Wahlgetöse: Macron glaubt plötzlich an "die Kraft des Dialogs" mit Putin

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron möchte den Dialog mit seinem russischen Amtskollegen Wladimir Putin fortsetzen, erklärte er in einem Podcast für Génération Do It Yourself. Die Audioaufnahme wurde auf dem Youtube-Kanal des Podcast-Hosts Mathieu Stéphanie veröffentlicht. Macron wörtlich:

"Ich glaube an die Kraft des Dialogs, und ich würde den Dialog mit Wladimir Putin fortsetzen."

Auf die Frage, ob es in den vergangenen Monaten zu Kontakten zwischen der französischen und der russischen Führung gekommen sei, äußerte sich Macron wie folgt:

"In den vergangenen Monaten hat es keinen Dialog gegeben, aber ich schließe ein Gespräch über das eine oder andere Thema nicht aus."  

Macron führte aus, dass er mit dem russischen Staatschef insbesondere das Thema Atomkraftwerke besprechen würde, ohne jedoch eine genauere Erläuterung abzugeben, was er damit meint. 

Igor Schatrow, der Leiter des Expertenrates der Stiftung für strategische Entwicklung, sagte in einem Beitrag für Radio Sputnik, dass Macron diese Worte nur zu einem Zweck gesagt habe, und zwar, um seine Autorität in den Augen der französischen Wähler zu stärken: 

"Europäische Oberhäupter haben an Autorität verloren. Es ist nicht zu übersehen, dass etwas Verrücktes vor sich geht."

Selbst der jüngste Terroranschlag in Sewastopol – ganz gleich, wie sehr der Westen seinen Informationsraum verschließe –, die Wahrheit komme durch, betont Schatrow. Die Bürger der europäischen Länder seien von der Haltung ihrer Politiker überrascht.

Seit Beginn seiner politischen Karriere habe Macron versucht, Frankreichs Image als ein Diplomat Europas, als Chefunterhändler, wiederherzustellen, was es ihm ermöglichen würde, im Wettbewerb mit Deutschland zu gewinnen, so Schatrow. Allerdings überraschten die Worte des französischen Präsidenten über Atomkraftwerke, fuhr der Experte fort:

"Es ist wie eine Andeutung: Seht her, wir scheinen über Putin zu sprechen, aber eigentlich sprechen wir über Frankreich, über seine Größe und Macht."

Nach Ansicht von Schatrow sei es für Macron wichtig zu betonen, dass bereits jedem klar sei, was mit Deutschland geschehe, dessen Wirtschaft vor allem wegen des Fehlens der Kernenergie in dieser Phase rückläufig sei. Und Frankreich habe die Kernkraft behalten. Gleichzeitig sei Russland führend in der weltweiten Atomindustrie.

Allerdings könne Frankreich nicht länger die Rolle eines europäischen Unterhändlers spielen und sich durch den Dialog mit Russland profilieren, präzisierte Schatrow. Die realen Einflussmöglichkeiten auf die Situation seien verloren, weil Frankreich Waffen an die Ukraine liefere und kaum als Verhandlungspartner auftreten könne. Aber man müsste der Wählerschaft etwas sagen, weshalb Macron zu diesem Mittel greife, erklärt Schatrow: 

"Ich denke, diese Aussage richtet sich nicht an Putin und auch nicht an die Kollegen in der EU, sondern an die Wähler. Sie haben ja Wahlen. Und wir sehen, in welcher Lage sich Macrons Partei befindet."

Unterdessen wurde in Frankreich eine merkwürdige Veränderung im Macrons Verhalten festgestellt, wie Le Monde berichtet. Der französische Präsident habe angesichts der Wahlen aufgehört, über die Ukraine zu sprechen:

"Das Erdbeben, das durch die Auflösung des Parlaments ausgelöst wurde, hat nicht nur die ukrainische Frage in den Hintergrund gedrängt, sondern auch Macron zum Schweigen gebracht, der versucht hatte, sie zu einem der Themen der Europawahlen zu machen."

Die Zeitung weist darauf hin, dass auch die extreme Rechte in Frankreich bemerkt habe, dass das Thema Ukraine und die Beziehungen zu Russland "fast vergessen, unter einer Fassade der Einmütigkeit verborgen oder einfach unter den Teppich gekehrt" worden seien.

Im März wies Macron in einem Interview mit dem Fernsehsender France 2 die Vermutung zurück, dass sich die Beziehungen zwischen ihm und Putin abgekühlt hätten. Er erinnerte daran, dass er zu Beginn des Konflikts in der Ukraine "hundert Stunden" Telefongespräche mit dem russischen Präsidenten geführt habe. Zuletzt haben die beiden Staatschefs im September 2022 telefonisch miteinander gesprochen.

Zuvor hatte Putin erklärt, dass Moskau bereit sei, mit Paris zusammenzuarbeiten, falls seitens Frankreichs Interesse bestehe. Laut dem russischen Staatschef hatte er gute Arbeitsbeziehungen zu Macron, jedoch habe der französische Präsident diese beendet.

Mehr zum ThemaNeuwahlen in Frankreich: Keine wirklichen Veränderungen in Sicht

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