Hat die Bundesrepublik Deutschland nach 1945 einen Friedensvertrag unterzeichnet? Diese Frage ist dieser Tage so mancher Orts mehr oder weniger „lautstark“ zu vernehmen.
Dabei ergeht man sich in allerlei juristischen Spitzfindigkeiten und Auslegungsvarianten der gesetzlichen Gegebenheiten nach 1945.
Nur die Auslegung von „Rechtsextremen“?
Landläufig wird bekanntlich behauptet wie kolportiert, dass die Auslegung, es habe nach dem Krieg keinen offiziellen Friedensvertrag gegeben und somit das Deutsche Reich in den Grenzen von vor dem Krieg weiter bestünde, also mit großen Teilen des heutigen Polen und Tschechien, sei einzig eine Interpretation von „Rechtsextremen“, wie auch swr.de berichtet hatte. Dass dies allerdings keineswegs so sei, erklärt zum Beispiel der Völkerrechtsexperte Claus Kreß von der Universität Köln.
Einen Friedensvertrag, zwar nicht dem Wort, aber der Sache nach, gibt es, wenn auch mit großem zeitlichem Abstand, erklärt er dazu „interpretativ“.
Fakt ist vielmehr, zum Ende des Zweiten Weltkrieges hatte Deutschland zwar kapituliert, jedoch keinen Friedensvertrag abgeschlossen. Die offizielle Interpretation lautet somit dahingehend, es hätte daran gelegen, dass es in der Nachkriegszeit zunächst keine deutsche Regierung mehr gegeben hätte, die einen solchen Vertrag hätte abschließen können.
Argument der beiden deutschen Staaten
Ab 1949 gab es dann zwei deutsche Staaten, auch zu diesem Zeitpunkt war aber noch eine Weile umstritten, ob das Deutsche Reich in diesen Staaten (oder wenigstens in der Bundesrepublik) völkerrechtlich gesehen weiterexistiere, ob also die Bundesrepublik überhaupt in der Lage wäre, einen Friedensvertrag für das Deutsche Reich abschließen zu können. Im Völkerrecht wurde man sich dann zwangsläufig irgendwann einig, dass dies möglich wäre. Alsdann eröffnete sich ein „neues“ Problem. Wenn also die Bundesrepublik einen Friedensvertrag geschlossen hätte, wäre dieser wohl seitens der DDR nicht akzeptiert worden. Die DDR pochte anfangs zwar auch auf einen Friedensvertrag, unter dem Vorbehalt des Abschlusses zweier deutscher Staaten, was wiederum für die Bundesrepublik nicht akzeptabel gewesen war.
Zwei-plus-vier-Vertrag ebenfalls „fragwürdig“
Deshalb wurde dieser völkerrechtliche Schlussstrich erst viel später „angeblich“ nachgeholt, nämlich nach dem Fall der Mauer, als 1990 beide deutsche Staaten mit den ehemaligen alliierten Siegermächten die Wiedervereinigung im sogenannten Zwei-plus-vier-Vertrag geregelt hatten. Im Zuge der Wiedervereinigung 1990 kam es mit dem Zwei-plus-Vier-Vertrag zu einer Regelung von Fragen, die seit dem Zweiten Weltkrieg noch offen gewesen waren. Betreffend der erforderlichen Ratifizierung solcher Verträge im jeweiligen Vertragspartnerland bestehen unter Juristen ebenfalls massive Bedenken. Dies beziehen sich etwa auf die rechtskonforme Unterschriftsleistung der deutschen Unterzeichner unter die Ratifizierungsurkunde.
Regelung der Grenzziehung
Im Zwei-plus-vier-Vertrag steht nun scheinbar drin, was in einem Friedensvertrag auch geregelt sein sollte. Insbesondere betreffend der Grenzen des wiedervereinigten Deutschland. Mit der Festlegung der Grenzen verzichtete das neue Deutschland endgültig auf die ehemaligen Gebiete östlich der Oder-Neiße-Linie, so die Auslegung. Die Frage ob Deutschland allerding zu diesem Verzicht berechtigt gewesen war, wird ebenfalls mannigfach interpretiert, von Kreß allerdings mit „ja“ beantwortet.
„Zur Frage, wie es sich mit Grenzveränderungen verhalte, sagt das Völkerrecht, dass staatliche Grenzen zwar völkerrechtlich ein hohes Gut und als solches geschützt sind, insbesondere gegen Gewaltanwendung. Jedoch gibt es dem Grundsatz nach kein völkerrechtliches Verbot für einen Staat, im Rahmen einer friedensvertraglichen Regelung Gebiete, die früher zu ihm gehörten, einfach abzutreten. Völkerrechtlich spricht man bei einer solchen Abtretung von einer Zession. Der entscheidende Punkt dabei sei, dass der Gebietsübergang einvernehmlich geschehe. Dann wäre also eine solche Gebietsregelung möglich. Einvernehmlich bedeutet Einvernehmlich zwischen dem das Gebiet abtretenden Staat und demjenigen Staat, zu dem dieses Gebiet nun gehören soll, so die Völkerrechtsauslegung von Claus Kreß.
Da Polen und Tschechien freilich damit einverstanden waren, da man ja ansonsten Gebiete des nunmehr eigenen Staatsterritoriums abgeben hätte müssen, galt es somit für in Ordnung. Der Zwei-plus-vier-Vertrag ist allerdings klar erneut kein Friedensvertrag, regelt jedoch das Notwendige. Ein weiteres Papier, werde deshalb seitens der Bundesregierung als nicht notwendig erachtet.
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