dem leiten lassen, was Armenien selbst vorschlägt.

Fjodor Lukjanow: Vor zwei Jahren haben Sie beim Treffen des Valdai-Klubs hoch über Präsident Erdogan gesprochen und gesagt, dass er seine Worte nicht zurücknähme, sondern tue, was er versprochen hätte. In den letzten zwei Jahren ist viel passiert. Hat sich Ihre Meinung über ihn geändert?

Wladimir Putin: Nein. Er ist ein kompetenter und starker Führer, der sich vor allem und möglicherweise ausschließlich von den Interessen der Türkei, ihrer Bevölkerung und ihrer Wirtschaft leiten lässt. Dies erklärt weitgehend seine Haltung zu Energiefragen und zum Beispiel zum Bau von TurkStream.

Wir haben den Bau eines Gasknotenpunkts in Turkiye für europäische Verbraucher vorgeschlagen. Turkiye hat diese Idee natürlich zunächst aus eigenen Interessen unterstützt. Wir haben viele gemeinsame Interessen im Tourismus, in der Baubranche und in der Landwirtschaft. Es gibt viele Bereiche, in denen wir gemeinsame Interessen haben.

Präsident Erdogan lässt niemanden freie Fahrt oder handelt im Interesse von Drittstaaten. Er vertritt vor allem die Interessen von Turkiye, auch im Dialog mit uns. In diesem Sinne sind Turkiye als Ganzes und persönlich Präsident Erdogan keine einfachen Partner. Viele unserer Entscheidungen werden in langen und schwierigen Debatten und Verhandlungen erarbeitet.

Aber es gibt auf beiden Seiten den Wunsch, Vereinbarungen zu treffen, und wir tun dies normalerweise. In diesem Sinne ist Präsident Erdogan ein beständiger und zuverlässiger Partner. Das ist wohl seine wichtigste Eigenschaft, dass er ein zuverlässiger Partner ist.

Fjodor Lukjanow: Hat er zum Beispiel jemals versucht, bei Ihnen als Trittbrettfahrt mitzukommen?

Wladimir Putin: Sehen Sie, ich habe bereits festgestellt, dass der Präsident von Turkiye kein einfacher Partner ist, dass er immer seine Interessen vertritt, nicht seine persönlichen Interessen, sondern die Interessen seines Landes, aber man kann nicht sagen, dass er jemals versucht hätte als Trittbrettfahrer aufzutreten.

Er arbeitet einfach auf eine Lösung hin, die aus Sicht seiner Regierung die beste ist. Wir arbeiten an Lösungen, die für uns die besten sind. Wie ich bereits sagte, finden wir normalerweise auch bei sehr heiklen Themen eine Lösung, wie für Syrien, Sicherheitsfragen und die Wirtschaft, einschließlich der Infrastruktur. Bisher ist uns das gelungen.

Ich wiederhole, da dies äußerst wichtig ist. Wir wissen, dass, wenn wir einen schwierigen Weg vor uns hatten und es schwierig schien, zu einer Einigung zu kommen, wir sie aber dennoch erreicht haben, wir sicher sein konnten, dass sie umgesetzt würde. Das Wichtigste ist Verlässlichkeit und Stabilität in unseren Beziehungen.

Dayan Jayatilleka: Danke. Mein Name ist Dayan Jayatilleka, ehemaliger Botschafter Sri Lankas in der Russischen Föderation.

Herr Präsident, es wird gesagt, dass Russland jetzt einem Stellvertreterkrieg gegenübersteht, der vom kollektiven Westen und der NATO geführt werde. Wenn dem so ist, dann ist es wahrscheinlich die ernsthafteste Bedrohung, der Russland seit 1941 ausgesetzt war. Damals, während des Großen Vaterländischen Krieges, wandte sich der sowjetische Führer, der Kommunist war, an die orthodoxe Kirche und den russischen Nationalismus, um eine breite Front zur Verteidigung Russlands zu bilden. Würden Sie sagen, dass Sie in einem ähnlichen Geist die sowjetisch-russische Vergangenheit, das kommunistische Erbe von 1917, noch einmal aufgreifen sollten, um nützliche Elemente daraus zu extrahieren, einschließlich der Geschichte der Roten Armee, und würden Sie denken, dass es sich lohnen könnte, sich an kommunistische Elemente, so wenige sie auch sein mögen, zu wenden, um sich in Russland einer breiten patriotischen Front anzuschließen? Vielen Dank.

Wladimir Putin: Was meine Position betrifft, so glaube ich, dass wir unser gesamtes historisches Erbe nutzen sollten. Ich denke, wir sollten nichts ablehnen – weder die positiven Aspekte des Zarenreichs in der russischen Geschichte noch die positiven Fakten in der Geschichte der Sowjetunion, die viele positive Züge hatte. In beiden Fällen gab es auch Negatives – sie wurden auf unterschiedliche Weise überwunden und hatten unterschiedliche Folgen.

Was die Beziehungen zum linken Teil unseres politischen Spektrums und andere politische Strömungen angeht … Wissen Sie, die Besonderheit des heutigen Russlands ist der praktisch vollständige Konsens über die Abwehr äußerer Bedrohungen. Ja, es gibt Menschen, die komplett pro-westlich orientiert sind und die meistens im Ausland leben; sie sind geistig im Ausland, ihre Familien leben im Ausland und ihre Kinder studieren im Ausland. Ja, wir haben ein paar davon, aber sie waren schon immer hier und es gibt sie immer in allen Ländern – daran ist nichts Ungewöhnliches. Aber insgesamt ist die Konsolidierung sehr hoch, unabhängig von der politischen Einstellung oder den Ansichten über Möglichkeiten, Russland als solches zu entwickeln.

Menschen mit kommunistischer Überzeugung glauben, wir müssten alles wieder verstaatlichen. Sie wollen, dass alles reglementiert würde usw. Es ist schwer zu sagen, wie effektiv das wäre. Wir lehnen das in einigen Dingen und an manchen Stellen, in bestimmten historischen Situationen nicht ab, und wir haben sogar ein Gesetz zur Verstaatlichung. Angesichts dessen tun wir das nicht – dafür besteht überhaupt keine Notwendigkeit.

