Am Donnerstag, dem 9. Januar, um 19 Uhr findet auf Twitter ein Live-Talk zwischen dem Faschisten Elon Musk und der Rechtsextremistin Alice Weidel statt. Bereits seit längerem versucht der Oligarch Musk, auf den deutschen Wahlkampf Einfluss zu nehmen und die verfassungsfeindliche AfD zu stärken. In diesem Artikel wird näher beleuchtet, wer Alice Weidel ist, warum sie nicht einfach eine harmlose Plauder-Partnerin ist, welche extremen Ansichten sie vertritt und von wem sie sich gelegentlich bezahlen lässt. Das ist wichtig, da sie sich bei öffentlichen Auftritten gern selbst verharmlost.
Alice Weidel ist eine führende Politikerin der rechtsextremen AfD, die seit 2017 im Deutschen Bundestag sitzt und ihre Partei bei mehreren Bundestagswahlen als Spitzenkandidatin repräsentiert hat. Zuvor arbeitete sie als Analystin bei Goldman Sachs, schrieb eine Doktorarbeit über das chinesische Rentensystem und war unter anderem bei Allianz Global Investors sowie in verschiedenen Beratungsfunktionen tätig. Seit 2022 ist sie gemeinsam mit Tino Chrupalla Bundessprecherin der AfD. Damit hat sie sich in der Parteispitze langfristig etabliert, obwohl sie gegen eine Reihe von kritischen Schlagzeilen kämpfen musste: Ein angebliches Beschäftigen einer syrischen Asylbewerberin als Haushaltskraft ohne Anmeldung, eine E-Mail-Affäre mit rassistischen und verschwörungsideologischen Inhalten oder dubiose Auslandsspenden in ihrem Wahlkampf sind nur einige Beispiele, die offenbar für AfD-Wähler vollkommen akzeptabel sind.
Auch ihre politische Rhetorik wandelt immer wieder am Rande der Volksverhetzung. Sie wettert regelmäßig gegen Migranten, stachelt mit Vorurteilen über Muslime oder Geflüchtete an und verbreitet Desinformation zum Klimawandel und zur Pandemiepolitik. Zudem pflegt sie Kontakte und Überschneidungen mit dem ultrarechten Milieu, wie ihr Besuch beim inzwischen aufgelösten, gesichert rechtsextremen Institut für Staatspolitik und die Anstellung rechtsextremer Mitarbeiter zeigen. Kritiker warnen daher seit Langem, dass Weidel als Co-Fraktionsvorsitzende der AfD einen autoritären, ausgrenzenden Kurs salonfähig mache – während sie selbst gerne auf ihren vermeintlich bürgerlichen Anschein pocht.
Ist der Talk eine illegale Parteispende aus dem Ausland?
Bei dem Talk in einem sogenannten „X-Space“ könnte es sich womöglich sogar um eine illegale Parteispende handeln, vermutet auch Lobbycontrol. Denn der Talk wird “voraussichtlich deutlich breiter ausgespielt werden als Beiträge von regulären User:innen”, was man sich auf Twitter normalerweise teuer erkaufen muss. Was Musk hier betreibt, könnte durchaus politische Werbung sein und Wahlwerbung durch Dritte gilt als Parteispende. Parteispenden aus dem Nicht-EU-Ausland (hier: USA) sind sogar verboten, wenn sie mehr als 1.000 Euro betragen (Bundestag, S. 10).
Noch dazu gab es in der Vergangenheit Berichte, dass Elon Musk seine eigenen Tweets im Algorithmus künstlich mehr Menschen ausspielen lässt. Datenanalysen zeigen, dass Musk auf X eine geradezu unglaubliche Reichweite hat.
Wenn Gerichte dieser Argumentation folgen, könnte der Live-Talk zwischen den beiden Rechtsextremen juristische Konsequenzen haben. Noch ist unklar, wie die Bundestagsverwaltung die noch relativ neue Drittkampagnen-Regelung anwenden wird. Zumindest wäre es nicht die erste illegale Parteispende für die AfD.
Klar ist hingegen, wofür Weidel politisch steht. Sie versucht, die deutsche Geschichte rund um den 2. Weltkrieg umzudeuten, es ist ihr egal, dass die AfD rechtsextreme Mitarbeiter beschäftigt und ihren Rassismus versucht sie erst gar nicht zu verstecken. Sie ist eben nicht die gemäßigte Alternative der AfD, sie ist genauso extrem wie die restliche Partei. Wir schauen auf die Details.
Umdeutung der deutschen Geschichte
Beginnen wir damit, wie Alice Weidel es mit der deutschen Geschichte hält. Mit Blick auf die Shoah redet sie nämlich von einem “Schuldkult”, der in Deutschland herrsche.
