Grenzüberwachung und -kontrolle: EU hat 3,5 Milliarden in Forschung zur Migrationsabwehr investiert

Mit maßgeblicher Beteiligung von Frontex hat die EU-Kommission in den vergangenen 17 Jahren mehr als 800 migrationsbezogene Projekte zur Sicherheitsforschung gefördert. Damit sollen die Außengrenzen technologisch auf den neuesten Stand gebracht werden.

Ein Mensch schaut auf einen Monitor
I-SEAMORE ist ein von Horizon Europe finanziertes Projekt, mit dem sich Überwachungsoperationen koordinieren lassen. – Alle Rechte vorbehalten I-SEAMORE (Screenshot, YouTube)

Seit 2007 hat die Europäische Kommission rund 3,5 Milliarden Euro in die Forschung und Entwicklung technischer Systeme zur Grenzüberwachung und Migrationsabwehr investiert. Mehr als 800 dieser Projekte wurden aus EU-Fonds für innere Sicherheit und Grenzmanagement gefördert – im Schnitt 4,4 Millionen Euro pro Projekt. Dies geht aus einer Präsentation hervor, die die Kommission kürzlich vor den 27 EU-Staaten in der Ratsarbeitsgruppe „Grenzen“ gehalten hat und die im Rahmen einer Informationsfreiheitsanfrage öffentlich wurde.

Die Investitionen fließen in Projekte zur Überwachung und Kontrolle der Außengrenzen der EU. Neben Unternehmen, Forschungseinrichtungen und Universitäten sind auch die EU-Grenzagentur Frontex und die Agentur für große IT-Systeme eu-LISA daran beteiligt. Zielgruppen der Forschungsförderung sind Polizei- und Küstenschutzeinheiten sowie Zollbehörden und der Katastrophenschutz, die teilweise selbst aktiv in die Projekte eingebunden sind.

In dem Ratsdokument nennt die Kommission drei zentrale Schwerpunkte für die geförderten Projekte: erstens die effizientere Überwachung der Außengrenzen, zweitens die sichere und vereinfachte Abwicklung des Grenzübertritts sowie drittens die Verbesserung der Zollprozesse und die Sicherung der Lieferketten.

Überwachung von Land- und Seegrenzen

Ein wesentlicher Teil der Investitionen richtet sich auf die Überwachung von Land- und Seegrenzen. Für Grenzschutzeinheiten, Küstenschutz und militärische Marinen wurden dazu unbemannte Systeme entwickelt, die an Land, in der Luft, auf See oder Unterwasser speziell in abgelegenen Grenzgebieten die frühzeitige Erfassung von Migrationsbewegungen gewährleisten sollen.

Sensoren und KI-gestützte Algorithmen sollen die Lageüberwachung und Reaktionsfähigkeit an schwierigen geografischen Grenzabschnitten verbessern, um „Menschenschmuggel“ und andere illegale Aktivitäten effektiv zu bekämpfen. Laut EU-Dokumenten sollen diese Systeme „Vorgrenzaufklärung“ („Pre-frontier Intelligence“) betreiben, also potenzielle Bedrohungen identifizieren. An den Landgrenzen betrifft dies vor allem Übergänge in Griechenland und Bulgarien zur Türkei.

Auch Such- und Rettungsoperationen auf hoher See zählen offiziell zu den Aufgaben der mit EU-Geldern entwickelten Überwachungssysteme. Durch die Hintertür werden sie aber zur völkerrechtswidrigen Zurückweisung von Geflüchteten in Folterstaaten wie Libyen benutzt.

Verbesserte Kontrollen an Grenzübergängen

Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf der Verbesserung der Einreisekontrollen an den Außengrenzen. Die Projekte richten sich an Grenzschutzkräfte, Zollbehörden und die Polizei und sollen durch neue Technologien die Erkennung, Identifikation und Überprüfung von Personen an den Außengrenzen optimieren.

Geplant ist zudem die Einführung von Ausgleichsmaßnahmen, die wegen neuer Kontrollsysteme mit biometrischem Abgleich entstehende Wartezeiten mithilfe automatisierter oder berührungsloser Verfahren reduzieren sollen. Dieses „risikobasierte“ Grenzmanagement beinhaltet auch eine verstärkte Sicherheit von Reise- und Identitätsdokumenten, die Betrugsversuche verhindern sollen. Daran ist auch die deutsche Bundespolizei beteiligt.

Gleichzeitig werden Risikoanalysen für Reisende insbesondere an Flughäfen ausgebaut, um die Effizienz des „risikobasierten“ Grenzmanagements zu erhöhen. Dies umfasst auch die Sicherung von Reise- und Identitätsdokumenten gegen Betrug. In einem weiteren Bereich der EU-geförderten Projekte liegt der Fokus auf der Zollkontrolle und der Sicherheit von Lieferketten. Techniken zur Röntgenanalyse etwa ermöglichen es Zollbehörden, ganze Lastwagen auf illegale Waren zu überprüfen und so Schmuggel zu verhindern.

Weitere EU-Töpfe zur Migrationsabwehr

Die Förderung erfolgte bisher im Rahmen mehrerer EU-Programme: dem 7. Forschungsrahmenprogramm (FP7), Horizon 2020 und dem aktuellen Programm Horizon Europe. Noch bis zum 20. November sollen sich Institutionen und Behörden im Rahmen des Horizon-Europe-Clusters „Zivile Sicherheit und Gesellschaft“ für eine neue Finanzierungsrunde bewerben.

Neben diesen Fördermitteln der Kommission stellen auch die EU-Agenturen wie Frontex und eu-LISA Gelder für Grenzüberwachung und -kontrolle bereit. Frontex investiert in neue Luftüberwachungstechnologien, etwa Stratosphärenplattformen. In Warschau organisiert Frontex außerdem regelmäßig „Industrietage“, auf denen Rüstungs- und Überwachungsfirmen ihre Technologien zur Migrationsabwehr präsentieren.

Hinzu kommen weitere Gelder, wenn die 27 EU-Mitgliedstaaten die moderne Technik einführen wollen. Die Kommission unterstützt die Regierungen dazu aus dem Fonds für integriertes Grenzmanagement, dem Fonds für die Innere Sicherheit sowie einem Instrument für Zollkontrollausrüstung.


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