Wir glauben an die Notwendigkeit, die effektivsten Instrumente für die nationale Entwicklung zu verwenden, Marktprinzipien, aber natürlich unter der Kontrolle des Staates und die Regierungsmacht, unter der Kontrolle des Volkes. Wir sollten deren Vorteile nutzen, um unsere Hauptziele zu erreichen – den Wohlstand der Nation zu verbessern, Armut zu bekämpfen, unsere Anstrengungen zu verstärken und bessere Ergebnisse im Wohnungsbau, in der Bildung, im Gesundheitswesen und bei der Lösung anderer lebenswichtiger Probleme zu erzielen.

Deshalb behandeln wir in unserer Arbeit Menschen, die linke Ansichten vertreten, einschließlich solcher mit kommunistischer Überzeugung, mit Respekt. Wie Sie aus gutem Grund sagten, lebte die Sowjetunion lange Zeit unter der Kontrolle und Führung der Kommunistischen Partei. Ich möchte an dieser Stelle nicht ins Detail gehen und erklären, was gut und was schlecht war.

Sie haben religiöse Organisationen erwähnt, aber alle – wir haben vier traditionelle Religionen – sind ausschließlich patriotisch. Was die Russisch-Orthodoxe Kirche betrifft, so war sie während ihrer gesamten Geschichte bei ihrer Gemeinde, bei ihrem Volk. Dasselbe gilt heute.

Der entscheidende Unterschied im heutigen Verhältnis zu unseren traditionellen Religionen liegt wohl darin, dass wir wirklich – nicht nur äußerlich – darauf verzichten, uns in das Leben religiöser Organisationen einzumischen. Vielleicht sind sie hierzulande in einer viel freieren Position als in vielen Staaten, die sich für demokratisch halten. Wir üben niemals Druck auf sie aus. Wir glauben, ihnen gegenüber in der Schuld zu stehen, weil ihr Eigentum während der Sowjetzeit verschleudert oder ins Ausland gebracht und verkauft wurde und so weiter. Mit anderen Worten, religiösen Organisationen, einschließlich der russisch-orthodoxen Kirche, wurde viel Schaden zugefügt.

Wir versuchen, alle unsere Religionen zu unterstützen, aber wir mischen uns nicht in ihre Arbeit ein. Und wahrscheinlich ist das, was jetzt passiert, wirklich einzigartig – es gibt eine gemeinsame patriotische Stimmung in Bezug auf die Entwicklung des Landes innerhalb unseres Staates und die Wahrung unserer Interessen außerhalb, aber angesichts dieser Faktoren geben wir ihnen völlige Handlungsfreiheit. Ich denke, diese Beziehung und eine solche Situation führt zu den gewünschten Ergebnissen.

Fjodor Lukyanov: Herr Kubat Rakhimov, Sie haben das Wort.

Kubat Rakhimov: Ich bin Kubat Rakhimov aus der Kirgisischen Republik.

Herr Präsident,

Russland ist in der Tat der Anführer einer neuen antikolonialen Bewegung. Russlands Bekenntnis zu traditionellen, konservativen Werten findet auch weltweite Unterstützung. Während der Diskussionen hier im Valdai Club haben wir ein sehr hohes Verlangen nach sozialer Gerechtigkeit und nach einer gleichberechtigten Gestaltung sozialer Beziehungen festgestellt.

Wie sehen Sie das und wie können wir Ihnen als Valdai Club-Experten helfen? Dies ist meine erste Frage.

Meine zweite Frage lautet: Was halten Sie von der Möglichkeit, die Hauptstadt der Russischen Föderation ins Zentrum des Landes zu verlegen, d. h. ins Zentrum des eurasischen Kontinents, um näher an den Ländern der Schanghaier Organisation für Zusammenarbeit zu sein?

Vielen Dank.

Wladimir Putin: In Bezug auf ein gerechteres Sozialsystem in Russland heißt es in unserer Verfassung ausdrücklich, dass Russland ein Sozialstaat ist. Und natürlich ist alles, was wir tun, alle unsere nationalen Entwicklungsziele im Wesentlichen darauf ausgerichtet, soziale Ziele zu erreichen. Wir könnten diese Themen stundenlang diskutieren, und selbst der ganze Tag heute würde nicht ausreichen. Alles, was wir tun, ist darauf ausgerichtet, dies zu erreichen, die sozialen Ziele zu erreichen, vor denen der russische Staat jetzt steht. Wir haben viele Ziele wie diese, darunter viele ungelöste Probleme.

Ich habe das bereits angesprochen, aber noch einmal: Wir müssen die Wirtschaft weiterentwickeln, auf dieser Grundlage Fragen der Gesundheitsfürsorge, der Bildung und der technologischen Entwicklung angehen und unsere Wirtschaft umstrukturieren. Strukturelle Veränderungen sind das Wichtigste. Der Arbeitsmarkt wird sich verändern, und in diesem Zusammenhang sollten wir natürlich auch an die Menschen denken, deren Arbeitsplätze verloren gehen. Wir sollten ihnen neue Kompetenzen vermitteln und sie umschulen etc.

Was den Valdai Club betrifft, bringt er Experten aus verschiedenen Lebensbereichen zusammen. Natürlich wären wir dankbar, wenn diese Experten uns über wichtige Entwicklungstrends auf dem Laufenden halten würden. Wir würden uns Ihre Meinungen anhören, während wir die Pläne realisieren, die ich gerade aufgelistet habe. Wir können und müssen auf unserer derzeitigen Politik aufbauen und gleichzeitig zukünftige Entwicklungen verstehen.

In Bezug auf die Verlegung der Hauptstadt, ja, darüber haben wir gesprochen. Die russische Hauptstadt wurde in der Geschichte des russischen Staates mehrmals verlegt. Historisch und mental wird das Zentrum Russlands immer mit Moskau in Verbindung gebracht und meiner Meinung nach besteht keine Notwendigkeit…

Es gibt Probleme bei der Entwicklung der Hauptstadt als Metropolregion, aber ich muss sagen, dass diese Probleme mit dem Team von Bürgermeister Sobyanin viel besser angegangen und gelöst werden als in vielen anderen Ländern und Metropolregionen.

