Nach ersten Gerüchten – Habeck übernimmt doch nicht das Finanzministerium

Bundeskanzler Olaf Scholz hat den FDP-Vorsitzenden und Bundesfinanzminister Christian Lindner am Mittwochabend entlassen.

Die Hauptstadtmedien berichteten am Donnerstagmorgen, dass die Spitzen der rot-grünen Regierung planen, dass nach dem Ende der Ampel bis auf Weiteres Wirtschaftsminister Robert Habeck den Finanzposten übernehmen wird. Kurze Zeit später erfolgten umgehende Dementis aus dem Kanzleramt. So informiert die Bild-Zeitung:

"SPD-Generalsekretär Matthias Miersch dementierte diese Meldung. 'Es wird einen anderen Minister geben', sagte er im ARD-Morgenmagazin. Wer es machen wird, sagte Miersch nicht."

Gegen 09:00 Uhr informiert dann die ARD-Tagesschau zu den vorerst jüngsten politischen Dynamiken innerhalb der Restregierung:

"Der Nachfolger von Finanzminister Christian Lindner wird nach Informationen des ARD-Hauptstadtstudios Jörg Kukies. Er ist bislang Staatssekretär im Kanzleramt und gilt als wichtiger Berater von Kanzler Scholz."

Bevor Kukies im Jahr 2021 in das Kanzleramt wechselte, war er Staatssekretär im Bundesfinanzministerium, geleitet vom vormaligen Finanzminister Olaf Scholz. Dazu heißt es in einem Artikel aus dem Jahr 2018:

"Rechnet man das hoch, dürften also die Aktien, die Blackrock für seine Kunden allein in den 30 DAX-Konzernen hält, auf etwa 5.000 Briefkastenfirmen verteilt sein. Ob Bundesfinanzminister Olaf Scholz davon schon gehört hat? Was sagt sein Staatssekretär Jörg Kukies dazu? Kukies war vormals bei Goldman Sachs – Blackrock ist dort Großaktionär."

Die Bild-Zeitung erfuhr zuvor, dass die Grünen damit "gleich drei der bislang vier FDP-Posten innerhalb der Bundesregierung übernehmen sollen, solange Bundeskanzler Olaf Scholz keine neuen Minister ernennt."

Zudem hieß es, dass Innenministerin Nancy Faeser vorläufig die Amtsgeschäfte im Justizministerium von FDP-Mann Marco Buschmann übernehmen könnte. Dazu informiert das Magazin Der Spiegel am frühen Morgen:

"Regierungskreise haben nun gegenüber dem Spiegel den Bild-Bericht dementiert. Unter anderem Verfassungsressorts wie etwa das Justizministerium und das Innenministerium dürfen demnach gar nicht von ein und derselben Person geleitet werden. Habeck bezeichnete die Bild-Recherche im Deutschlandfunk als 'Ente'. Das Finanzministerium strebe er demnach nicht an."

Mit der Entlassung von Christian Lindner waren auch die anderen FDP-Minister der Ampel zurückgetreten. Habeck äußerte sich am gestrigen Abend noch vor Journalisten zu den Hintergründen dieser Dynamik:

Von den vier Ministerposten, die von der FDP besetzt wurden, sollen nach bisherigen Plänen künftig zumindest zwei von Grünen-Politikern besetzt werden. So heißt es laut vorläufigen Informationen aus dem Kanzleramt:

"So vertritt die grüne Familienministerin Lisa Paus die liberale Bildungsministerin Bettina Stark-Watzinger, die Aufgaben von Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) übernimmt Umweltministerin Steffi Lemke (Grüne)."

Aus der hauptstädtischen Gerüchteküche berichtete die Bild-Zeitung wiederum, dass "Wissing möglicherweise Minister bleiben wird und zur SPD überlaufen könnte." Dieses Gerücht wurde dann noch im Verlauf des Morgens politische Realität. So titelt das Springer-Blatt:

"Nächster Ampel-Hammer: Wissing tritt aus FDP aus und bleibt Minister."

Der Bundeskanzler habe Wissing demnach "in einem persönlichen Gespräch" gefragt, ob er weiterhin Minister bleiben wolle, erklärte der nun Ex-FDPler in einer Pressekonferenz am Donnerstagmorgen, "er habe dies bejaht." Weiter heißt es:

"Das entspräche seiner Vorstellung von Verantwortung und er habe deswegen 'heute Morgen Christian Lindner meinen Austritt aus der Partei erklärt'."

Wissing erklärte zudem, dass er vorerst der Regierung als Parteiloser angehören wird. Noch in der Nacht zuvor veröffentlichte Habeck ein offizielles Video-Statement:

Die SPD-Vorsitzende Esken erklärte gegenüber dem Sender RTL den vermeintlichen Ablauf im Kanzleramt:

"Anderthalb bis zwei Stunden habe man verhandelt – am Ende stand Christian Lindners (FDP) Entlassung. Das Problem sei die FDP gewesen, so Esken: 'Dass wir nicht zu einer Lösung gekommen sind, lag nicht am Bundeskanzler.' Es sei besprochen worden, dass man es gemeinsam hinbekommen müsse, mit einem Haushalt, der auch durchfinanziert sei. Lindner habe den Vorschlag von Kanzler Olaf Scholz (SPD) abgelehnt, wegen des Ukrainekrieges ein Notlageverfahren einzuleiten. 'Und damit war für den Bundeskanzler die Notwendigkeit gegeben, zu sagen, gut: Dann müssen wir es ohne Sie machen', schilderte Esken. Das müsse der Finanzminister dann hinnehmen, 'und dann ist Lindner gegangen', so Esken."

Der Arbeitgeberverband Gesamtmetall hatte Bundeskanzler Olaf Scholz bereits am gestrigen Abend aufgefordert, umgehend die Vertrauensfrage zu stellen und damit den Weg für Neuwahlen freizumachen. "Deutschland braucht eine Wirtschaftswende. Dafür braucht es eine Richtungsentscheidung und handlungsfähige Mehrheiten", so Verbandspräsident Stefan Wolf gegenüber der Bild-Zeitung.

Die AfD-Spitze bezeichnete das Ende der Ampel als "Befreiung". Die Parteivorsitzende Alice Weidel forderte den Bundeskanzler Olaf Scholz im MDR auf, die Vertrauensfrage sofort zu stellen. Zuvor hatten bereits CDU-Chef Friedrich Merz und CSU-Chef Markus Söder dieselbe Forderung erhoben.

Scholz gab dann am späten Mittwochabend noch bekannt, dass vorgezogene Neuwahlen im März 2025 angestrebt würden. Esken betonte gegenüber RTL, dass sie fest damit rechne, dass Scholz erneut als Kanzlerkandidat antreten werde.

"Wir gehen gemeinsam in den Wahlkampf, und wir sind überzeugt, dass wir die Wahl auch gewinnen."

Mehr zum Thema - Nach Entlassung von Lindner: Scholz strebt Neuwahlen im März 2025 an

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