Warum russische Piloten zu Prioritätsziel für ukrainischen Geheimdienst geworden sind

Von Jewgeni Krutikow

Wie sich am Montag herausstellte, stand die Operation des ukrainischen Geheimdienstes zur Entführung eines russischen Hubschraubers Mi-8 MTPR-1 für elektronische Kampfführung bereits seit November 2023 unter Überwachung des russischen Föderalen Geheimdienstes (FSB). Der ukrainische Geheimdienst schlug dem Piloten (höchstwahrscheinlich dem Kommandanten des Hubschraubers) die Vergiftung der anderen Besatzungsmitglieder vor (zu diesem Zweck übergab ein gewisser "Experte" ein Rezept für einen Cocktail aus Arzneimitteln, die man in der Apotheke kaufen kann).

"Im Telegram-Messenger wurde ich von einem Mann namens Sergei kontaktiert. Wie sich später herausstellte, war er ein Vertreter des ukrainischen Geheimdienstes. Und er hat mir die Zusammenarbeit angeboten. An einem bestimmten Tag musste ich die Kontaktlinie passieren und den Hubschrauber übergeben", berichtete der russische Pilot letztlich selbst darüber. Dafür wurden ihm bis zu 750.000 US-Dollar angeboten sowie die Evakuierung seiner Familie über Moldawien in die Tschechische Republik.

Dieses operative Spiel zwischen der russischen Spionageabwehr und dem ukrainischen Militärgeheimdienst lief etwa ein Jahr lang. In diesem Zeitraum erkannten die ukrainischen Kontrahenten nie, dass sie nicht mit einem russischen Piloten, sondern mit dem FSB kommunizierten. Hierzu muss erwähnt werden, dass der Pilot selbst seine Rolle perfekt spielte: Er musste mit "Sergei" aus Kiew per Telefon kommunizieren, was zusätzliche Kompetenzen und bestimmte Charaktereigenschaften – vom schauspielerischen Durchhaltevermögen bis zum Humor – erforderte.

Ein solch langes operatives Spiel war erforderlich, um einen möglichst großen Misserfolg des ukrainischen Militärgeheimdienstes (GUR) zu erzielen. Das Wichtigste bei solchen Spielen ist das Vertrauen zwischen dem Auftraggeber und dem Agenten. Und es braucht Zeit, um das notwendige Maß an Vertrauen aufzubauen.

In der Folge freundete sich "Sergei" so sehr mit dem russischen Piloten an, dass er einen detaillierten Flugplan mit der Lage der ukrainischen Luftabwehrpositionen, den Funkfrequenzen und anderen technischen Daten vorlegte, die für eine erfolgreiche Landung des Hubschraubers auf dem ukrainischen Flugplatz erforderlich waren. Der Hubschrauber hob am vereinbarten Tag ab, wobei seine Besatzung eine Entführung vortäuschte und zum Basisflugplatz zurückkehrte. Anschließend erfolgte ein Raketenangriff auf den Punkt, an dem ukrainische GUR-Vertreter auf den Hubschrauber warteten, sowie auf die identifizierten gegnerischen Flugabwehr- und Radarstellungen.

Dabei handelt es sich nicht um den ersten Versuch des GUR, Piloten zu bestechen, um einen Hubschrauber oder ein Flugzeug der russischen Streitkräfte zu entführen. So wurden vom FSB bereits Versuche erfasst, Piloten der Langstreckenfliegerei für die Entführung eines Tu-22M3-Raketenträgers sowie von Su-24- und Su-34-Bombern zu rekrutieren.

Interessanterweise hatten die ukrainischen Sicherheitsdienste schon damals die Vergiftung anderer Besatzungsmitglieder vorgeschlagen, allerdings nur mit simplen K.-o.-Tropfen. Die mit der Lieferung von Geld und K.-o.-Tropfen an die Russische Föderation beauftragten "Kuriere" wurden verhaftet. Gleichzeitig wurde auch die Beteiligung des bulgarischen Russenhassers Christo Grosew an all diesen Operationen aufgedeckt.

Seither ändert sich die Taktik des GUR nicht einmal im Detail. Man hat den Eindruck, dass man dort nach denselben Anweisungen handelt. Warum agiert der ukrainische Geheimdienst so grobschlächtig und schematisch?

Erstens wurde dieses Szenario schon einmal realisiert. Allerdings ruht die Leiche des Verräters Kusminow, der den Hubschrauber entführte und seine Kollegen ermordete, heute in einem ungekennzeichneten Grab in Südspanien.

