"Geistige Brandbeschleunigung": Vergleich von Grünen mit Nazis laut ObLG Bayern strafbar

Das Bayerische Oberste Landesgericht (ObLG) hat die Revision gegen ein Urteil des Amtsgerichts Kulmbach bezüglich eines "Hasspostings" gegen die Partei Bündnis 90/Die Grünen in einem Beschluss vom September zurückgewiesen. Dies berichtet die Welt unter Berufung auf die beiden Gerichtsentscheide.

Das Amtsgericht hatte einen 62-Jährigen wegen Volksverhetzung zu einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu je 60 Euro verurteilt, weil dieser auf seiner Facebook-Seite eine Grafik verbreitet hatte. Auf der Grafik mit einem Reichsadler und einer Sonnenblume heißt es:

"Der Nazi von heute ist nicht braun, sondern grün!!! Grünes Reich – Sein Holocaust ist der Mord am eigenen Volk."

Das Amtsgericht sah darin eine Verharmlosung des Holocaust. Erstaunlich ist jedoch die vom Obersten Landesgericht unangefochtene Urteilsbegründung des Kulmbacher Amtsgerichts, in der es heißt: Da das Bild suggeriere, es erfolge durch die Grünen eine NS-Unrechtsherrschaft, werde damit "die Bevölkerung aggressiv emotionalisiert und eine Handlungsbereitschaft zu einem Kampf gegen die Partei geweckt".

Ein solches Unrecht würde "dazu motivieren und auch legitimieren, gegen den Verursacher der Verbrechen vorzugehen", heißt es weiter. "Der Bürger könnte sich dabei legitimiert sehen, gegebenenfalls auch gewaltsam gegen die Partei und ihre Mitglieder vorzugehen. Durch diese Emotionalisierung soll denjenigen, die ebenfalls die Politik der Partei ablehnen, eine Argumentation an die Hand gegeben werden, sich als legitime 'Widerstandskämpfer' gegen einen vermeintlich zutiefst gefährlichen Verbrecher zu fühlen und dadurch auch die Hemmschwelle bezüglich Gewaltakte gesenkt werden. Hierbei soll eine bereits aufgeheizte politische Situation ausgenutzt werden."

Das Gericht bezieht sich auch auf "verschiedene aggressive Aktionen gegen Vertreter der Partei Bündnis 90/Die Grünen", die "in jüngster Vergangenheit" zu beobachten gewesen seien. Konkret ging es um Wirtschaftsminister Robert Habeck, der im Januar aufgrund protestierender Bauern eine Fähre nicht verlassen konnte. Im Februar mussten die Grünen dann aufgrund von Protesten eine Veranstaltung zum politischen Aschermittwoch absagen (RT DE berichtete).

"In einer derart angespannten Stimmungslage ist die Rechtfertigung, einen vermeintlich erneuten Holocaust verhindern zu müssen, geeignet, als 'geistige Brandbeschleunigung' zu wirken und so die Gefahr gewaltsamer Ausschreitungen zu erhöhen, sodass eine Geeignetheit zur Friedensgefährdung besteht", heißt es im Urteil.

Der Antisemitismusbeauftragte der Bayerischen Justiz, Oberstaatsanwalt Andreas Franck, sagte der Welt am Sonntag dazu: "Die Entscheidungen dienen auch dem Schutz von Politikern. Der Post des Angeklagten liefert eine moralische Rechtfertigung für all jene, die sich politischen Entscheidungen notfalls mit Gewalt entgegenstellen wollen."

Ein Sprecher der Generalstaatsanwaltschaft München, die in dem Verfahren die Revision vertreten hatte, verwies auf "vielfältige Angriffe" gegen Grünen-Politiker zum Tatzeitpunkt. "Durch den Vergleich des Angeklagten erfolgte eine moralische Rechtfertigung derer, die sich gegen die Verantwortlichen der Grünen stellten", sagte er. "Diese Personen konnten sich – nach der Logik des Angeklagten – als engagierte, reflektierte Bürger fühlen, die sich einer drohenden Gefahr entgegenstellten."

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