Der designierte US-Präsident Donald Trump wird in zwei Monaten sein Amt antreten und beschäftigt sich aktiv mit der Zusammenstellung seiner Regierung. Obwohl der US-Senat Trumps Nominierungen für die künftige US-Regierung noch bestätigen muss, bevor diese ihre Arbeit aufnehmen können, beeinflussen Trumps Entscheidungen bereits jetzt die Weltpolitik.
Vergangene Woche nominierte Trump den pensionierten Armeegeneral Keith Kellogg als Sondergesandten für die Ukraine und Russland. Kelloggs Kandidatur für diesen Posten habe die ukrainische Führung bis zu einem gewissen Grad beruhigt, schreibt die Zeitschrift Politico. Denn Kellogg hat öffentlich befürwortet, dass jede Initiative für die Beendigung des Ukraine-Krieges Sicherheitsgarantien für die Ukraine umfassen müsse, um einen dauerhaften Frieden sicherzustellen und eine weitere Invasion durch Russland zu verhindern.
Außerdem unterstützte Kellogg die Entscheidung des scheidenden US-Präsidenten Joe Biden, Kiew den Einsatz von US-Langstreckenraketen zu genehmigen, um Ziele auf russischem Staatsgebiet anzugreifen. Laut Kellogg habe dies Trump "mehr Druckmittel gegeben".
Im Gegensatz zu Kellogg haben mehrere von Trumps Anhängern Bidens Entscheidung scharf kritisiert. Richard Grenell, der in Trumps erster Amtszeit stellvertretender Direktor des Inlandsgeheimdienstes war, schrieb auf X: "Niemand hat damit gerechnet, dass Joe Biden den Krieg in der Ukraine während dem Übergang der Amtsgeschäfte eskalieren würde. Das ist so, als ob er einen ganz neuen Krieg anzetteln würde." Donald Trumps ältester Sohn, Donald Trump Jr., beschuldigte Biden, dass er den Dritten Weltkrieg auslösen wolle, bevor sein Vater "die Chance hat, Frieden zu schaffen und Leben zu retten". In dieser Hinsicht weist Politico darauf hin, dass Kellogg der Mann sei, mit dem der ukrainische Präsident Wladimir Selenskij und sein Team zusammenarbeiten könnten.
Selenskij gewöhne sich bereits geschickt an die sich verändernde Politik in Washington und in Europa, indem er Bereitschaft zeige, sich an den Verhandlungstisch zu sitzen, so die Zeitschrift. Gerade zu dieser Haltung hätten seine Partner in den USA den ukrainischen Staatschef gedrängt. Andernfalls riskiere er, Trumps Zorn zu erregen.
Genau das habe Selenskij in einem jüngsten Interview mit dem britischen Fernsehsender Sky News erklärt, das Politico nicht weniger als "eine Meisterklasse in geschickten diplomatischen Manövern" bezeichnet. Selenskij sei bereit für einen Waffenstillstand mit Russland, aber unter der Bedingung, dass die NATO die von Russland nicht kontrollierten Gebiete der Ukraine beschütze. "Wenn wir die heiße Phase des Krieges beenden wollen, sollten wir das Territorium unter den Schutzschirm nehmen, den wir unter Kontrolle haben", sagte Selenskij. "Das müssen wir schnell tun. Und dann kann die Ukraine die anderen Gebiete auf diplomatischem Wege zurückerlangen."
Politico weist darauf hin, dass Selenskij in dem Interview mit Sky News zum ersten Mal angedeutet habe, Kiew könnte bereit sein, Gebiete abzugeben. Was die Mitgliedschaft in der NATO angehe, sei es unwahrscheinlich, dass Trump einen NATO-Beitritt der Ukraine befürworte. Russland habe wiederholt deutlich gemacht, dass es einem NATO-Beitritt der Ukraine niemals zustimmen werde.
Aber vielleicht hatte Selenskij in seinem Interview eine andere Botschaft, schreibt Politico. Selenskijs Äußerungen hätten scheinbar eher darauf abgezielt, seine Bereitschaft zu zeigen, verschiedene Optionen in Betracht zu ziehen. Der ukrainische Staatschef habe deutlich gemacht, dass er mit Trump unter vier Augen verhandeln wolle. "Ich möchte mit ihm Ideen austauschen und von ihm hören", sagte Selenskij.
Kiew wisse, dass man sich an die Veränderungen in der US-Politik anpassen und darauf achten müsse, sich bei Trump nicht unbeliebt zu machen, erklärte der ehemalige ukrainische Außenminister Dmitri Kuleba in einem Interview mit Politico. Deswegen betone Selenskij die Bedeutung diplomatischer Lösungen, so Kuleba. "Hören Sie sich seine jüngsten Interviews an, in denen er sagt: 'Wir müssen nach diplomatischen Lösungen suchen', 'wir müssen die Krim diplomatisch zurückgewinnen', 'wir sind nicht stark genug, um unsere Grenzen von 1991 wiederherzustellen'. Das sind Botschaften an Trump", so Kuleba.
Der ehemalige Minister vermute, dass Trump schnell handeln werde, um den Krieg zu beenden, betonte aber, dass "weder Selenskij noch Putin an einer schnellen Lösung interessiert sind, weil sie beide glauben, dass dies auf ihre Kosten gehen würde".
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