Die Räume für eine freie Kommunikation in China werden noch ein Stück enger. Mit einer Kampagne geht die mächtige Zensurbehörde jetzt gegen Worte, Memes und Wortspiele vor, die zur Umgehung der Zensur benutzt werden.
Die chinesische Internet-Regulierungsbehörde hat eine Kampagne mit dem Namen „Klar und Hell“ gegen Wortspiele und die Nutzung gleichlautender Wörter mit anderer Bedeutung gestartet. Solche Tricks werden von der Bevölkerung genutzt, um die rigide Zensur im Land zu umgehen. Sie stellen eine der wenigen Möglichkeiten dar, online noch frei zu kommunizieren.
Laut dem Bericht des Guardian hat die Regulierungs- und Zensurbehörde Cyberspace Administration of China zusammen mit dem chinesischen Bildungsministerium eine Erklärung abgegeben, dass die Kampagne auf „unregelmäßige und unzivilisierte“ Sprache im Internet abziele. Gemeint sind damit Witze, Memes, Wortspiele und Wörter, die benutzt werden, um etwas anderes als ihre eigentliche Bedeutung zu sagen.
In der Parteizeitung People’s Daily heißt es, dass diese Art des Internet-Jargons die Menschen verwirren würde. „Sie bilden auch eine versteckte Erosion der täglichen Kommunikation und der ideologischen Werte von Minderjährigen, was leicht zu nachteiligen Folgen führen kann“, zitiert der Guardian die Zeitung.
Gegen die kreative Zweideutigkeit der Sprache
Weil in China das Internet stark zensiert ist, sind die Menschen in den letzten Jahren auf andere, bislang nicht-zensierte Begriffe ausgewichen. Während Protesten in der Provinz „Henan“ nutzten die User:innen das Wort „Helan“ (Niederlande) und für die Provinzhauptstadt „Zhengzhou“ das Wort „Amsterdam“.
So befinden sich die Menschen in einem beständigen Wettlauf mit den Zensoren des Landes, die immer neue Begriffe, Worte und Emojis in ihre wachsenden Zensurlisten packen müssen. Schon im Jahr 2022 soll das chinesische Äquivalent von Instagram mehr als 500 Spitznamen für den Staatschef Xi blockiert haben, weil Kritik an diesem verboten ist. Laut dem Bericht im Guardian versuchen Menschen zudem, über Themen nicht mehr offen zu diskutieren, sondern sie mittels Gedichten und historischen Referenzen zu umschreiben. Laut staatlichen chinesischen Medien sollen nun auch vollkommen harmlose Wortwitze der Internetkultur verbannt werden, die gar nichts mit einer Zensurumgehung zu tun haben.
Die Kampagne richtet sich an Behörden und an die Online-Plattformen. Diese sollen „offensichtlich zweideutige Wörter“ nicht mehr ohne „Richtigstellung“ zulassen. Sie ist nicht der erste Versuch, gegen diese Art der Zensurumgehung vorzugehen: Schon im Jahr 2022 hatte Sina Weibo, die chinesische Version von Twitter, angekündigt, „falsch geschriebene Wörter“ strikter zu kontrollieren.
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