Es gab eine Zeit, in der Fragen des Verkehrs, der Entwicklung der sozialen Infrastruktur und anderer Bereiche kritisch waren – und sie sind es bis zu einem gewissen Grad immer noch. Dennoch hat Bürgermeister Sobyanin in den letzten Jahren viel getan, um diese Herausforderungen einzudämmen und Bedingungen zu schaffen, damit sich Moskauer, Arbeitsmigranten und Touristen wohlfühlen. In den vergangenen Jahren wurde viel für die Entwicklung der Stadt getan.

Es gibt in der Tat ein Problem der übermäßigen Zentralisierung aller föderalen Organisationen in Moskau. Ich unterstütze zum Beispiel den Ansatz, welche einige andere Länder verfolgen, um Befugnisse und Zuständigkeiten in andere russische Regionen zu verlagern. Wir bauen zum Beispiel ein Justizzentrum in St. Petersburg. Das Verfassungsgericht hat dort bereits seinen Sitz, und es gibt konkrete Pläne für den Obersten Gerichtshof. Es ist keine Eile erforderlich: Diese Arbeit sollte schrittweise erfolgen, um günstige Bedingungen für die Arbeit der Justizgemeinschaft in St. Petersburg zu schaffen. Und wir werden es ohne Eile tun.

Einige große Unternehmen, die beispielsweise hauptsächlich in Sibirien tätig sind, aber ihren Hauptsitz in Moskau haben, könnten ihren Hauptsitz nach Sibirien verlegen. Und es passiert tatsächlich. RusHydro zum Beispiel gründet eine Basis in Sibirien, in Krasnojarsk, und errichtet dort seine Zentrale.

Bestimmte Bundesbehörden könnten über das Land verteilt werden. Dies wäre für das Regierungsführungssystem selbst und die Regionen, in denen diese Gremien angesiedelt wären, von Vorteil.

Fjodor Lukjanow: Danke.

Iwan Timofejew.

Ivan Timofeyev: Guten Abend, Herr Präsident.

Ivan Timofeyev, Valdai Club.

Hier ist meine Frage. Im vergangenen Jahr wurde eine beispiellose Zahl an Sanktionen gegen Russland verhängt. Sie haben das Einfrieren unserer Reserven in Europa erwähnt, 300 Milliarden. Wir könnten auch das Einfrieren von Eigentum von Bürgern und Organisationen im Wert von mehreren zehn Milliarden hinzufügen. Übrigens plant Europa, diese Liegenschaften zu beschlagnahmen, sobald die entsprechenden Mechanismen entwickelt sind. Es gibt noch viel mehr, darunter finanzielle Beschränkungen, verbotene Warenlieferungen, Technologien, russische Ölverbote, Manipulationen bei der Gasversorgung und andere Maßnahmen. Wir sind uns dessen bewusst, und Sie haben dies in Ihrer Rede erwähnt.

Von unserer Wirtschaft wurde nicht erwartet, dass sie standhält. Aber sie hat überlebt, vor allem, weil es eine Marktwirtschaft ist, die flexibel und anpassungsfähig bleibt. Unternehmen suchen nach neuen Märkten und Möglichkeiten, Importsubstitution wo immer möglich umzusetzen. Die Regierung unternimmt viele Schritte, um Unternehmen zu helfen.

Aber vielleicht ist es angesichts der extremen außenpolitischen Bedingungen und all der Sanktionen an der Zeit, die Wirtschaft weiter zu deregulieren? Sie haben die Dezentralisierung erwähnt. Ist es sinnvoll, die Anzahl der Inspektionen zu reduzieren und den regulatorischen Druck zu verringern?

Ich würde gerne Ihre Meinung zu diesem Thema erfahren.

Wladimir Putin: Wie man in diesen Fällen sagt, können wir uns dafür entscheiden, die Anzahl der Inspektionen zu reduzieren und eine übermäßige staatliche Regulierung zu beseitigen.

Sie wissen, dass nicht nur für kleine und mittelständische Unternehmen, sondern auch für große Unternehmen planmäßige Kontrollen eingestellt wurden. Falls dies noch nicht erwähnt wurde, sage ich es jetzt – wir werden dies bis 2023 verlängern.

Was die Regulierung betrifft, so führte unsere „administrative Guillotine“, wie wir sagten, zur Annullierung von über 1.000 Akten, glaube ich. Sie wurden durch weniger als 500 neue ersetzt – ich hoffe, sie sind aktuell. Über 400 und einige neue Gesetze regeln inzwischen die Wirtschaftstätigkeit.

Wir werden diesen Weg also weitergehen – natürlich mit Ausnahme von Produktionskategorien, die gewisse Risiken für Verbraucher bergen. Ich denke, jeder versteht das. Wir werden jedoch versuchen, dies so anzugehen, dass diese Regulierungsfunktionen zielgerichtet sind, um zu verhindern, dass sie den Betrieb von Unternehmen und Unternehmen im Allgemeinen beeinträchtigen.

Sie haben Recht – als Reaktion auf all die Beschränkungen, die Russland und seiner Wirtschaft auferlegt werden … Sie sagten, sie erwarteten einen Zusammenbruch unserer Wirtschaft. Das wurde nicht nur erwartet. Es wurde als das Ziel gesetzt, die russische Wirtschaft zu zerschlagen, aber sie konnten es nicht erreichen. Ja, Sie haben Recht – unsere Wirtschaft ist in der Tat viel anpassungsfähiger und flexibler geworden. Es wurde deutlich, dass unsere Unternehmen bereits reif genug waren, um Importe zu ersetzen und die Aktivitäten der Unternehmen zu übernehmen, die abgezogen sind – unsere Partner, die beschlossen haben, Russland zu verlassen. Unsere Unternehmen übernahmen und führen problemlos diese Unternehmen, die noch bis vor kurzem ohne westliche Präsenz nicht existenzfähig schienen. Dies war eine einfache Änderung in den meisten Bereichen.