Zweitens ist ein Kampfflugzeug oder ein Hubschrauber in der Tat ein sehr lohnendes Ziel. Es handelt sich um eine teure und effektive Kampfeinheit. Im Erfolgsfall wäre es ein wichtiger Trumpf im Informationskrieg. So wie im Fall des Verräters Kusminow wird ein solcher Überläufer zu der Bekundung gezwungen, er habe sich "für die Freiheit entschieden" – unabhängig davon, dass er in der Tat bestochen wurde.

Die Lebensdauer einer solchen Geschichte beschränkt sich jedoch auf ein oder zwei Pressekonferenzen. Danach muss die jeweilige Person ihre Identität auswechseln und den Rest ihres Lebens im Verborgenen verbringen. Sozusagen ein "einmaliger" Verräter.

Doch trotz des GUR-Misserfolgs gibt es einen alarmierenden Aspekt in dieser Geschichte. Offenbar hat der ukrainische Geheimdienst Zugang zu den persönlichen Daten zumindest einiger der Piloten und ihrer Familienangehörigen. Es ist jedoch nicht auszuschließen, dass es unter den heutigen Gegebenheiten kaum möglich ist, eine vollständige Geheimhaltung von Informationen dieser Art zu gewährleisten.

So behalten beispielsweise westliche Geheimdienste seit Jahrzehnten die Lebensläufe aller Kadetten an russischen (und ehemals sowjetischen) Militärschulen im Auge. Dasselbe gilt für Studenten an einigen zivilen Universitäten, wie das Moskauer Staatliche Institut für Internationale Beziehungen (MGIMO), oder an mit der Rüstungsindustrie verbundenen technischen Universitäten. Dies erfolgt undifferenziert, einfach als eine Art Datensammlung. Die Aufbewahrung dieser Daten dient, wie man sagt, nur für den Fall der Fälle.

Darüber hinaus werden alle Veröffentlichungen in sozialen Netzwerken aktiv überwacht. Eine scheinbar harmlose Kleinigkeit wie ein gemeinsames Foto von Alumni kann zu einer gefährlichen Quelle für sensible Daten werden. Dieses Foto mag für sich genommen nichts bedeuten, aber in Kombination mit anderen Daten aus einem gesonderten Dossier kann es eine Vielzahl von wichtigen Details für die Suche nach der richtigen Person liefern.

Natürlich erfordern die Beschaffung und Verarbeitung all dieser Daten ein solches Ausmaß und eine solche Menge an Ressourcen, über die der GUR nicht verfügt. Vermutlich stecken die westlichen Kollegen der ukrainischen Sicherheitsdienste – von der CIA bis zu den polnischen Sicherheitsdiensten – dahinter.

Es liegt ebenso auf der Hand, dass der ukrainische Geheimdienst auch nach dem jetzigen Misserfolg nicht aufhören und weiterhin nach Zielpersonen für die Rekrutierung und Bestechung unter den russischen Militärs suchen wird. Nicht zuletzt, weil der GUR auf russischem Territorium nur über sehr begrenzte Einsatzziele und Ressourcen verfügt.

Aufklärungsmaßnahmen auf politischer Ebene sind für den ukrainischen Geheimdienst völlig ausgeschlossen, da er über keine nennenswerten Quellen in diesem Bereich in Moskau verfügt. Alle Aktivitäten des GUR beschränken sich auf die Verwicklung junger Menschen in illegale Aktivitäten, wie das Werfen von Flaschen auf die provinziellen Militäreinberufungszentren oder das Schmieren von "Protest"-Graffiti. Diese Aktionen sind belanglos und haben keinerlei Wirkung, abgesehen von den gebrochenen Schicksalen der getäuschten Teenager.

Die Aktivitäten des ukrainischen Geheimdienstes in der DVR, der LVR und auf der Krim werden von unserer Spionageabwehr wirksam und streng unterdrückt. Das Einschleusen von Spionen zählt auch nicht zu den Stärken des ukrainischen Geheimdienstes. So bleibt dem GUR nichts anderes übrig, als mit den aus dem Westen erhaltenen persönlichen Daten der russischen Militärs zu arbeiten und zu versuchen, jeden von ihnen einzeln anzuwerben. In dieser Hinsicht stellt ein Pilot als Kommandant eines teuren Flugzeugs ein sehr lohnendes Ziel dar.

Zumindest aus diesem Grund ist mit einer Fortsetzung solcher Versuche zu rechnen. Der GUR bleibt ein ernstzunehmender Gegner. Aber auch nach einer so professionellen und erfolgreichen Spionageabwehr und einem langwierigen operativen Spiel werden sich unsere Spionageabwehrdienste sicher nicht entspannen.

Übersetzt aus dem Russischen. Der Artikel ist am 11. November 2024 zuerst auf der Webseite der Zeitung Wsgljad erschienen.

Mehr zum Thema ‒ FSB verhindert Hubschrauberentführung in die Ukraine

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