Trumps geopolitischer Wirrwarr

Von Dmitri Jewstafjew

Die Friedensrhetorik von US-Präsident Donald Trump sorgt manchmal für Verwunderung: Einerseits demonstriert er den Willen, das Blutvergießen zu beenden; andererseits kündigt er – manchmal fast im gleichen Atemzug – an, bereit zu sein, trotz der Einstellung von direkten Waffenlieferungen an Kiew, US-Waffen an Europa für eine anschließende Übergabe an Kiew zu verkaufen. Trump scheint selbst in diesen Ankündigungen keinen Widerspruch zu sehen, doch für Außenstehende sieht ein solcher geopolitischer Wirrwarr merkwürdig aus.

Diese Merkwürdigkeiten bei politischer Kommunikation bringen die Widersprüchlichkeit der Aufgaben der neuen US-Administration zum Ausdruck, die durch die Besonderheiten der Weltanschauung des Präsidenten selbst verstärkt wird.

Das soll nicht verwundern: Wir sind bloß gewohnt, dass die USA seit George Bush Junior kollektiv regiert werden – ein Modell, das in der Periode des kollektiven Biden ihren destruktiven Höhepunkt erreicht hatte. Inzwischen kehrt die Lage zur US-amerikanischen politischen Normalität zurück. Die Persönlichkeit des Präsidenten hat ihre Bedeutung zurückerlangt, und im Hinblick auf die Systemkrise der politischen Verwaltung in den USA hat sie sogar eine große Bedeutung.

Oberflächlich gesehen verfolgen die USA das Ziel, maximale Handlungsfreiheit in ihrer Außenpolitik zu erreichen. In dieser Hinsicht erscheint es nur natürlich, zu versuchen, aus dem Rahmen von formellen und informellen Verpflichtungen auszubrechen. Das Ausmaß an Verpflichtungen, die sich angesammelt haben, als die Idee einer zentralen Rolle des Euroatlantiks für die USA vorherrschte, ist immer noch nicht ganz zu überblicken. Die zweite offensichtliche Priorität der US-amerikanischen Politik ist der fast ausgeformte überparteiliche Konsensus, dass es notwendig sei, die Ressourcen für eine Konfrontation mit China zu bündeln.

Doch für die Lösung dieser beiden vorrangigen Aufgaben ist es außerordentlich wichtig, die Verwicklung in den Ukraine-Konflikt zu minimieren. Denn faktisch verwandelte sich dieser Konflikt in ein Instrument, mit dessen Hilfe US-Ressourcen den Interessen einer von gesichtsloser Bürokratie regierten euroatlantischen Welt unterworfen werden. Hier liegt der Hauptwiderspruch der USA zu ihren europäischen Verbündeten beziehungsweise Satelliten: Letztere wollen die Verwicklung der USA in den Konflikt erhalten und am besten sogar verstärken, weil sie verstehen, dass sie die Konfrontation mit Russland nicht selbstständig bewältigen können. Dies bewies der Pariser "Gipfel der Erschrockenen", der mit einer ohrenbetäubenden Abwesenheit jeglicher Entscheidungen endete.

Heben wir noch zwei prinzipielle Momente hervor.

Erstens ist es für Trump essenziell, den Abfluss von Ressourcen aus den USA über das "Ukraine-Projekt" zu stoppen. Noch besser wäre es, zum Ende des Jahrzehnts Nullausgaben zu verzeichnen. In der Perspektive strebt er natürlich danach, dass das gesamte System der militärisch-politischen Beziehungen im Euroatlantik, das jahrzehntelang aus dem US-Haushalt finanziert wurde, für die USA wieder profitabel wird. Das Ausmaß des parasitären Nutzniesens der EU an der US-Hilfe für die Ukraine, das in den letzten Regierungsjahren des kollektiven Biden praktisch unkontrolliert stattfand, ist bis heute nicht gänzlich klar. Klar ist allerdings, dass sich etwa die von Elon Musk unternommene Wirtschaftsprüfung des Systems der Staatsverwaltung der USA eindeutig gegen das seinem ganzen Wesen nach gegen dieses parasitäre liberal-globalistische euroatlantische Politikum richtet.