Ja, wir verstehen und sehen die mittelfristigen Schwierigkeiten. Wir wissen, dass wir nicht alles produzieren können. Aber wissen Sie, heute Morgen habe ich mit mehreren Kollegen gesprochen, bevor ich hierhergekommen bin – natürlich habe ich mit Leuten in der Regierung, der Zentralbank und dem Exekutivbüro gesprochen – und unsere Experten glauben weiter, dass wir den Höhepunkt der damit verbundenen Schwierigkeiten überwunden haben, verbunden durch die Lawine an Beschränkungen und Sanktionen. Insgesamt hat sich die russische Wirtschaft an die neuen Bedingungen angepasst.

Es muss noch viel getan werden, um sowohl im Import als auch im Export neue Lieferketten zu erschliessen und die damit einhergehenden Verluste zu reduzieren. Insgesamt liegt der Höhepunkt der Schwierigkeiten jedoch in der Vergangenheit, und die russische Wirtschaft hat sich angepasst. Wir werden uns auf einer nachhaltigeren Plattform höherer Souveränität weiterentwickeln.

Als Reaktion auf all diese Herausforderungen könnten und sollten wir – und wahrscheinlich in erster Linie – die Bürokratie bei der Regulierung von Unternehmen noch weiter abbauen und diese unterstützen, um die Handlungsfreiheiten bei ihren wirtschaftlichen Aktivitäten zu erhöhen.

Fjodor Lukjanow: Herr Prochanow, wir gehen nicht an Ihnen vorbei.

Alexander Prochanow: Herr Präsident, sehr oft fragen uns Ausländer: „Was können Sie Russen der modernen Welt bieten? Wo sind Ihre Nobelpreisträger? Wo sind Ihre großen Entdeckungen, industriellen und wissenschaftlichen Errungenschaften?“ Meine Kollegen antworten oft: „Nun, was ist mit der großartigen russischen Kultur? Puschkin? Andrei Rubljow (russ. Ikonenmaler 1360 – 1430)? Russische Ikonen? Die wunderbare russische Architektur?“ Sie sagen: „Aber das war alles Vergangenheit. Wie wäre es mit heute?“

Als ich Ihnen heute zuhörte, dämmerte mir, was Russland der Welt bieten kann: Russland kann eine Religion der Gerechtigkeit anbieten, denn diese Religion, dieses Gefühl ist das Herzstück der gesamten russischen Kultur und der russischen Selbstaufopferung. Und heute bringt Russland dieses Opfer, im Grunde steht es alleine vor dem Rest der Welt, der grausamen westlichen Welt, und führt diesen Kampf für Gerechtigkeit. Das ist der enorme Beitrag, den das heutige Russland zur globalen Zivilisation und Kultur leistet. Denn sogar diese alten, traditionellen Werte, über die wir gesprochen haben, und Rubljow, die Traditionen der russischen Ikonenmalerei, und noch einmal, die wunderbare russische Novgorod-Pskov-Architektur und das erstaunliche Goldene und Silberne Zeitalter – sie alle sprachen über Gerechtigkeit. Im Kern der russischen Zivilisation liegt die Gerechtigkeit.

Vielleicht sollten wir die aktuelle russische Ideologie zu einer Religion der Gerechtigkeit machen?

Wladimir Putin: Wir haben vier traditionelle Religionen, ich denke, das reicht.

Fjodor Lukjanow: Wir könnten eine fünfte haben.

Wladimir Putin: Das war natürlich ein Witz.

Wenn es darum geht, etwas zu machen … Wissen Sie, ich verfolge Ihre Arbeit, Ihr Schreiben und wenn ich Zeit habe, lese ich gerne, was Sie schreiben und sagen. Natürlich weiß ich, dass Sie ein echter russischer Patriot im gefälligsten, besten und weitesten Sinne des Wortes sind.

Aber ich bin mir nicht sicher, ob wir irgendjemandem absichtlich irgendetwas anbieten sollen.

Wissen Sie, Sie haben gerade gesagt, dass wir für andere Völker Opfer bringen. Ich werde hier mit Ihnen streiten. Wir opfern nichts. Wir arbeiten daran, unsere Souveränität zu festigen, und das ist in unserem eigenen Interesse. Zuallererst wird durch die Stärkung unserer finanziellen und wirtschaftlichen Souveränität die Grundlage für unser zukünftiges Wachstum gelegt – technologisches, pädagogisches und wissenschaftliches Wachstum.

Ob wir Nobelpreisträger haben oder nicht … Wann hat Zhores Alferov (1930 – 2019; Nobelpreisgewinner Physik 2000) seine Erfindung gemacht? Dafür wurde er nach 30 Jahren – oder wie vielen? – mit dem Nobelpreis ausgezeichnet. Ist das alles, was zählt? Der ehemalige Präsident der Vereinigten Staaten wurde mit dem Nobelpreis ausgezeichnet. Ist das ein Indikator für echte Leistung? Bei allem Respekt vor dem Nobelkomitee und dem Gewinner dieses bemerkenswerten Nobelpreises, ist das der einzige Indikator?

Die Wissenschaft macht Fortschritte. Wir müssen unser Bestes tun, um sicherzustellen, dass die Erträge aus der Grundlagenforschung und angewandten Wissenschaften für unsere Entwicklung um Größenordnungen höher liegen, und wir werden dies erreichen. Heute erleben wir eine bedeutende und bemerkenswerte Umstrukturierung des Forschungspersonals. Unsere Wissenschaft ist auf dem besten Weg, eine der jüngsten der Welt zu werden.

Offensichtlich haben die Vereinigten Staaten mit ihrem Wettbewerbsvorteil als globaler Finanzmonopolist alles aus der ganzen Welt wie ein Staubsauger aufgesaugt, einschließlich Forscher und Kreative. Auch dies wird ein Ende haben, wenn der Dollar sein Monopol als Weltwährung verliert, was wir heute erleben.

Sie sehen, was wir tun, spricht viele Länder und Völker an. Unsere westlichen „Partner“ scheuen keine Mühe, Russland zu verleumden, zu demütigen oder seine Interessen zu ignorieren. Wenn wir für unsere Interessen kämpfen und dies offen, ehrlich und, seien wir ehrlich, mutig tun, so ist diese Tatsache an sich, dieses Beispiel an sich, höchst ansteckend und attraktiv für Milliarden von Menschen auf diesem Planeten.