Doch was hat es mit dem Begriff auf sich? “Schuldkult” wurde schon von der NPD und anderen verwendet, um Geschichtsrevisionismus zu betreiben, also eine Umdeutung der deutschen Geschichte rund um die Nazi-Zeit. Die Erinnerungskultur zu den Verbrechen des NS-Regimes soll so abgewertet, NS-Verbrechen verharmlost werden.
Darum ging es auch in einer mutmaßlichen E-Mail-Korrespondenz, die Weidel immer wieder um die Ohren fliegt. In einer Mail von 2013 soll sie – sich auf die deutsche Regierung beziehend – geschrieben haben:
„Der Grund, warum wir von kulturfremden Voelkern wie Arabern, Sinti und Roma etc. ueberschwemmt werden, ist die systematische Zerstoerung der buergerlichen Gesellschaft als moegliches Gegengewicht von Verfassungsfeinden, von denen wir regiert werden.“
Und weiter:
“Diese Schweine sind nichts anderes als Marionetten der Siegermaechte des 2. WK und haben die Aufgabe, das dt Volk klein zu halten indem molekulare Buergerkriege in den Ballungszentren durch Ueberfremdung induziert werden sollen.”
Der Ton der Mail erinnert stark an Reichsbürger-Narrative. Bis heute weigert sich Weidel, eine eidesstattliche Erklärung abzugeben, dass die E-Mail nicht von ihr stammt.
Illegale Parteienfinanzierung
Wir wissen noch nicht, ob der Talk mit Antisemit Musk eine illegale Parteispende aus dem Ausland ist. Den Sachverhält klärt aktuell die Bundestagsverwaltung. Es wäre allerdings nicht das erste Mal, dass Alice Weidel illegal Spenden aus dem Ausland erhält.
Das Verwaltungsgericht Berlin urteilte 2021, dass die AfD eine Sanktionszahlung in Höhe von 396.000 Euro zahlen muss, der dreifache Wert der Spende, die also (gestückelt) 132.000 Euro betrug. Es handelte sich um eine anonyme Spende von zwei Unternehmen aus der Schweiz an Weidels Kreisverband der AfD Bodenseekreis. Anonyme Spenden von mehr als 500 Euro sind jedoch nicht erlaubt. Dies bestätigte das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg 2023. Die Strafe hatte zuerst die Bundestagsverwaltung verhängt.
Rechtsextreme (Ex-)Mitarbeiter
Nach dem von Correctiv aufgedeckten Geheimtreffen von Rechtsextremen in Potsdam trennte sich Weidel von ihrem damaligen Referenten, Roland Hartwig, der ebenfalls an dem Treffen teilgenommen hatte, offiziell “im beiderseitigen Einvernehmen”. Hartwig war nicht nur irgendein Referent – Medienberichten zufolge war er Weidels “rechte Hand”. Offenbar versuchte Weidel, mit seiner Entlassung die Wogen nach der Correctiv-Recherche zu glätten.
Bei anderen rechtsextremen Mitarbeitern der AfD ist Weidel deren Gesinnung wohl weniger wichtig. Ein BR-Bericht aus dem vergangenen Jahr deckte auf, dass “die AfD-Fraktion und ihre Abgeordneten mehr als 100 Mitarbeiter , die in vom Verfassungsschutz als rechtsextrem eingestuften Organisationen aktiv sind. Unter ihnen befinden sich demnach Aktivisten aus dem Umfeld der „Identitären Bewegung“, ideologische Vordenker aus der „Neuen Rechten“ und mehrere Neonazis.”
Weidel sagte: Eine Einstufung als rechtsextrem “interessiert mich überhaupt nicht, weil es ein Werturteil ist”. Allgemein sei der Verfassungsschutz für sie keine unabhängige Behörde. Die Berichte zu den rechtsextremen Mitarbeitern versucht sie zu diskreditieren: “Das, was Journalisten schrieben, sei „Grütze“. „Das ist alles so dummes Zeug.“”
Einerseits einen Mitarbeiter entlassen, vermutlich weil er sich mit Rechtsextremen vernetzt hat, andererseits Berichte zu rechtsextremen Mitarbeitern als “dummes Zeug” abzuspielen: Alice Weidel steckt manchmal voller Widersprüche. Dahinter steckt wohl der Versuch, den braunen Anstrich der Partei etwas zu überspielen oder womöglich auch die Angst vor einem Parteiverbot. Lange muss man aber nicht suchen, um zu verstehen, wie offen rassistisch sie ist.
Aus dem Büro von Alice Weidel wurden außerdem die Kontaktdaten des Rechtsextremisten Steve Bannon weiterverschickt, am Ende landeten diese bei dem Putschisten Prinz Reuß, dessen Terror-Gruppe plante, den Bundestag zu stürmen.
