Solar vs. Kohle: Diese Grafik ist Fake! (das Verhältnis ist sogar noch besser)

Bringt uns ein Schiff, das voll beladen mit Solar-Zellen ist, genau so viel Strom wie 100 Schiffe, voll beladen mit Kohle? Das behauptete im Oktober 2024 ein Report der IEA (Internationale Energieagentur):

So sei die Fracht eines Schiffs voller Solar-Module ausreichend, um genauso viel Strom zu erzeugen wie die Verbrennung der Fracht von 100 (in Worten: hundert) Kohlefrachtern in Kohlekraftwerken. Auch die Verbrennung des Gases aus 50 Flüssiggasfrachtern würde diese Strommenge erzeugen.

Die Grafik machte schnell die Runde, denn abgesehen von den geringeren Frachtkosten und den weniger schädlichen Umwelt-Auswirkungen ist der Gedanke an einen einzelnen Frachter, der mit Solar 100 Frachter des aktuellen Zeitalters ersetzt, eine sehr elegante Vorstellung zukünftiger Energieversorgung.

Die Realität ist aber NOCH besser

Der Witz daran ist nun: Selbst diese krasse Gegenüberstellung ist nicht so krass wie die Realität, denn die IEA hat hier nur berechnet, wie viel Energie in 100 Schiffsladungen Kohle steckt. Bitter: Von all der Energie in der Kohle landet am Ende aber nur ein kleiner Teil als Strom in unseren Leitungen. Es ist nämlich so:

Sachen verbrennen ist meist eine recht ineffiziente Geschichte, sodass wir dabei viel mehr Energie verbrauchen, als wir schlussendlich überhaupt nutzen. Die IEA vergleicht die in der Kohle enthaltene Primärenergie. Das ist aber was ganz anderes als die Nutzenergie, also die, die uns den Alltag erleichtert, zum Beispiel in Form von warmem Wasser oder leuchtenden Lampen.

Die von uns benötigte Nutzenergie ist viel weniger als die verbrauchte Primärenergie. Warum? Na ja, wenn wir zum Beispiel Kohle verbrennen, um damit Strom zu erzeugen, dann geschieht Folgendes: Mit der Kohle erhitzen wir Wasser, der dabei entstehende Dampf strömt durch eine Turbine, sodass diese sich dreht. An die Turbine ist ein Generator angeschlossen, et voilà: Wir haben Strom.

Nachdem der Dampf nun aber so ansehnlich durch die Turbine gesaust ist, muss die restliche Wärme irgendwo abgeführt werden. Das geschieht meist in einem dieser nicht mehr ganz so ansehnlichen Kühltürme, aus dem in der Regel eine Menge Wasserdampf austritt.

Von der Energie in der Kohle bekommen wir vielleicht ein Drittel

Traurig: Darin steckt ein nennenswerter Teil der teuer bezahlten Energie, die ursprünglich mal in der Kohle gebunden war und die von nun an in ihrem vorzeitigen Ruhestand vollkommen sinnlos in der Atmosphäre herumwabert. In einem Kilo Steinkohle stecken eigentlich bis zu 10 Kilowattstunden Energie (das entspricht etwa dem täglichen Stromverbrauch eines deutschen Haushaltes), aber die meisten Kohlekraftwerke haben einen Wirkungsgrad von nur 30 bis 40 Prozent.

Das bedeutet, das Kohlekraftwerk kann nur 40 Prozent der Energie in Strom umwandeln, mit den restlichen 60 Prozent erzeugt es hauptsächlich eine Menge künstlicher Wolken – die sehen zugegebenermaßen deutlich hübscher aus als die Kühltürme, sind aber leider denkbar nutzlos. Das Kilo Kohle mit den 10 Kilowattstunden erzeugt am Ende also nur 4 Kilowattstunden Strom und 6 Kilowattstunden Abwärme.

Und das ist schon das beste, was wir nach Jahren Verbesserungen hinbekommen haben!

Das klingt jetzt vielleicht hämischer, als es sollte, denn auch diese 40 Prozent sind das Ergebnis jahrhundertelanger technischer Verbesserungen. Dem Erfinder der ersten atmosphärischen Dampfmaschine, Thomas Newcomen, würde vermutlich ganz schwindelig werden bei diesen Daten, denn seine revolutionäre Erfindung erreichte im Jahr 1712 nicht mal 1 Prozent Wirkungsgrad.

In seiner Maschine flossen letztendlich also weniger als ein Prozent der eingesetzten Energie in die gewünschte Bewegung. James Watt, dem oft fälschlicherweise die Erfindung der Dampfmaschine zugesprochen wird, verbesserte die Konstruktion von Newcomen noch mal deutlich und erreichte so einen Wirkungsgrad von 3 Prozent.