Sie können russische Flaggen in vielen afrikanischen Ländern sehen, in einigen dieser Länder. Das Gleiche passiert in Lateinamerika und Asien. Wir haben viele Freunde. Wir müssen niemandem etwas aufzwingen. Es ist nur so, dass viele Menschen – Politiker und einfache Bürger – müde sind, unter externem Diktat zu leben. Genug ist genug, die Leute haben es satt. Und wenn sie ein Beispiel unseres Kampfes gegen dieses Diktat sehen, stellen sie sich intern und extern auf unsere Seite. Und diese Unterstützung wird weiter gehen.

Fjodor Lukyanov: Herr Präsident, dieses Mal ist viel über Forschung gesprochen worden. Ich denke, eines der interessantesten Gremien befasste sich mit Möglichkeiten, Wissenschaft und Technologie unter diesen Umständen zu entwickeln.

Ruslan Yunusov ist hier im Publikum. Er präsentierte ein sehr interessantes Bild.

Ruslan Yunusov: Danke.

Heute vertrete ich Rosatom und den Valdai Club.

Herr Präsident, Sie haben die richtigen Worte zur Forschung gesagt. Wir sehen, dass die Unterstützung für die Wissenschaft in Russland in den letzten 20 Jahren erheblich gewachsen ist, und das Mega-Beihilfe-Programm hat es ermöglicht, Dutzende moderne Labors in Russland zu eröffnen.

Auf der anderen Seite sehen wir als Wissenschaftler jedoch, dass die meisten Professoren, die diese Labors eröffnet haben, nie nach Russland gekommen sind, um dort zu leben und Vollzeit zu arbeiten. Ich kann verstehen, warum es schwer ist, sich zu behaupten. Was wir hier haben, ist ein Mega-Stipendium für fünf Jahre, aber dann hat man eine lebenslange Anstellung als Professor. Dies wäre wirklich in Betracht zu ziehen.

Andererseits haben wir gestern während des Panels über unsere chinesischen Kollegen gesprochen, die in den letzten 20 Jahren bahnbrechende Sprünge in der Wissenschaft erbrachten. Heute haben sie nicht nur ihre Wissenschaftler zurückgebracht, sondern nehmen in vielen Bereichen Spitzenplätze ein.

Hier haben wir es mit Quanten zu tun, und ich möchte sagen, dass wir uns bewusst sind, dass der leistungsstärkste Quantencomputer heute in China steht, nicht in den Vereinigten Staaten, und die größte Anzahl von Quantenpatenten von China veröffentlicht wird, nicht von den Vereinigten Staaten.

Aber andererseits haben wir in Russland auch Programme, die viele Labore zusammenbringen. Das Quantenprojekt, das Quantencomputerprojekt umfasst 20 wissenschaftliche Gruppen, 15 Universitäten und Institute der Akademie der Wissenschaften. Aber wir arbeiten nach Fünfjahresplänen.

Ich denke, dass wir heute unter erhöhten Druck geraten sind, da unsere wissenschaftliche und technologische Souveränität herausgefordert wird. Vielleicht ist jetzt der richtige Zeitpunkt, strategische Projekte zu formulieren und den Planungshorizont auf 10 oder 20 Jahre auszudehnen.

Vielen Dank.

Wladimir Putin:    Ja, ich stimme Ihnen zu – je höher der Horizont, desto besser, und je weiter der Horizont, desto besser. Wir müssen uns die positiven Beispiele in anderen Ländern ansehen, ebenso wie die unserer Freunde und Partner, einschließlich der Volksrepublik China. Sie haben im Laufe der Jahre unter der Führung von Präsident Xi Jinping, der diesem Thema viel Aufmerksamkeit schenkt, viel getan – nicht nur für die Entwicklung der Wissenschaft, sondern auch für die Entwicklung Chinas im Allgemeinen und der chinesischen Wirtschaft sowie für die Verbesserung zum Wohlergehen des chinesischen Volkes. Ich weiß das, weil wir mit ihm sehr freundschaftlich verbunden sind.

Natürlich können wir prüfen und umsetzen, was Ihnen dabei hilft, konkrete Ergebnisse zu erzielen. Was die Mega-Stipendien betrifft, so haben sie in der Tat eine positive Rolle gespielt, und in der nächsten Phase, die wir jetzt durchführen, geht es nicht nur um Forschung und die Einrichtung separater Labors, sondern um die Schaffung akademischer Gemeinschaften junger Wissenschaftler. Das ist im Wesentlichen die Zukunft dieser Mega-Grants (Beihilfen).

Ich stimme denen zu, die diesen Prozess initiiert haben. Wir tun es: (an Andrej Fursenko gewandt) Nicht wahr, Herr Fursenko?

Wir werden dies auch weiterhin tun.

Sie haben gesagt, niemand bliebe: Manche Leute kommen hierher und arbeiten, obwohl sie woanders offiziell angestellt sind, und sie verbringen die meiste Zeit in Russland; es gibt ziemlich viele solche Leute. Das sind unsere ehemaligen Landsleute und nicht nur ehemalige, sondern unsere Landsleute, die irgendwo im Ausland beschäftigt sind, aber regelmäßig zum Arbeiten nach Russland kommen.

Wissen Sie, die Wissenschaft hasst wie die Kunst künstliche Grenzen und Beschränkungen. Die Menschen müssen sich frei fühlen, und wir werden niemanden hier einsperren, aber wir werden jeden willkommen heißen, der in Russland arbeiten möchte. Insgesamt ist uns das gelungen und wir werden diesen Weg weiter gehen.

Sie sollten recht haben, wenn Sie sagen, dass wir längerfristige Planungshorizonte brauchen. Wir vergeben jetzt Mega-Stipendien für fünf Jahre, nicht wahr? Natürlich können wir sie verlängern. Diese Fragen hängen von der Haushaltsfinanzierung ab, aber dies kann getan werden. Jedenfalls sind wir heute in der Lage, den Horizont weiter zu verlängern.

