Die Kelten: Herrscher der Eisenzeit

Das Nachbarvolk der Germanen umgibt viele Geheimnisse und Mythen. Wie die Kelten wirklich waren und was ihre Kultur und Lebensart ausmachte, beschreibt der Historiker Ralph Hauptmann in seinem Standardwerk „Herrscher der Eisenzeit“, das nun in einer preiswerten Neuauflage erhältlich ist. Hier mehr erfahren.

Die Kelten, jene geheimnisvollen Bewohner der europäischen Eisenzeit, faszinieren uns bis heute. Ihre kulturellen Hinterlassenschaften, ihre Mythen und ihre Geschichte erscheinen uns oftmals wie ein verschlungenes Labyrinth, ein Mysterium – und doch finden sich Spuren jenes Nachbarvolkes der Germanen sogar heute noch in unserer Sprache. Von 

Der Begriff „Amt“ beispielsweise lässt sich auf das keltische Wort „ambaktos“ (Gefolgsmann) zurückführen. Im Englischen ist daraus „embassy“ geworden, im Französischen „embassade“ – beides bedeutet Botschaft, bezeichnet also die diplomatische Vertretung eines Landes am Regierungssitz eines anderen Landes.

Auch „Budget“ gab es schon zur Zeit der Kelten – sie nannten so einen Geldsack. Und sogar der Begriff „Eisen“ ist der keltischen Sprache entlehnt. Damals hieß das Metall „isarno“ – und bezeugte die Meisterschaft des Volkes bei der Eisenherstellung.

Erhaben, tapfer und stark

Der Ursprung des Namens „Kelten“ liegt im Dunkeln, doch die Geschichtsschreiber der Antike, darunter Herodot, Diodor, Cäsar und Strabon, berichten von einer entsprechenden Eigenbenennung der Bewohner Zentralgalliens. Möglicherweise leitet sich der Begriff von verschiedenen indogermanischen Wurzeln ab, etwa „ḱel“ (verbergen), „kel-“ (emporragen) und „kelh-“ (schlagen). (Die Germanen: Tapfer und unbeugsam)

 

Die Bedeutung jenes Ethnonyms wird, wie der Historiker Ralph Hauptmann in seinem Standardwerk „Herrscher der Eisenzeit. Die Kelten – auf den Spuren einer geheimnisvollen Kultur“ erläutert, als „die Mächtigen, Erhabenen, Starken“ oder „die Hohen, Hervorragenden“ interpretiert. Eine andere Theorie besagt, dass der Name auf einen Unterweltsgott (Dis Pater) zurückgeht, den die Gallier als verehrten.

Einseitiges Bild

Wie die Germanen waren die Kelten ein Volk der vielen Stämme und Stammesverbände. Ihr Siedlungsgebiet erstreckte sich über weite Teile Europas. Archäologische Funde belegen eine keltische Kultur, die von Südostengland, Frankreich und Nordspanien im Westen bis nach Westungarn, Slowenien, Nordkroatien und Anatolien im Osten sowie von Oberitalien im Süden bis zum nördlichen Rand der deutschen Mittelgebirge reichte.

Im heutigen Frankreich lebten viele Stämme, die von Cäsar als Gallier zusammengefasst wurden, in Süddeutschland und der heutigen Schweiz lebten die Helvetier, Sequanen und Rauriker und in der heutigen Türkei die Galater, um nur einige Beispiele zu nennen. Römische und griechische Autoren schrieben oft abfällig über die keltischen Völker, stellten sie als blutrünstige Barbaren dar, die grausame Opferriten pflegten.

So berichtet etwa der griechische Geschichtsschreiber Diodorus Siculus, der im ersten Jahrhundert vor Christus lebte:

„Die Köpfe der gefallenen Feinde hauen sie ab und binden sie ihren Pferden auf den Hals, die blutige Rüstung geben sie ihren Dienern und lassen sie unter Jubelgeschrei und Siegesliedern zur Schau tragen. Zu Hause nageln sie dann diese Ehrenzeichen an die Wand, gerade als hätten sie auf der Jagd ein Wild erlegt.“

Solche einseitigen Darstellungen kommen nicht von ungefähr. Schließlich wurden die Kelten seit ihren Angriffen auf Rom um 390 v. Chr und Delphi 279 v. Chr. als Feinde der zivilisierten Welt angesehen. „Es liegt in der Psyche des Römers, dass er alles als bedrohlich empfindet, was er nicht kontrollieren kann“, schreibt Hauptmann dazu in „Herrscher der Eisenzeit“.

 

Die Ursprünge des Keltentums

Ursprünglich stammen die Kelten aus der Zone nördlich der Alpen, aus einer Region zwischen Böhmen und Ostfrankreich. Von etwa 1250 bis 800 v. Chr. existierte dort die sogenannte Urnenfelderkultur – und es spricht einiges dafür, dass diese Menschen schon Keltisch gesprochen haben.

