Gerichtsprozess: Ist die deutsche Beteiligung am Ukraine-Krieg mit dem Grundgesetz vereinbar?

Von Felicitas Rabe

Am Mittwoch verhandelte das Verwaltungsgericht Köln über die Klage des Friedensaktivisten Hermann Theisen gegen das Bundesverteidigungsministerium. In seinem Antrag vom 1. Mai 2022 hatte das Mitglied der Deutschen Friedensgesellschaft – Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen (DFG-VK) eine Ausrichtung der "politischen, ministeriellen und behördlichen Tätigkeiten und Entscheidungen im Umgang mit dem Krieg in der Ukraine nach den Bestimmungen des Friedensgebotes des Grundgesetzes und der UN-Charta" eingefordert, so die Pressemitteilung der DFG-VK vom 26. September.

Zum Prozess erschien Theisen als Vertreter der Anklage ohne weiteren Rechtsbeistand und seitens des beklagten Verteidigungsministeriums nur Regierungsdirektor Lesar. Auch seitens des Verwaltungsgerichts fühlte sich Richter Schwark offensichtlich ohne weiteren personellen oder richterlichen Beistand berufen, über die Rechtmäßigkeit der deutschen Beteiligung am Ukraine-Krieg zu entscheiden.

Zu Beginn der Verhandlung fasste der Verwaltungsrichter die Klage inhaltlich zusammen: Mit Waffenlieferungen an die Ukraine und der Ausbildung ukrainischer Soldaten beteilige sich die Bundesrepublik am Krieg in der Ukraine. Damit verstoße sie laut dem Kläger gegen das im Grundgesetz und in der UN-Charta verankerte Friedensgebot. In der DFG-VK-Pressemitteilung zur Klagebegründung heißt es: "In seinem Antrag verwies Theisen auf die friedensfördernden und kriegsächtenden Bestimmungen des Grundgesetzes, die von den Vätern und Müttern des Grundgesetzes aufgrund der grauenhaften Erfahrungen der beiden Weltkriege überaus prominent in das Grundgesetz aufgenommen worden seien."

Seine Klage verstehe er deshalb als einen "Appell an die Bundesregierung zur strikten Einhaltung des Friedensgebotes des Grundgesetzes im Ukraine-Krieg, das sollte das Verwaltungsgericht Köln entsprechend würdigen und der Klage stattgeben, so der Friedensaktivist". Am 1. August hatte der Kläger flankierend einen Eilantrag zu seiner Klage gestellt. Dieser wurde am 19. Oktober 2022 abgelehnt. Unter Verweis auf die Ablehnung des Eilverfahrens erklärte der Verwaltungsrichter am Donnerstag, er schließe sich der Begründung der damaligen richterlichen Ablehnung des Antrags an. Er sehe keinen Grund, warum er jetzt in der Hauptverhandlung eine andere Entscheidung treffen solle.

In seiner Stellungnahme entgegnete Theisen, mit der Feststellung, dies sei alles schon im Eilantrag erledigt, mache der Richter es sich zu einfach. Außerdem habe er noch nie erlebt, so der Kläger, dass ein Beklagter in den Schriftsätzen nicht einmal Stellung nehme zu den Inhalten der Klage. Schließlich gehe es ihm darum, vor Gericht zu klären:

"Habe ich als Bürger ein Anrecht auf die Frage, ob meine Regierung sich wiederrechtlich an einem Krieg beteiligt?"

Insbesondere unter Berücksichtigung der Konsequenzen, die die deutsche Kriegsunterstützung der Ukraine – es handele sich um den zweitgrößten Unterstützungsbeitrag an diesem Krieg überhaupt – mit sich bringe. Und ihm gehe es auch um die Frage:

"Inwieweit habe ich als Bürger ein Anrecht darauf, dass ich nicht blindlings Gefahren ausgesetzt werde, die mich bei einer Kriegseskalation betreffen?"

Bei seiner Stellungnahme beantragte der Vertreter des Verteidigungsministeriums Klageabweisung. Schließlich benenne der Kläger in seinem Antrag keine konkreten Maßnahmen, wie das Friedensgebot des Grundgesetzes vom Beklagten zu befolgen wäre. Damit sei der Antrag des Klägers unbestimmt. Es sei unklar, was das Gericht überhaupt vollstrecken solle. Und nachdem wohl jeder Bürger eine andere Vorstellung vom Friedensgebot habe, handele es sich nicht um eine rechtliche, sondern um eine politische Frage. Diese werde vom Bürger an der Wahlurne entschieden.

Der Friedensaktivist beantragte Klage-Erweiterung: "Ich beantrage die Feststellung, dass mich die in der Klage genannten Beteiligungen an den Kriegen in der Ukraine in meinen in der Klage genannten Grundrechten verletzt." Welche Vorstellung er vom Friedensgebot habe, sei unbedeutend. Und dass es sich um ein unbestimmtes Rechtsgut handele, könne seiner Meinung nach nicht bedeuten, dass es keine Rolle spiele. Zudem sei es keineswegs vermessen, das Handeln des Verteidigungsministeriums in Frage zu stellen. Theisen führte aus:

"Die Frage, passt das noch alles zum Friedensgebot, darf man doch als Bürger mal zur Prüfung geben."

Er werde kein mündliches Urteil verkünden, erklärte Richter Schwark am Ende der Verhandlung. Das Urteil werde schriftlich zugestellt.

Mehr zum ThemaFriedensaktivist Heinrich Bücker über seinen Strafprozess und Anfeindungen aus linken Kreisen

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