Was Sie über Menschen sagen, die im Ausland arbeiten und lebenslange Arbeitsverhältnisse verfügen, das ist nicht typisch – weit gefehlt. Sie sind selbst Wissenschaftler und wissen, dass man sich nach Ablauf eines mehrjährigen Vertrages noch von Ihnen verabschieden kann. Also all das gibt es dort auch nicht für Ihr ganzes Leben. Aber die Gelegenheit, Ihre Muttersprache zu sprechen und mit Ihrer Kultur in Kontakt zu sein, bleibt lebenslang.

Daher muss sowohl Kulturschaffenden wie auch Wissenschaftlern Wahlfreiheit eingeräumt werden. Wir müssen attraktivere Bedingungen schaffen, als sie im Ausland angeboten werden. Dies ist kein einfacher Prozess. Wir gehen diesen Weg und erzielen Ergebnisse, und wir werden uns weiter in diese Richtung bewegen, einschließlich – wahrscheinlich haben Sie recht – Bemühungen, um eine Verlängerung des Planungshorizonts zu erreichen.

Fjodor Lukyanov: Bitte, Herr Wang Wen.

Wang Wen: Danke. Mein Name ist Wang Wen, ich bin Professor am Chongyang Institute, Renmin University in China.

Tatsächlich habe ich dieses Mal mehr als 20 Städte in Russland besucht und viele Artikel geschrieben, um den Chinesen vom wahren Russland zu erzählen, denn in China gibt es viele Menschen, die sich für Russland interessieren und besonders sich um Sie und Ihre Sicherheit sorgen. Meine Frage ist also: Ich weiß, dass Sie viel Druck und Belastung erfahren. Fühlen Sie sich geängstigt, nervös oder unruhig, besonders unter der Bedrohung aus dem Westen? Haben Sie ein neues Russland geschaffen oder hat Russlands Geschick Sie erschaffen? Was möchten Sie den Chinesen sagen und wie kommentieren Sie die vergangenen zehn Jahre der russisch-chinesischen Beziehungen? Was sind Ihre Vorhersagen und Erwartungen für die Zukunft der Beziehungen zwischen Russland und China? Ich danke Ihnen sehr.

Wladimir Putin: Wissen Sie, bei meiner Arbeit denke ich nie daran, eine historische Leistung zu vollbringen. Stattdessen priorisiere ich, das zu tun, was getan werden muss und worauf wir nicht verzichten können. In diesem Sinne prägen die gegenwärtigen Umstände unseres Landes uns alle, mich eingeschlossen.

Apropos Angst, viele würden mich gerne sagen hören, dass ich Angst habe, aber wenn ich vor allem Angst hätte, würde ich nichts tun. Ich kann es mir nicht erlauben, mich in meiner Position von der Angst leiten zu lassen. Ich muss mich von den Interessen des Volkes Russlands und des russischen Staates leiten lassen, was ich tue und tun werde.

Ich werde tun, was ich zum Wohle meines Volkes und meines Landes für notwendig halte.

Die russisch-chinesischen Beziehungen haben in den letzten Jahrzehnten ein beispielloses Maß an Offenheit, gegenseitigem Vertrauen und Effektivität erreicht. China ist der größte Handels- und Wirtschaftspartner unseres Landes. Wir kooperieren in allen Bereichen. Im militärischen Bereich führen wir regelmäßig Übungen durch. In der Militärtechnologie genießen wir ein in der Geschichte unserer beiden Länder beispielloses Vertrauen. Gemeinsam fördern wir kulturelle und humanitäre Projekte und natürlich auch in der Wirtschaft.

Das größte Handelsvolumen Russlands findet mit China statt, und es wächst schnell und gewinnt an Dynamik, noch bevor die Sanktionen den Handel nach Asien und China verlagert haben.

Mein Freund Herr Xi Jinping und ich – er hat mich seinen Freund genannt und ich betrachte ihn als solchen – wir haben uns zum Ziel gesetzt, ein bestimmtes Handelsvolumen zu erreichen. Wir werden dieses Ziel sicherlich erreichen, da wir uns schneller als geplant darauf zubewegen.

Was unsere Haltung gegenüber China betrifft, so behandeln wir China und seine Menschen als Freunde und respektieren ihre Kultur und Traditionen zutiefst. Ich bin zuversichtlich, dass wir auf einem so soliden Fundament sicher weiter vorankommen können.

Fjodor Lukyanov: Herr Präsident, da wir gerade von der Befürchtung sprechen, die Herr Wang erwähnte, als Sie in diesem Frühjahr auf die Existenz des Nuklearfaktors hinwiesen, waren einige Leute nervös, weil sie sich daran erinnerten, was Sie hier auf unserer Jahrestagung vor vier Jahren gesagt haben. Sie haben gesagt, dass wir alle in den Himmel kommen würden, aber wir haben es nicht eilig, dort anzukommen, richtig? (Lachen.)

Sie haben gesagt, aufgehört zu haben zu denken: Das ist beunruhigend.

Wladimir Putin: Ich habe es absichtlich getan, um Sie ein wenig zu beunruhigen. Mission erfüllt. (Lachen.)

Fjodor Lukjanow: Ich verstehe. Vielen Dank.

Mohammed Ihsan, bitte.

Mohammed Ihsan: Ich bin Professor Mohammed Ihsan aus der Region Kurdistan im Irak. Ich bin so froh, hier zu sein, Herr Präsident, wirklich.

Ich habe eine direkte Frage an Sie: Das Thema dieser Sitzung ist posthegemoniale Weltgerechtigkeit und eine Sicherheit für alle. Glauben Sie zum jetzigen Zeitpunkt, dass die Kurden in vier Teilen Kurdistans in Zukunft mehr, bessere Sicherheit und mehr Gerechtigkeit erfahren werden? Wenn es Ihnen nichts ausmacht, näher darauf einzugehen.

Und, wie Sie sagten, in Mittelamerika und Afrika ist die russische Flagge überall zu sehen. Sie haben Menschen, die Russland lieben und unterstützen. Sie stellen sicher, dass Sie auch im Nahen Osten viele Unterstützer und viele Liebhaber für Russland und nur für Präsident Putin haben. Vielen Dank.

