Scott Ritter: «Wir beobachten den Kollaps des ukrainischen Militärs in Zeitlupe!»

Zum Jahresabschluss ziehen die beiden Polit- & Militär-Analysten und Buchautoren, Andrei Martyanov und Scott Ritter Bilanz zum globalen Kriegsgeschehen sowie zu den Aussichten für das kommende Jahr 2025.

 Andrei Martyanov: «Es wird kein Einfrieren des Ukraine Konfliktes geben!» – Teil 1

Garland Nixon: Hallo, alle zusammen! Es ist Donnerstagabend und wir sprechen mit Scott Ritter und Andrei Martyanov. Viel spricht dafür, dass wir daraus etwas lernen können. Bevor wir loslegen: Andrei Martyanov betreibt seinen Blog „Reminiscence of the Future“ und noch „Smoothie X12“, das ist sein fantastischer YouTube-Kanal! Abonniert ihn unbedingt und besucht auch die Webseite von Scott Ritter unter scottritter.com, um all die gute Arbeit von Scott zu sehen. Hier bei mir, sind wir auf meiner bescheidenen YouTube Seite.

Ich werde nicht darauf eingehen, wer Ihr seid: Denn wer Euch nicht kennt, hat die aktuellen Ereignisse wohl nicht verfolgt. Fangen wir also an, Jungs!

Andrei, ich weiß, dass Sie Kontakte zu Leuten pflegen, welche in der SMO involviert sind. An den Fronten scheint sich viel abzuspielen – ich höre immer wieder von der Belagerung von Petrowsk: Wie stellt sich aktuell die Lage an der Front dar?

Andrei Martyanov: Nun, im Wesentlichen befinden wir uns derzeit in einem Aufräum-Modus. In Kurachowe wird aufgeräumt – dort sind meines Wissens etwa anderthalb Bataillone der ukrainischen Streitkräfte eingeschlossen. Es wird ordentlich aufgeräumt, doch ganz ohne Eile. Man kennt das russische Vorgehen, um die russischen Truppen, die das tun, was getan werden muss, maximal zu schützen. Die russischen Streitkräfte sind jetzt hauptsächlich im westlichen Teil der Stadt konzentriert und riegeln ab – die ukrainischen Truppen in Petrowsk werden vom Süden her eingekesselt…

Vor zwei Tagen gab es eine Versammlung von russischen Spitzenmilitärs mit dem Präsidenten und Verteidigungsminister und gestern noch ein Briefing durch General Gerassimow, dem Generalstabschef: Die Zahlen der ukrainischen Streitkräfte summieren sich. Sie haben inzwischen rund eine Million an Verlusten erreicht.

Die Vereinigten Staaten drängen darauf, jetzt 18-jährige Kinder zu mobilisieren und an die Front werfen zu lassen, weil sie unter enormen Personal-Mangel leiden, wie Kriegsgefangene – darunter auch Offiziere bestätigen. Sie sagen, dass die Stärke der Formationen zurzeit nur bei 40-45 % läge. Das heißt, sie tun jetzt hauptsächlich das, was sie noch tun können, um ihre Unterstände zu halten. Es gibt einige Versuche mit Gegenangriffen, die allerdings sofort unterbunden werden.

Es ist interessant, was mittlerweile in russische Mainstream-Medien durchgesickert ist: Die Tatsache, dass Stosstruppen der russischen Armee jetzt am rechten Ufer des Dnepr operieren. Doch fragen Sie mich nicht, wie es weitergeht: Das wissen nur die Leute im russischen Generalstab…

Im Moment lässt sich beobachten, dass russische Truppen die Frontlinie an jedem Tag durchschnittlich um einen Kilometer nach vorne verschieben. Aber es geht nicht nur um Vormarsch.