Weidels Sprecher Daniel Tapp war ein Kontakt von Michael S., der sich für die Preppergruppe “Zuflucht” auf einen Rassenkrieg vorbereitete. In geleakten Nachrichten von Michael S. an Tapp beschreibt Michael seine damalige Arbeit in der Landtagsfraktion Sachsen-Anhalt als “hitleristisch”.
Offener Rassismus
Ihren Rassismus zeigte sie schon 2018 im Bundestag, als sie Geflüchtete “alimentierte Messermänner” nannte und muslimische Mädchen “Kopftuchmädchen”. Dass sie bewusst provozieren möchte, rechtfertigt sie so: „Die Polarisierung ist ein Stilmittel, um Debatten anzustoßen“. Von einer konstruktiven Debatte ist Weidel jedoch schon immer entfernt gewesen. Wie die TAZ schreibt:
“In einem Gastbeitrag in der Jungen Freiheit bezeichnet sie den Islam als „archaische Kultur“, warnt vor „der Islamisierung unserer Gesellschaft“ und schreibt: „Das muslimische Gemeinwesen ist einzig und allein auf die Errichtung eines Gottesstaates ausgerichtet.“ Deshalb dürfe es für den Islam „keine prinzipielle Religionsfreiheit“ geben. In einem Interview fordert sie gar, das Kopftuch zu verbieten. Dass Religionsfreiheit ein grundgesetzlich verbrieftes Recht ist, hält sie nicht zurück.”
All das sagte sie schon lange, bevor sie zur AfD-Kanzlerkandidatin wurde. Sie hat sich in puncto Migration und Islam also nicht erst kürzlich radikalisiert. Sie war von Anfang an radikal. Niemand kann nach der Wahl sagen, dass man nicht wusste, wofür Weidel eigentlich steht.
Alice Weidel’S Russlandpolitik
Alice Weidel macht die Ukraine für den russischen Angriffskrieg gegen das Land verantwortlich. Schuld sei die mangelnde Neutralität des Landes. Fakt ist jedoch, dass sowohl Scholz als auch Baerbock Putin vor dem Angriffskrieg zugesichert haben, dass es auf absehbare Zeit keinen NATO-Beitritt der Ukraine geben wird. In einer Maischberger Sendung leugnete Weidel, dass Putin ein Diktator wäre und weckte Zweifel an Kriegsverbrechen wie den kurz zuvor entdeckten von Russland ermordeten Toten in den Massengräber in Isjum (Ukraine).
Auch wirklich wahr: In Russland wurden Polizisten mit einer Rede von Alice Weidel indoktriniert. Weidel hatte in ihrer Ansprache die deutsche Regierung scharf kritisiert und vor einer Eskalation der Beziehungen zu Russland gewarnt. Das wird nun genutzt als Bestätigung für die Notwendigkeit, auf einen möglichen Krieg mit westlichen Ländern vorbereitet zu sein.
Fazit
Die rechtsextreme AfD schickt ihre Bundessprecherin Alice Weidel gern vor, da sie auf den ersten Blick harmloser wirkt als beispielsweise der Faschist Björn Höcke oder auch Maximilian Krah, der die SS verharmloste. Man darf sich aber nicht davon täuschen lassen, dass Alice Weidel als ehemalige Goldman Sachs-Bankerin und Frau an der Parteispitze nicht dem klassischen Neonazi-Stereotypen entspricht.
Gerade weil sie weiterhin Spitzenämter in der Partei bekleidet, stellt Alice Weidel eine Gefahr für die Demokratie dar. Denn weil die Annahme der illegalen Spenden keine ernsthaften Konsequenzen für ihre politische Karriere hatten, können autoritäre Kräfte aus dem Ausland schlussfolgern, dass in Deutschland (laut aktuellen Umfragen) bis zu 20 % der Leute eine Partei wählen würden, deren Spitzenpersonal ihr Geld annehmen würde.
Versucht Elon Musk nun ebenfalls, auf Einkaufstour in der deutschen Politik zu gehen? Jedenfalls ist das Interview für ihn eine gute Chance, seinen Einfluss noch weiter zu erhöhen. Und Alice Weidel steht am Ende vielleicht trotz ihrer Relativierungen des deutschen Faschismus, der früheren Anstellung rechtsextremer Mitarbeiter und ihres offenen Rassismus gar nicht so schlecht da, neben dem Antisemiten und Rechtsextremisten Musk. Ein win-win für amerikanische sowie deutsche Extremisten. Nur die Demokratie wird weiter leiden – in beiden Ländern.
Artikelbild: photocosmos1, nitpicker
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