Wladimir Putin: Vielen Dank für den letzten Teil. Es gibt Fahnen in europäischen Ländern und in den USA übrigens auch, dort haben wir viele Unterstützer. Übrigens hält ein großer Teil der US-Bevölkerung an traditionellen Werten fest, und die sind mit uns, das wissen wir.

Was die Kurden betrifft, habe ich bereits gesagt, nicht in Bezug auf die Kurden, sondern allgemein auf alle Völker: Natürlich müssen wir einen Interessenausgleich anstreben. Nur wenn ein Interessenausgleich erreicht wird, kann Frieden nachhaltig sein, auch im Falle des kurdischen Volkes.

Fjodor Lukjanow: Herr Staris, bitte machen Sie weiter.

Constantin Staris: Danke.

Guten Abend.

Constantin Staris, Republik Moldau. Ich vertrete natürlich die parlamentarische Opposition, weil unsere Regierung, leider für unser Land und unser Volk, weiterhin andere Ziele für ihre Auslandsreisen bevorzugt. Infolgedessen gingen heute in Kischinau die Lichter aus, fast ein totaler Stromausfall. Aber das wollte ich nicht sagen.

Ich habe eine Frage, aber zuerst muss ich eine Pflicht erfüllen. Herr Präsident, Sie haben so nett über Ihre Familie gesprochen, dass ich mir diese Gelegenheit nicht entgehen lassen kann: Ich habe zwei Kinder, sie sind acht und zehn, beide Schüler des Puschkin-Lyzeums in Kischinau. Sie baten mich, Sie zu begrüßen, und ich konnte mir dieses kleine väterliche Vergnügen nicht versagen. Also, hallo von Alexandra und Gavril aus Kischinau.

Wladimir Putin: Danke.

Constantin Staris: Jetzt meine Frage.

Sie sagten in Ihrer Rede, dass zwangsläufig neue Modelle der Interaktion zwischen Ländern und Regionen entstehen würden. Vielleicht ist es in diesem Zusammenhang sinnvoll, auf die Idee zurückzukommen, die Sie bereits 2001 geäußert haben, über einen einzigen wirtschaftlichen, humanitären und kulturellen Raum, der sich von Wladiwostok bis Lissabon erstrecken würde?

Wir, Moldauer unterschiedlicher ethnischer Herkunft, würden uns freuen, dies auf der Tagesordnung zu sehen, denn für uns ist es immer schwierig, zwischen gut und gut, zwischen Europa und Russland zu wählen. Für uns wäre es ein vielversprechendes Projekt und ein Licht am Ende des Tunnels.

Aber ist das möglich in der Welt, die wir dabei sind zu erbauen, in der Post-Konflikt-Welt, in einer Welt ohne Hegemon, Weltpolizist oder dominante Macht?

Danke!

Wladimir Putin: Ist es möglich, einen gemeinsamen humanitären und wirtschaftlichen Raum oder gar eine Region zu schaffen, um Sicherheit für alle zu gewährleisten, die auf diesem riesigen Megakontinent von Lissabon bis Wladiwostok leben? Natürlich ist es das. Die Hoffnung stirbt zuletzt. Es ist nicht unsere Idee. Richtig, damals hieß es „bis zum Ural“. Später änderte ich diese Idee von unseren französischen Kollegen und ehemaligen französischen Führern und erweiterte sie „bis Wladiwostok“.

Wieso? Weil Menschen, die jenseits des Urals leben, von derselben Kultur durchdrungen sind, was das Wichtigste ist.

Heute finden komplexe, schwierige und tragische Entwicklungen statt. Aber im Allgemeinen, warum nicht? Insgesamt kann man sich so etwas durchaus vorstellen. Ich denke, es würde so oder so stattfinden.

Ich habe darüber in meinen Bemerkungen über Eurasien als Ganzes gesprochen, einschließlich des europäischen Teils. Wissen Sie, was wirklich wichtig ist? Es ist wirklich wichtig – ich möchte auf meine Bemerkungen zurückkommen – dass der europäische Teil seine Rechtsfähigkeit wiedererlangt.

Wie spreche ich mit einem bestimmten Partner, wenn er nichts entscheiden kann, ohne jedes Mal das „regionale Parteikomitee“ in Washington anzurufen und nach dem Weg zu fragen?

Tatsächlich passiert das im echten Leben.

Ich erinnere mich, dass ein Führer zu Beginn der herausfordernden Ereignisse im Zusammenhang mit Syrien ankam. Ich hatte ein Treffen mit ihm. Wir einigten uns darauf, was und wie wir im Detail vorgehen wollten. Ganz konkret: Ich werde dies, dies und dies tun.

Von Moskau ging er nach Washington. Als er nach Paris zurückkehrte, vergaß er alles, als hätten wir uns auf nichts geeinigt. Wie sollte ich mit ihm reden? Worüber?

Wir trafen konkrete Vereinbarungen, wohin die Flotte verlegt würde, was wir tun würden und wie wir uns einigen könnten. Wir sind nicht dagegen. Wir sind alle dafür. Und wir haben eine Einigung erzielt, einen Deal.

Wie sollen wir mit denen reden? Was bringt es, mit denen zu reden? Besser wäre es Washington direkt anzurufen und es fertig zu kriegen. Ich erfinde nichts, verstehen Sie?

Natürlich verteidigt Europa seine Interessen, vor allem in der Wirtschaft, aber dann wieder halbherzig. So erfolgen die Gaspipeline-Explosionen. Dies sind nicht unsere Pipelines: Dies sind paneuropäische Pipelines. Fünf europäische Unternehmen sind Teil von Nord Stream 1. Na und? Alle schweigen, als wäre alles ein Geschäft wie immer. Sie haben sogar die Frechheit zu behaupten, dass Russland es in die Luft gesprengt hätte. Russland hat sich selbst in die Luft gesprengt. Haben sie den Verstand verloren oder was? Nein, sie machen weiter.

Gazprom veröffentlichte Fotos aus dem Jahr 2016, die, glaube ich, einen in den USA hergestellten Sprengsatz unter dem Pipelinesystem zeigen. Sie behaupteten, sie hätten es während Übungen verloren. Sie verloren so passend einen Sprengsatz, dass er direkt unter die Pipeline rutschte. Ich denke, der Zweck des Geräts war es, Unterwasserminen zu zerstören. Schau, hier ist das Foto.