Aus jener Urnenfelderkultur entwickelte sich schließlich die Hallstattkultur (benannt nach dem Salzbergwerk in Hallstatt, Österreich), die laut „Herrscher der Eisenzeit“ ab circa 500 v. Chr. die eigentliche Keimzelle des Keltentums bildete.

Dort blühte die keltische Kultur zur Eisenzeit auf, wie Salzfunde, Handelsrouten und kunstvolle Grabbeigaben bezeugen. Später, in der Latène-Kultur (ab 450 v. Chr.), wanderten die Kelten aus ihren ursprünglichen Siedlungsgebieten aus und gingen bis nach Spanien und Anatolien reichten.

Die keltische Kunst war geprägt von filigranen Mustern, spiralförmigen Motiven und kunstvollen Metallarbeiten.

Ihre Musik und Poesie waren ebenso reichhaltig. Leider sind viele literarische Werke der Kelten verlorengegangen, doch einige Fragmente und Überlieferungen, die auch Hauptmann in seinem Standardwerk „Herrscher der Eisenzeit“ dokumentiert, geben uns Einblicke in ihre Denkweise. Die keltischen Geschichten wurden mündlich überliefert und umfassten epische Erzählungen, Heldenlieder und mystische Gedichte.

Eisen und Salz

Darüber hinaus waren die Kelten gewiefte Geschäftsleute. Schon sehr früh bildete sich in ihren Gebieten ein hoch entwickeltes Wirtschaftsleben heraus. Sie züchteten Schweine und Rinder, bauten Getreide und Hülsenfrüchte wie Linsen an. Ihre Äcker düngten sie sowohl auf natürliche Weise mit Viehmist als auch künstlich mit Mergel und Kalk. Der Schwerpunkt der keltischen Ökonomie lag allerdings in der Metallindustrie. Neben Kupfer und Zinn gewannen sie auch Gold und Silber.

Das wichtigste Metall war allerdings Eisen, das für tägliche Gebrauchsgegenstände, aber auch Waffen verwendet wurde. In „Herrscher der Eisenzeit“ schreibt Hauptmann:

„Ungefähr um 700 v. Chr. bricht das Eisenmonopol der anatolischen Hethiter zusammen. Knapp 100 Jahre später erreichen die Fähigkeiten, Eisen zu verhütten und zu bearbeiten, Südosteuropa. Die ersten Hochburgen der Eisenzeit südlich der Alpen entstehen dort, wo die notwendigen Rohstoffe vorhanden sind, in Slowenien und im nördlichen Kroatien.

Es dauert weitere lange 100 Jahre, bis auch nördlich der Alpen die Rohstoffe und vor allem die Kenntnisse zu ihrer Bearbeitet so weit verbreitet sind, dass man wirklich von einer europäischen Eisenzeit sprechen kann.“

Im 1. Jahrhundert vor Christus errichteten die Kelten wahre Großbetriebe zur Eisenverarbeitung. Ein weiterer wichtiger Rohstoff zu dieser Zeit war das Salz. Die Stollen von Hallstatt, was so viel wie „Salzstadt“ bedeutet, wurden bereits im 6. Jahrhundert vor Christus teilweise mehr als 200 Meter tief in die Erde getrieben.

Adel und Druiden

Fest steht: Von ihren antiken Nachbarn wurden die Kelten zuerst erst als geschäftstüchtige Händler und Kunsthandwerker geschätzt. Erst später wurden sie als Barbaren diffamiert und als Krieger gefürchtet. Ihren Priestern und Druiden wurden Weisheit und magische Fähigkeiten zugesprochen.

Cäsar berichtet in seinem Werk „De bello gallico“ über die Eroberung Galliens um 50 v. Chr., dass Druiden und adlige Krieger an der Spitze der dortigen Gesellschaft standen.

Erstgenannte seien nicht nur für die religiösen Riten zuständig gewesen, sondern hätten auch die Aufgaben von Lehrern und Richtern wahrgenommen. Ihr hohes Ansehen drückte sich laut Cäsar unter anderem dadurch aus, dass sie weder in den Krieg ziehen noch Steuern zahlen mussten.

All diese Facetten des Keltentums beleuchtet der Historiker Ralph Hauptmann in „Herrscher der Eisenzeit. Die Kelten – auf den Spuren einer geheimnisvollen Kultur“ – höchst anschaulich geschrieben, historisch genau recherchiert und angereichert mit bildhaft erzählten Szenen. Tauchen Sie ein in die Welt dieses geheimnisvollen und faszinierenden Volkes: Erfahren Sie, wie es lebte und arbeitete, entdecken Sie seine religiösen Kulte, lesen Sie alles über seine Kriege und seinen Untergang. Ein echtes Standardwerk (568 Seiten, zahlreiche Abbildungen, gebunden), das nun in einer preiswerten Neuauflage (12,95 Euro) erschienen ist. 

