Stromnetz am Limit – Chef der Bundesnetzagentur warnt vor Notfallmaßnahmen

Der Präsident der Bundesnetzagentur, Klaus Müller, äußerte sich in einem Interview mit der Frankfurter Allgemeinen Zeitung am 16. November 2024 besorgt über die Stabilität des deutschen Stromnetzes.

Die Herausforderungen, vor denen das Land steht, sind vielfältig und dringend: Der Ausbau erneuerbarer Energien verläuft rasend schnell, doch die dafür notwendige Anpassung der Strominfrastruktur hält nicht Schritt.

Besonders der rasche Zuwachs von Solar- und Windenergie erhöht den Druck auf die Netzbetreiber und könnte ohne Gegenmaßnahmen zu erheblichen Störungen führen. In diesem Kontext warnt Müller vor der Notwendigkeit potenzieller Notfallmaßnahmen, sollte die Situation außer Kontrolle geraten (faz: 17.11.24).

Ausbau erneuerbarer Energien belastet die Netzinfrastruktur

Müller betont, dass die Versorgungssicherheit Deutschlands auf dem Spiel steht, falls der Netzausbau nicht zügig vorangetrieben wird. „Es droht Stress im Stromnetz“, so der Behördenchef.

Er macht klar, dass die derzeitigen Entwicklungen drastische Konsequenzen nach sich ziehen könnten, sollten keine Sofortmaßnahmen zur Stabilisierung der Infrastruktur umgesetzt werden. Ohne entsprechende Anpassungen könnten Notfallmaßnahmen bald die einzige Option sein, um das Netz zu entlasten. (Wie lange dauert es bis die Stromversorgung nach einem Blackout wieder hochgefahren ist?)

Netzbetreiber schlagen seit Monaten Alarm

Netzbetreiber wie 50Hertz und Amprion warnen bereits seit Monaten vor den drohenden Überlastungen des Stromnetzes. Ein Beispiel: Im Juni 2024 machte 50Hertz deutlich, dass die derzeitigen Netzkapazitäten an ihre Grenzen stoßen, insbesondere in Regionen, in denen die Erzeugung erneuerbarer Energien besonders stark zugenommen hat.

Das Unternehmen berichtete, dass die Frequenzstabilität des Netzes gefährdet sei und dass in einigen Fällen Eingriffe innerhalb von Sekunden nötig wären, um den drohenden Blackout zu verhindern.

Diese sogenannten Redispatch-Maßnahmen, bei denen konventionelle Kraftwerke hoch- oder heruntergefahren werden müssen, verursachen enorme Kosten und zeigen die Dringlichkeit des Problems.

Amprion, einer der größten Übertragungsnetzbetreiber, beschreibt eine ähnliche Situation: Immer häufiger müsse man aktiv eingreifen, um plötzliche Spannungsschwankungen zu bewältigen.

Der Netzanbieter warnte davor, dass diese Eingriffe allein in der ersten Jahreshälfte 2024 im Vergleich zu den Vorjahren stark angestiegen sind. „Wir erleben eine Situation, in der immer häufiger kurzfristige Lösungen herangezogen werden müssen, um das System stabil zu halten“, so ein Sprecher von Amprion.

Doch diese Maßnahmen seien keineswegs nachhaltig und könnten im Ernstfall auch nicht mehr ausreichen.

Gefährliche Notfallmaßnahmen könnten erforderlich werden

Klaus Müller unterstreicht, dass ohne den beschleunigten Ausbau der Netzinfrastruktur und den Bau neuer Kraftwerke gravierende Notfallmaßnahmen notwendig werden könnten.

Zu diesen Maßnahmen gehören unter anderem die Drosselung der Einspeisung erneuerbarer Energien, um das Netz zu entlasten, und in extremen Fällen kontrollierte Lastabschaltungen.

Solche Abschaltungen könnten besonders energieintensive Industrien treffen, was sowohl wirtschaftliche Schäden als auch politische Kontroversen nach sich ziehen könnte. Diese Notfallmaßnahmen seien nicht nur teuer, sondern könnten langfristig auch das Vertrauen in die Energiewende erschüttern.

Eine solche Entwicklung wäre fatal, denn die Akzeptanz der Energiewende ist eine der entscheidenden Säulen für ihren Erfolg. Kritiker könnten diese Engpässe als Beweis dafür anführen, dass der Ausbau erneuerbarer Energien schlecht durchdacht ist, was den politischen Diskurs zusätzlich erschwert.

Müller mahnt daher, dass es kein Zögern mehr geben dürfe. Deutschland müsse sich auf die Herausforderungen vorbereiten, die der Strukturwandel mit sich bringe.

Der Netzausbau als Schlüssel zur Energiewende

Die Bundesnetzagentur fordert daher eine umfassende Beschleunigung des Netzausbaus. Neben dem Neubau von Stromleitungen müsse auch die Modernisierung der bestehenden Infrastruktur zügig vorangetrieben werden.

Zudem sei es unabdingbar, zusätzliche Kraftwerke zu errichten, die als flexible Backup-Lösungen einspringen können. Diese könnten helfen, kurzfristige Engpässe zu überbrücken, wenn erneuerbare Energiequellen witterungsbedingt nicht genügend Strom liefern.

Zugleich müsse die Digitalisierung der Netze vorangetrieben werden, um die Effizienz und Steuerbarkeit zu verbessern. Moderne Steuerungssysteme könnten helfen, die Energieflüsse besser zu lenken und die Auslastung des Netzes optimal zu steuern.

Doch all dies erfordert Investitionen und vor allem eine enge Zusammenarbeit zwischen Politik, Netzbetreibern und der Industrie. Ohne diese Kooperation könnten die Energiewende und die Versorgungssicherheit massiv in Gefahr geraten.

Die Situation zeigt: Der Erfolg der Energiewende hängt nicht nur davon ab, wie schnell erneuerbare Energien ausgebaut werden, sondern auch davon, ob es gelingt, das Stromnetz zukunftssicher zu machen.

Netzbetreiber und die Bundesnetzagentur appellieren gleichermaßen an die Verantwortlichen, jetzt zu handeln, bevor es zu spät ist. Andernfalls könnten Notfallmaßnahmen bald zur neuen Realität werden.

Die nächsten Monate werden entscheidend sein, um die Weichen für eine stabile und nachhaltige Energiezukunft in Deutschland zu stellen.

Quellen: PublicDomain/blackout-news.de am 23.11.2024

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