Diese 3 Prozent mögen aus heutiger Sicht niedlich wirken, aber damit löste der Mann immerhin die Industrielle Revolution aus. Nicht schlecht für eine Maschine, die 97 Prozent der Brennstoff-Energie nutzlos verpuffen lässt, was?

Wind und Solar kriegen wir fast komplett

Bei Windkraft oder Photovoltaik ist das anders, hier landet die gesamte in Statistiken erfasste Primärenergie im Netz und schlussendlich fast vollständig (abzüglich der Netzverluste) in unseren Waschmaschinen, Mixern und Nasenhaarentfernern. Wenn also irgendwo die Strommengen von Erneuerbaren und Kohlekraftwerken verglichen werden, muss man den Wert des Kohlekraftwerks im Kopf immer etwa um den Faktor 2,5 erhöhen, wenn wir den tatsächlichen Energieverbrauch wissen wollen.

Wenn wir also 100 Schiffsladungen Kohle nach Deutschland importieren, dann machen wir daraus nur so viel Strom, wie in 40 Schiffsladungen Kohle gebunden ist. Die Energie der restlichen 60 Schiffsladungen endet in der Luft und unseren Flüssen, was z.B. beim Kohlekraftwerk Moorburg zusätzlich zur Klimawirkung dafür sorgt, dass die Elbe aufgeheizt wird.

Wenn wir das alles berücksichtigen, dann reichen 100 Kohleschiffe nicht mehr, um den Strom aus den Solarmodulen einer einzelnen Schiffsladung zu ersetzen. Wir brauchen noch mal deutlich mehr. Tim Meyer hat das dankenswerterweise noch mal berücksichtigt und eine Grafik für deutsche Verhältnisse erstellt:

via

Wir bräuchten 175 Frachtschiffe für ein Solar-schiff!

Da ein Solar-Modul in Deutschland weniger Strom erzeugt als im weltweiten Durchschnitt, entspricht die Energie aus „nur“ 77 Kohlefrachtern der, die 4.700 Container mit Solarmodulen in 25 Jahren produzieren. Aber wie ich ja lang und breit erklärt habe, landet diese Energie leider nicht 1:1 in unserem Stromnetz, sondern nur 40 % davon, bzw. in diesem Beispiel, weil wir in Deutschland sehr moderne Kraftwerke haben, sogar zu 44 %.

Aber selbst mit deutscher Sonneneinstrahlung und der besten Kraftwerkstechnik brauchen wir zusätzliche 98 „Geisterschiffe“, die nur die Abwärme transportieren, welche dann am Ende auch noch unsere Ökosysteme belastet. Toll.

Unglaublich: Schlussendlich brauchen wir 175 Frachtschiffe, um genauso viel Strom zu erzeugen wie ein Frachtschiff Solarzellen.

Wache Geister mögen nun anmerken, dass ein Kohlekraftwerk wetterunabhängig läuft, ohne Speicher- oder Puffersysteme und der Vergleich mit Solarzellen daher nicht legitim ist. Deswegen ist das Schiff im Vergleich auch nur halb mit Solarzellen beladen, die andere Hälfte könnte mit Batteriespeichern, Windkraft (erzeugt besonders im Winter viel Strom) oder Wasserstoff-Erzeugern vollgeladen sein.

Wie auch immer wir es rechnen: Fossile Energie benötigt vollkommen absurde Masseströme. Das sollten wir immer im Hinterkopf behalten, wenn jemand anmerkt, dass Erneuerbare nicht perfekt sind. Richtig, sind sie nicht, allemal besser als 175-mal so viel Frachtschiffe sind sie aber eindeutig.

Abgesehen vom dringend benötigten Klimaschutz machen wir uns mit Solar- und Windkraft also auch viel unabhängiger und senken unsere Belastung der Weltmeere für unsere Stromversorgung auf unfassbare 0,6 % des jetzigen Werts.

Artikelbild: canva.com, Screenshot IEA

The post Solar vs. Kohle: Diese Grafik ist Fake! (das Verhältnis ist sogar noch besser) appeared first on Volksverpetzer.

Es gibt neue Nachrichten auf friedliche-loesungen.org
:

Nur wer angemeldet ist, geniesst alle Vorteile:

  • Eigene Nachrichten-Merkliste
  • Eigener Nachrichtenstrom aus bevorzugten Quellen
  • Eigene Events in den Veranstaltungskalender stellen
M D M D F S S
 
 
1
 
2
 
3
 
4
 
5
 
6
 
7
 
8
 
9
 
10
 
11
 
12
 
13
 
14
 
15
 
16
 
17
 
18
 
19
 
20
 
21
 
22
 
23
 
24
 
25
 
26
 
27
 
28
 
29
 
30
 
31