Rezension über das Buch:

Was ist so Besonderes an den Kelten, dass die Stadt Stuttgart sowohl im Kunstgebäude als auch im Alten Schloss gleichzeitig die zusammen größte Kelten-Ausstellung seit 30 Jahren präsentiert? Ralph Hauptmann gibt in seinem über 500 Seiten starken Wälzer unterhaltsam erzählend und wissenschaftlich fundiert Antworten darauf.

Dass die Ausstellung über 1300 Exponate zu den Kelten zeigt, heißt nämlich nicht, dass die Wissenschaft schon alles über sie weiß. Die Faszination liegt im Gegenteil. Die frühe Geschichte ist kaum dokumentiert. Um so willkommener ist mir die Darstellung von Ralph Hauptmann. In seine umfangreiche Übersetzung wissenschaftlicher Literatur streut er lebendige dokumentarische Geschichten über das Leben, Handeln und Kämpfen. Seine Kelten-Biographie beginnt vor langer, langer Zeit und endet in der Gegenwart, wo zeitgenössische Subkulturen wie die »Gothics« das vergleichsweise wenige Wissen um die Kelten auf ihre Weise deuten.

Von Irland bis Anatolien reichte der Einfluss der Kelten. Bei den Griechen galten sie als Barbaren wegen ihrer Hosen, ihres großspurigen Auftritts und ihres Goldbehangs. Als Händler waren sie geschätzt und als Krieger gefürchtet. Selbst Julius Caesar hatte keine Ahnung, mit wem er es wirklich zu tun hatte.

Waren die Kelten also ein Volk oder viele Völker? Beeinflussten Sie Europa mit Untergruppen, ganz so wie sie mit ihrer Guerilla-Taktik in kleinen, unabhängigen Grüppchen in die Schlacht zogen? Ralph Hauptmann kann nur so gründlich sein, wie es der aktuelle Forschungsstand erlaubt. Herausgekommen ist ein lebendiges, faszinierendes Buch über die »Herrscher der Eisenzeit«, die trotz allem geheimnisumwittert bleiben werden.

Ralph Hauptmanns Buch zeichnet sich für den geschichtsbegeisterten Laien dadurch aus, dass jeder neue Abschnitt mit einer lebendigen Szene beginnt, die Fantasie und somit Neugier weckt.

Der Klapptext des Buchs spricht die Wahrheit. Auf jede Szene folgen dann in lebendiger und anschaulicher Sprache die wissenschaftlich fundierten Fakten. Zudem verbinden diese wiederbelebten Szenen die einzelnen Teile des Buchs wie kleine Brücken. Der Autor lässt außerdem aus Film und Fernsehen Bekanntes gekonnt einfließen, z.B. die Frage, ob Caligula wirklich verrückt war. Somit hat der Leser stets einen Anhaltspunkt und kann die keltische Geschichte ganz leicht in den jeweils gegebenen geschichtlichen Rahmen (hier die Römerzeit) einordnen.

Es gab eine französische Zeichentrickserie (Il était une fois… l’Homme – Es war einmal der Mensch), an die mich dieses Buch so positiv erinnert. Die Zeichentrickserie mag für Kinder gedacht gewesen sein – das Buch ist meiner Einschätzung nach für jeden interessierten Leser ab dem Sekundarschulalter geeignet.

Besonders gefällt mir die übersichtliche Gliederung, sodass ich jeweils das herauspicken kann, was ich gerade erfahren möchte. Allerdings, und das mit einem Schmunzeln, kommt es dann immer wieder vor, dass ich mehr lese, als ich mir vorgenommen habe, weil Ralph Hauptmann so lebendig schreibt.
Nicht unerwähnt lassen möchte ich die Illustration des Buchs. Sie rundet das positive Bild sehr fein ab.

Meine Empfehlung: Wer die Kelten kennen lernen möchte, ohne sich auf die rein wissenschaftlichen (und teilweise sehr trocken dargelegten) Erkenntnisse zu beschränken, sollte das Buch unbedingt kaufen!

Zu guter Letzt: Viel der Literatur zu den Kelten ist nicht in deutscher Sprache verfügbar. Ralph Hauptmanns Buch macht auch diese Informationen dem deutschen Leser zugänglich.

Quellen: PublicDomain/compact-online.de am 19.06.2024

Getting new content in
:

Nur wer angemeldet ist, geniesst alle Vorteile:

  • Eigene Nachrichten-Merkliste
  • Eigener Nachrichtenstrom aus bevorzugten Quellen
  • Eigene Events in den Veranstaltungskalender stellen
M T W T F S S
1
 
2
 
3
 
4
 
5
 
6
 
7
 
8
 
9
 
10
 
11
 
12
 
13
 
14
 
15
 
16
 
17
 
18
 
19
 
20
 
21
 
22
 
23
 
24
 
25
 
26
 
27
 
28
 
29
 
30
 
31