Dekret des Zaren: Russland fordert Rückgabe gestohlener und in Europa versteigerter Rarität

Zwischen Russland und Frankreich bahnt sich ein diplomatischer Skandal an. Anlass ist ein dreister Diebstahl im Russischen Archiv für Militärgeschichte und der anschließende Verkauf des Diebesguts durch ein französisches Auktionshaus. Nach Angaben von der Nachrichtenagentur RIA Nowosti bemüht sich die russische Botschaft in Paris derzeit um die Verhinderung des Verkaufs des Originaldekrets von Zar Peter II. durch das französische Auktionshaus Aguttes und fordert dessen Rückgabe an Russland.

Diese Geschichte ist aus vielen Gründen skandalös. Denn erstens wurde der Raub des Dokuments – es geht um das Originaldekret von Kaiser Peter II. vom 9. September 1727, ein wertvolles Stück aus der Zeit der Palastputsche – vor Kurzem, Ende Oktober, entdeckt. Und der Raub wurde allem Anschein nach sorgfältig und von langer Hand vorbereitet. Wie russische Medien berichteten, stellte die stellvertretende Direktorin des Archivs Wassilisa Denisowa in der zweiten Oktoberhälfte fest, dass das wertvolle Dokument durch eine kunstvoll gefertigte Moulage ersetzt worden war.

Und zweitens zögerte Aguttes, ein französisches Auktionshaus mit einer fünfzigjährigen Geschichte, nicht, das gestohlene Stück zu versteigern, obwohl es von dem Diebstahl bereits wusste. Denn nach Bekanntwerden des Diebstahls sowie der bevorstehenden Versteigerung des wertvollen Dokuments in Paris verlangte die russische Seite, dass das Auktionshaus das Los vom Verkauf zurückzieht. Die Franzosen ignorierten diese Forderung jedoch.

Nach Angaben des Portals RBK wurde das Dekret des Enkels von Peter dem Großen für 3.000 Euro verkauft. Die russische Botschaft in Paris bemüht sich nun bei den französischen Behörden um die Rückgabe des Originaldekrets von Peter II. an das Russische Archiv für Militärgeschichte, teilte die diplomatische Vertretung RBK mit. Die Botschaft erklärte:

"Die Botschaft steht in Kontakt mit dem französischen Auktionshaus Aguttes, wo das Original des Dekrets von Zar Peter II. vom 9. September 1727 am 30. Oktober dieses Jahres versteigert wurde. (...) Wir unternehmen die notwendigen Schritte, um die Annullierung dieser Transaktion und die Rückgabe des Dokuments an den rechtmäßigen Eigentümer zu erreichen."

Peter II. ist der Sohn von Zarewitsch Alexei, dem Sohn von Peter dem Großen. Er wurde im Jahr 1715 geboren und bestieg bereits im Mai 1727 den Thron. Im Jahr 1728 fand die Krönung des 13-jährigen Zaren Peter II. statt. Im Januar 1730 wurde bei dem jungen Kaiser Pocken festgestellt, und in der Nacht des 30. Januar starb er im Lefortowo-Palast in Moskau. Mit seinem Tod endete die Familie Romanow in der männlichen Linie. Deshalb sind die von Peter erlassenen Dekrete auch so wertvoll und so knapp – und aus der Sicht eines modernen Sammlers begehrt.

Allerdings gibt es in dieser Geschichte immer noch mehr Fragen als Antworten. Die Kunsthistorikerin Sofia Bagdasarowa meint zum Beispiel, dass das Dekret nicht unbedingt vor Kurzem gestohlen worden sein musste. Ihr zufolge könnte es bereits vor 50 Jahren gestohlen und dann bereits mehrfach in Europa weiterverkauft worden sein, bevor es zu der jetzigen Versteigerung gekommen ist. Es ist auch unklar, wie die Rarität das Land verlassen konnte. Vielleicht wurde die Ausfuhr vorbereitet und über diplomatische Wege oder andere spezielle Pfade abgewickelt, um die gewöhnlichen Zollkontrollen zu umgehen.

Mehr zum Thema – "Rebellischer Geist": Auktionshaus Bonhams verkauft weiter russische nonkonformistische Kunst

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