Zweitens ist es Trumps wichtigste Aufgabe, den Einfluss von verfeindeten Kräften auf die US-Politik auszuschließen. Er versteht, wie tief in den euroatlantischen Institutionen jene Kräfte verwurzelt sind, die ihm die erste Amtszeit als US-Präsident vermiest und den Wahlsieg im Jahr 2020 gestohlen haben. Das Thema der Einmischung von diversen Kräften Europas in die US-Wahlen kam auch bei Trumps erfolgreicher Wiederwahl im Jahr 2024 mehrfach auf.

Außerdem versteht Trump hervorragend, welche Schlussfolgerung die radikalen Euroatlantiker, erfahrene Berufspolitiker, nach der Münchner Konferenz 2025 gezogen haben: Um den Euroatlantik in einem für sich bequemen Format zu bewahren, muss die Politik der USA geändert werden.

Daher wird sich Trump aus Europa nicht zurückziehen. Eher wird er versuchen, Europa unter eine rigide politisch-finanzielle Kontrolle zu stellen. Bisher ist es unklar, ob dies ihm gelingen wird. Schließlich wird er einer extrem starken Bürokratie gegenüberstehen, die fast alle europäischen nationalen Eliten in den Beton des radikalen Euroatlantismus eingewalzt haben. Jedenfalls wird es ein spannender Prozess werden.

Somit ist es Trumps Bestreben, die Beziehung zu Russland aus jener strategischen Sackgasse zu führen, in die sie von der Administration des kollektiven Biden getrieben wurde, durchaus rational. Trump versteht die ganze Kompliziertheit seiner Lage in den USA und im euroatlantischen Raum – seine ständigen, nicht immer angebrachten PR-Aktionen sind in Wirklichkeit ein Zeichen der Schwäche. Daher versucht er, den Kreis jener Akteure in der Weltpolitik zu erweitern, die seiner Tätigkeit zumindest neutral gegenüberstehen würden. Trump braucht keine Verbündeten, er benötigt aber dringend Weggefährten, zumal sein Team noch nicht die Washingtoner Bürokratie kontrolliert. Und Russland ist für ihn der wichtigste Weggefährte im Kampf gegen radikale Euroatlantiker.

Leider weist Trumps Politik jedoch einen opportunistischen Umgang mit Vereinbarungen auf. Daher rühren die Zweifel an der Aufrichtigkeit des US-Präsidenten: Er hält immer eine "Ausgangstür" offen und vereinbart im Vorfeld eine Exit-Strategie für den Fall, dass etwas aus seiner Sicht schieflaufen sollte. Daher kommt auch die Spontanität beim Treffen von Entscheidungen, die sich manchmal, wie im Vorfeld des Treffens zwischen der russischen und der US-amerikanischen Delegation in Riad, zu offener Hektik steigern. Aus diesem Grund ist es für Russland notwendig, nicht Donald Trumps Worten, sondern konkreten Taten zu glauben und zu verstehen, dass er seine Position jederzeit radikal ändern und sich den vereinbarten Verpflichtungen entziehen kann. An Beispielen dafür mangelt es nicht.

Übersetzt aus dem Russischen. Verfasst speziell für RT am 18. Februar.

Dmitri Jewstafjew ist ein russischer Politologe und Amerikanist. Er ist Doktor der Politikwissenschaften und lehrt am Institut für Medien der Wirtschaftshochschule Moskau. Jewstafjews Spezialisierung sind militärpolitische Fragen der nationalen Sicherheit Russlands, der Außen- und der Militärpolitik der USA und der regionalen Probleme der Kernwaffen-Nichtverbreitung. Er ist Co-Autor wissenschaftlicher Monografien und zahlreicher Artikel.

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