Der frühere Präsident Boliviens und einer der Anführer der regierenden Partei "Bewegung zum Sozialismus" (MAS), Evo Morales, hat am Sonntagmorgen in seinen sozialen Netzwerken mitgeteilt, dass sein Auto auf der Straße zwischen den Provinzen Punata und Chapare beschossen wurde. Insgesamt sollen 14 Schüsse auf das Fahrzeug, in dem er unterwegs war, abgegeben worden sein.
Auf dem Facebook-Account von Morales wurde ein Video veröffentlicht, auf dem man den Fahrer des Fahrzeugs blutüberströmt sieht, während Morales mit seinem Mobiltelefon telefoniert. Der Politiker selbst blieb unverletzt.
Ebenso wurden fotografische Aufnahmen veröffentlicht, die augenscheinlich Einschusslöcher auf dem Fahrzeug des Ex-Präsidenten zeigen.
Der Anschlag ereignete sich in Morales' Heimatregion im Trópico von Cochabamba. Die Region dient als Hochburg von Morales inmitten des gewaltsam eskalierenden Machtkampfes der Regierungspartei MAS. Das Gebiet, das sich über etwa fünf Städte erstreckt, ist abgeriegelt und ohne staatliche Präsenz.
Wer genau hinter dem Anschlag steht, ist noch nicht klar. Innerhalb der MAS kämpfen aktuell zwei verstrittene Fraktionen gegeneinander. Doch auch außerhalb der Partei hat Morales Feinde. Im Juni hatte sich in Bolivien ein Putschversuch gegen den amtierenden Präsidenten Luis Arce (ebenfalls MAS) ereignet, der nach wenigen Stunden scheiterte. Arce selbst sah damals ausländische Interessen an den Lithiumvorkommen des Landes als Ursache.
Der Journalist und Lateinamerika-Experte Oleg Jassinski warnte damals in einem für RT DE verfassten Artikel besonders vor dem Brüderzwist innerhalb der MAS:
"Die jüngsten Regierungen von Evo Morales und Arce haben mehr für das bolivianische Volk getan als alle vorherigen Regierungen zusammen, indem sie dem Land seinen Grundreichtum und seine staatliche Unabhängigkeit zurückgegeben und den Lebensstandard und die Lebensqualität der Mehrheit der Bevölkerung, insbesondere der Ärmsten, verbessert haben. Ihre enorme Rolle bei der Überwindung des Rassismus der weißen Eliten in Lateinamerikas indianischstem Land ist ebenfalls unermesslich. Aber es ist nicht alles Gold, was glänzt: Als wir vor vielen Jahren, während der Regierungszeit Morales', in Bolivien einen Film über den letzten Guerillakrieg von Che Guevara drehten und dabei seinen Spuren in den vergessenen Winkeln des Landes folgten, war ich überrascht und erstaunt über den Krieg innerhalb des Movimiento al Socialismo (MAS, "Bewegung zum Sozialismus"). Viele Beamte und zufällige Leute sind massenhaft in Morales' Partei eingetreten, nur um Macht zu erlangen. Und fast sofort begann ihr Kampf um Macht und Kontrolle."
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