Donald Trump: Was der FCC-Vorsitz mit der Meinungsfreiheit im Netz zu tun hat

Seit Jahren tobt der Kampf um Inhaltemoderation und damit die Meinungsfreiheit im Netz. Im Januar übernehmen die Republikaner in den USA die Macht. Dabei macht auch der frisch designierte Chef der Telekom-Aufsicht FCC klar: Online-Anbietern soll die Moderation auf ihren Diensten schwerer gemacht werden.

Der zum FCC-Chef vorgeschlagene Brendan Carr will Online-Diensten ihre Haftungsprivilegien wegnehmen. – Alle Rechte vorbehalten IMAGO / Newscom / AdMedia

Brendan Carr hält sich kaum zurück. Ein „Zensurkartell“ aus IT-Unternehmen wie Meta, Alphabet, Apple und Microsoft schränke die Meinungsfreiheit von US-Bürger:innen ein, schrieb der Republikaner letzte Woche an die Chefs der vier Unternehmen. Gemeinsam mit Faktencheckern und verwandten Medieninitiativen organisierte Werbeboykotte würden Medien in den finanziellen Ruin treiben, die vom „genehmigten Narrativ“ abwichen.

Damit liegt Carr voll auf Parteilinie. Und wird dafür belohnt: Am Wochenende hat der kommende US-Präsident Donald Trump den 45-jährigen als künftigen Chef der Telekom-Aufsicht FCC (Federal Communication Commission) nominiert. Carr, einst Berater des ehemaligen FCC-Chefs Ajit Pai und später leitender Jurist der Behörde, sitzt seit 2017 in der fünfköpfigen Kommission. Ab Ende Januar übernehmen dort wieder Republikaner das Sagen, Carr wird die Demokratin Jessica Rosenworcel an der Spitze ablösen.

„Kommissar Carr ist ein Kämpfer für die Meinungsfreiheit und hat gegen die regulatorische Kriegsführung gekämpft, die die Freiheit der Amerikaner beschnitten und unsere Wirtschaft behindert hat“, gab Trump in seiner Ankündigung die Richtung vor.

Realitätsabgleich unerwünscht

Seit Jahren wettert die US-amerikanische Rechte strategisch gegen alles, was ihre Auslegung der Realität beschädigen könnte. In seiner letzten Amtszeit reagierte Trump, mit der Wahrheit ohnehin auf Kriegsfuß, allergisch auf eine Überprüfung seiner Tweets. Im US-Repräsentantenhaus untersuchen Verbündete rund um den Abgeordneten Jim Jordan seit dem Vorjahr vermeintliche Online-Zensur der Biden-Regierung. Dem jüngsten Brief von Brendan Carr an die IT-Chefs fügte der Unternehmer und frischgebackene Regierungsberater Elon Musk auf seinem sozialen Netzwerk X hinzu: „Das Zensur- und Werbeboykottkartell muss jetzt beendet werden!“

Das hat Wirkung gezeigt. Reihenweise mussten US-Universitäten Abteilungen dicht machen, die zur Ausbreitung von Lügen im Netz geforscht hatten. Auch viele Online-Dienste haben den Wink mit dem Zaunpfahl verstanden, Facebook oder Youtube sind bei der Inhaltemoderation inzwischen wieder nachlässiger, als sie es noch vor wenigen Jahren waren.

Musk, der seine Übernahme von Twitter unter anderem mit dem Kampf für die Meinungsfreiheit begründet hatte, entließ gleich die für Sicherheit zuständigen Teams und baute den Dienst zur gut geölten rechten Propagandamaschine X um. Sogar die Werbekunden, die ihre Anzeigen nicht neben rechtsextremen Inhalten sehen wollten und reihenweise abgesprungen sind, scheinen zunehmend offen für eine Rückkehr auf den Kurznachrichtendienst.

Providerprivileg auf der Kippe

Die nächsten Schritte skizzierte nicht zuletzt Brendan Carr im Kapitel zu Telekommunikation, das er für das „Project 2025“ verfasst hatte. Mit dem insgesamt knapp 1000 Seiten starken Manifest legten konservative Aktivist:innen eine detaillierte Blaupause für den Machtwechsel vor. Ganz oben auf der Wunschliste Carrs: eine Reform des bisherigen Haftungsregimes für Online-Dienste, verankert im Abschnitt 230 des Telekommunikationsgesetzes. Aufgabe der FCC sei es, schreibt Carr, die Immunität der Anbieter aufzuheben, wenn sie von Nutzer:innen gepostete Inhalte von ihren Diensten entfernen.

Zugleich sollte der US-Kongress ein Gesetz auf den Weg bringen und dabei sicherstellen, dass „Internetunternehmen keinen Freibrief mehr haben, um geschützte Meinungsäußerungen zu zensieren“. Als Vorbild soll ein Vorstoß aus Texas dienen, der die behauptete Diskriminierung konservativer Stimmen im Visier hatte. Das ging sogar dem rechtslastigen Verfassungsgericht zu weit: Im Sommer hatten die Richter:innen dieses und ein ähnliches Gesetz aus Florida kassiert und sie an untergeordnete Gerichte zurückgegeben.

Aber man kann es ja erneut probieren, das letzter Wort hat der Supreme Court noch nicht gesprochen. Auf mindestens einen Erzkonservativen kann sich Carr dort verlassen: „Wie Richter Clarence Thomas klarstellte, haben die Gerichte Abschnitt 230 weit ausgelegt und einigen der weltweit größten Unternehmen damit eine umfassende Immunität zugesprochen, die im Gesetzestext an keiner Stelle zu finden ist“, schreibt er für das Project 2025.

So eine Reform wäre außerordentlich schwierig, das weiß auch Carr. Zum einen haben US-Unternehmen ein Recht auf Meinungsfreiheit und darauf, wie sie ihre Produkte gestalten. Zum anderen würde eine Pflicht, potenziell illegale Inhalte nicht anfassen zu dürfen, Online-Dienste erst recht einem Haftungsrisiko aussetzen.

Drehung im Kreis

Entsprechend verweist Carr auf Bestimmungen, die ein mögliches Gesetz enthalten müsste: Es sollte Ausnahmen für bestimmte illegale Inhalte geben, darunter „Kindesmissbrauch, Terrorismus sowie unanständige, obszöne oder ähnliche Kategorien von Inhalten“. Das beschreibt indes im Großen und Ganzen den Status Quo, denn diese Bewertung müssten weiterhin die Moderationsteams der Anbieter vornehmen – mit einer wahrscheinlich anderen Vorstellung davon, was beispielsweise „illegal“, „unanständig“ oder „obszön“ ist.

Solche Fragen beschäftigen wohl auch Donald Trump oder zumindest seine Anwaltsteams. Schließlich hat er nach seinem inzwischen rückgängig gemachten Rauswurf bei Twitter mit „Truth Social“ ein eigenes soziales Netzwerk in die Welt gesetzt. Eine kaum umzusetzende Reform könnte sich als Selbstsabotage entpuppen, sagte Aaron Mackey von der Electronic Frontier Foundation (EFF) zu The Register.

„Wir wissen, dass Trumps Nominierung von Carr zum Vorsitzenden ein Zeichen dafür ist, dass Trump diese allgemeine Richtung und Motive gutheißt“, sagte Mackey. „Aber ich denke, wenn es darauf ankommt, wie die tatsächliche Gesetzgebung aussehen wird: Besteht tatsächlich der politische Wille, diese Art von Gesetzen zu verabschieden, die tatsächlich die Haftungsrisiken einer Plattform erhöhen würden, die dem Präsidenten gehört?“


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