Die internationalen Medien schweigen darüber; niemand sandte eine Meldung aus; alles versandete und war nirgendwo zu sehen: Weder online noch im Fernsehen. Dies ist ein weiterer Fall der Monopolisierung der Medien, um das zu fördern, was sie brauchen, und alles zu eliminieren, was ihnen im Weg steht. Es gibt es, aber niemand spricht ein Wort darüber.

Deshalb ist es natürlich notwendig, diesen gemeinsamen Raum von Lissabon bis Wladiwostok in jeder Hinsicht zu schaffen. Das geht aber nur mit Wahlberechtigten. Ich will niemanden provozieren oder beleidigen, aber so ist es, das ist die heutige Realität. Trotzdem halte ich es aus historischer Sicht für möglich.

Ich habe dies bereits erwähnt, werde es aber noch einmal sagen: Helmut Kohl sagte mir einmal, dass die Vereinigten Staaten ihre Angelegenheiten, auch in Lateinamerika, irgendwann in der Zukunft selbst regeln würden, dass sich Asien auf seine eigene Weise stark entwickeln würde und wenn die europäische Zivilisation als globales Zentrum bestehen bleiben wollte , sollte es auf jeden Fall mit Russland zusammenarbeiten. Das war die Position von Helmut Kohl. Anscheinend hat die derzeitige Führung der Bundesrepublik andere Ansichten, aber dies bleibt die Wahl der europäischen Länder.

Ich möchte jedoch auf das zurückkommen, womit Sie begonnen haben. Sie sagten, in Kischinau gingen die Lichter aus. Es ist unklar, warum sie ausgegangen sind, aber wir haben sicherlich nichts damit zu tun.

Wissen Sie, warum ich darüber spreche? Denn Russland wird immer alles vorgeworfen – irgendwo gehen die Lichter aus, irgendwo ist eine Toilette verstopft – sorry, irgendwo geht was anderes kaputt – Russland ist immer an allem schuld. Erinnern Sie sich an eine Frage aus einem bekannten Film: Was geschah mit der Kapelle aus dem 12. oder einem anderen Jahrhundert? Haben wir die auch zerstört? Nein, Gott sei Dank, haben wir nicht. Aber ich möchte Ihnen etwas sagen, und es ist vollkommen wahr. Bei Gesprächen mit Vertretern der moldawischen Regierung über den Gasverkauf hat Gazprom eine sehr pragmatische, marktorientierte Position zu einem Erdgasvertrag mit Moldawien bezogen.

Moldauische Vertreter stimmten der Position von Gazprom nicht zu und bestanden auf Preispräferenzen. Gazprom sträubte sich und später kontaktierte mich Herr Miller, erklärte seine Position und sagte, er halte sie für richtig. Ich habe ihn gebeten, Moldawien auf halbem Weg entgegenzukommen, in Anbetracht der wirtschaftlichen und finanziellen Leistungsfähigkeit des moldauischen Staates. Ich sagte ihm, dass diese Preise aus Marktsicht fair wären, aber Moldawien es sich nicht leisten könne, sie zu zahlen. Wenn sie nicht zahlen können, was machte es dann für einen Sinn?

Er stimmte mir nicht ganz zu, hörte aber, was ich sagte. Gazprom kam der moldauischen Regierung auf halbem Weg entgegen und unterzeichnete einen Gasliefervertrag zu den von der moldauischen Regierung festgelegten Bedingungen.

Es gab viele Details in diesem Deal, aber ich möchte das Publikum nicht langweilen, weil es wahrscheinlich niemanden außer Ihnen interessiert. Die Angaben bezogen sich auf Schulden, laufende Zahlungen und eine bestimmte Anzahlung. Insgesamt ist Gazprom Moldawien preislich auf halben Weg entgegenkommen. Bezahlen müssen sie natürlich. Es scheint mir, dass dies vollkommen offensichtlich ist.

Es tut mir leid, dass die Dinge in Moldawien so weit kamen, dass es keinen Strom mehr gibt, aber das ist nicht unsere Schuld.

Fjodor Lukyanov: Herr Präsident, Sie haben Europa erwähnt. Es gab eine interessante Episode vor zwei Monaten oder vielleicht noch davor, als sich herausstellte, dass, als Sie kurz vor Beginn der militärischen Sonderoperation mit Präsident Macron sprachen, Journalisten in seinem Büro waren. Der Anruf wurde über die Freisprecheinrichtung übertragen und alles aufgezeichnet. Ein etwas ungewöhnliches Format. Okay, das ist nicht das erste Mal. Wie denken Sie über solche Dinge?

Wladimir Putin: Negativ. Ich glaube, es gibt bestimmte Kommunikationsformate zwischen Staatsoberhäuptern, die eingehalten werden müssen, sonst verliert der Partner an Glaubwürdigkeit. Es ist nichts Falsches daran, dass sich Medienvertreter mit dem, was wir diskutieren, vertraut machen. Alles, was Sie zu tun hätten, wäre die andere Partei darüber zu informieren – das ist alles.

Fjodor Lukjanow: Haben sie das getan?

Wladimir Putin: Natürlich nicht. Bei Telefonaten, auch über sichere Kommunikationswege, gehen wir immer davon aus, dass es sich um vertrauliche Gespräche handelt, die nicht öffentlich gemacht werden sollen, oder wenn dies der Fall wäre, sollten die Parteien dies im Voraus vereinbaren. Wenn dies einseitig geschieht, ist dies natürlich nicht gut.

Fjodor Lukjanow: Wenn Herr Macron Sie anruft, werden Sie fragen, wer mit ihm im selben Raum ist?

Wladimir Putin: Nein.

Fjodor Lukjanow: Warum? Vielleicht sollten Sie.

Wladimir Putin: Weil ich jetzt davon ausgehe, dass jemand zuhört.

Fjodor Lukjanow: Ich verstehe (Lachen).

***

Übersetzung aus dem Russischem: Unser Mitteleuropa

Wird mit Teil III fortgesetzt.

Teil I – Rede W. Putin, Valdai Forum, Moskau: Hier

 

 

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