Online-Werbung: Weiteres US-Monopolverfahren rückt Google auf die Pelle

Lange Zeit hat Google den Markt für Online-Werbung beinahe uneingeschränkt kontrolliert. Diese Vormachtstellung gerät nun beträchtlich ins Wanken. Ein US-Gericht hat Google bereits zu einem illegalen Monopolisten erklärt. Ein weiteres US-Verfahren sägt nun an der Dominanz im Adtech-Bereich.

Die Dominanz von Google könnte sich dem Ende nähern. (Symbolbild) – Alle Rechte vorbehalten IMAGO / Levine-Roberts

Googles Dominanz auf digitalen Werbemärkten kommt in schwere Bedrängnis. Im Sommer hatte ein US-Bundesgericht das IT-Unternehmen zu einem Monopolisten in bestimmten Marktsegmenten erklärt, eine Aufspaltung des Marktführers erscheint von Tag zu Tag wahrscheinlicher.

Ein illegales Monopol soll Google auch bei der Technologie besitzen, mit der es täglich Abermilliarden an Werbeanzeigen vermittelt und ausliefert. Dem US-Justizministerium zufolge soll das inzwischen in Alphabet umbenannte Unternehmen die Übernahme des Werbeanbieters DoubleClick im Jahr 2008 genutzt haben, um mit unlauteren Mitteln seine Dominanz auszubauen und abzusichern.

Nur drei Wochen hat das Gerichtsverfahren gedauert, mit der die US-Regierung die Vormachtstellung Googles in diesem Markt brechen will. Am Montag lieferten die Anwaltsteams ihre Schlussplädoyers vor dem Bundesgericht in Virginia ab. Das Urteil der Richterin wird in den kommenden Monaten erwartet. Auch hier könnte ein erzwungener Verkauf von Geschäftsbereichen die Folge sein.

Google „korrumpiert“ Wettbewerb

Eingereicht hatte das US-Justizministerium, gemeinsam mit einer Reihe an Bundesstaaten, die Klage Anfang des Vorjahres. Demnach missbrauche Google seine Marktmacht und korrumpiere legitimen Wettbewerb auf dem Online-Werbemarkt, heißt es in der Klageschrift. Das Unternehmen betreibe eine „systematische Kampagne“, um die Kontrolle über weite Teile von Hightech-Werkzeugen zu erlangen, mit der Herausgeber, Werbetreibende und Makler digitale Werbung abwickeln.

Gemeint ist damit der sogenannte Adtech-Sektor. Der befeuert das zentrale Geschäftsmodell des heutigen Internets: Bei nahezu jedem Aufruf einer Website oder jedes sonstigen Internetdienstes, der sich über Online-Werbung finanziert, beginnt im Hintergrund eine Auktion. Praktisch in Echtzeit handelt das System automatisiert die am besten passende Anzeige zum jeweiligen Nutzer aus, meist auf Basis des zuvor aufgezeichneten Verhaltens im Netz. 13 Milliarden solcher Anzeigen werden laut Anklageschrift in den USA täglich verkauft, der jährliche Umsatz beträgt rund 20 Milliarden US-Dollar.

Steigende Preise und sinkende Innovation

In diesem Markt hat sich Google breitgemacht und hält dabei alle Fäden in der Hand. Das Unternehmen kontrolliert, mit welchen Tools Werbeplätze und Anzeigen angeboten, gebucht, versteigert und letztlich ausgeliefert werden. Potenzielle Konkurrenz werde im Keim erstickt, auch mit „wettbewerbsschädigenden, ausgrenzenden und rechtswidrigen“ Mittel, wirft das Justizministerium dem Unternehmen vor. Seine Dominanz nutze Google dazu, Diensteanbieter und Werbetreibende von der Nutzung von Konkurrenzprodukten abzuhalten, Wettbewerber würden tunlichst aufgekauft.

Dieser Missbrauch der Monopolstellung hätte steigende Preise und sinkenden Innovationsdruck zur Folge. Google leite Transaktionen auf seine eigenen Ad-Tech-Produkte um, wo das Unternehmen überhöhte Gebühren verlange und sich „damit auf Kosten der Werbetreibenden und Publisher, die es angeblich bedient, die eigenen Taschen füllt“. Künstlich erhöhte Markteintrittsbarrieren würden die Zahl der Anbieter und Produkte senken und fairen Wettbewerb verhindern.

Entflechtung scheint unumgänglich

Das Verfahren berührt indes nur einen Teil von Googles Aktivitäten im Werbebereich. Insgesamt soll die Adtech-Abteilung des Unternehmens der New York Times zufolge jährlich 31 Milliarden US-Dollar abwerfen. Die Dominanz von Google können augenscheinlich selbst die hochkarätigen Anwaltsteams, die einem der reichsten Unternehmen der Welt zur Verfügung stehen, nicht glaubwürdig abstreiten.

Auch das parallel laufende Verfahren im District of Columbia hatte eine Monopolstellung und missbräuchliche Geschäftspraktiken von Google festgestellt. Dort trifft es die allgemeine Online-Suche und Text-Werbung neben Suchergebnissen. Auf dem Tisch liegt nun mindestens eine mögliche Abspaltung des Browsergeschäfts. Darüber kontrolliert der Anbieter den Zugang zum Internet und zur Online-Suche.

Die tief ineinander verschränkte Vormachtstellung des Werbeunternehmens hatte auch in Europa Behörden auf den Plan gerufen. Eine Sektoruntersuchung des Bundeskartellamts hatte Google eine außerordentlich starke Marktposition attestiert, und auch die EU-Kommission hat diverse Verfahren gegen den Marktführer eingeleitet. Strukturelle Maßnahmen wie eine Entflechtung beziehungsweise Zerschlagung, wie sie viele schon seit langem fordern, haben sich von einer fast utopischen Forderung zu einer praxisgerechten Konsequenz entwickelt.

Zuletzt musste die EU jedoch eine gerichtliche Niederlage hinnehmen. Obwohl die Richter:innen die meisten Feststellungen der EU-Kommission bestätigen konnten, sei nicht hinreichend nachgewiesen, dass Google bei Suchmaschinen-Werbung im Dienst „AdSense for Search“ seine beherrschende Stellung missbraucht habe.


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