Wie soll ich es ausdrücken? Das strategische Dilemma für Putin, sein Team, die russische Regierung und den Sicherheitsrat besteht darin: „Was machen wir mit der Ukraine?“ Denn, Russland verfügt über genug Streitkräfte, um Vorstösse zu unternehmen… Doch, muss Russland das tun? Ich weiß es nicht, denn das ist keine militärische Entscheidung, sondern eine politische Frage! Dies wird vom Präsidenten, dem Generalstab und den Nachrichtendiensten geklärt…

Das ist es, was gerade passiert. Aber es gibt absolut keinen Zweifel am Endergebnis – egal, was Macron oder seine Chihuahuas um ihn herum, versuchen zu sagen: Es wird kein Einfrieren des Konflikts geben – Punkt! Das Regime von Selenskyj wird eliminiert werden, was auch immer mit der Ukraine geschieht – dazu gibt es zu viele militärische Optionen…

Garland Nixon: Scott, wie sieht Ihre Interpretation zur Lage an der Front aus?

Scott Ritter: Nun, ich denke, Andrei hat es im Grunde genommen gut zusammengefasst. Es besteht keine Notwendigkeit, das zu wiederholen…

Vielleicht aus amerikanisch-politischer Sicht so viel dazu: Sie kennen die Situation um Donald Trump mit dem pensionierten Generalleutnant Keith Kellogg, der als Vor-Verhandler auftreten soll. Ich denke, dass Russland im Moment viele eindeutige Signale sandte, welche die Realität betreffen. Hoffentlich nimmt Trump diese Signale wahr und blamiert sich nicht, denn Kellogg scheint nicht ganz auf der Höhe: Ich meine, er redet Unsinn über Verlustzahlen. Er redet über Taktiken, doch versteht nichts davon. Ich würde ihm gerne einen Gefallen tun – vielleicht kann ich indirekt an ihn herantreten und ihm nicht nur Arbeit von Andrei, sondern auch die von Herrn Khairullin vorstellen – mit einem hervorragenden Blog, welches jeden Tag aktuelle Informationen zur Frontlage veröffentlicht…

Niemand bestreitet, dass die Ukrainer harten Widerstand leisten. Doch auch niemand bestreitet, dass die Russen diesen harten Widerstand regelmäßig überwinden…  Die Russen verfügen über eine Vormachtstellung in Bezug auf Feuerkraft… und über die totale Kontrolle über das gesamte Gefechtsfeld.

Die Ukrainer sind gut, dort wo sie die Zone mit Drohnen fluten: Es gibt Teile an der Front, in denen es für die Russen sehr schwierig ist, zu manövrieren, weil die Ukrainer mit Drohnenschwärmen operieren… Die Ukrainer stellen diese kleinen FPV-Drohnen in Massenproduktion her und das ist jetzt ihre primäre Form der Feuerunterstützung. Sie machen es den Russen sehr schwer, wenn sie Einheiten, die sehr gut sind, zum Einsatz von Drohnen vor Ort bringen… Aber das passiert nicht überall, doch wo Russland die Kontrolle hat, bewegen sie sich.

Kellogg muss das verstehen. Außerdem muss jemand Trump sagen, dass er aufhören soll, auf NATO und Europa zu hören. Diese Operation wird nicht eingefroren werden. Ich kann zwar nicht für die russische Regierung sprechen… aber alles deutet darauf hin, dass die Russen das einfach nicht tun werden. Es gibt keinen politischen Grund für sie, das zu tun…

Sollten sie einfrieren, denkt NATO die Zone mit 100.000 Soldaten zu überschwemmen!

Das wird Russland nicht zulassen. Daher wird Russland nach meiner Meinung seinen Vormarsch mit einem Kilometer pro Tag vorläufig fortsetzen. Es sind nur noch 18 Kilometer zwischen Donbass und der Grenze zum Oblast Dnipropetrowsk und das war’s dann. Russland wird den Prozess fortsetzen, zu dem Putin sagte, dass es um seine Grenzen ginge. Es wird interessant zu sehen, wie es weitergeht. Dazu hat sich Medwedew gemeldet. Er ist spezialisiert auf aggressive Tweets und sehr gut darin und dazu noch recht unterhaltsam…

Garland Nixon: Er spielt wohl das Krokodil…

 Andrei Matyanov: Er macht ganz auf Krokodil…

Scott Ritter: … böse Krokodile agieren nicht in einem Vakuum. Er weist darauf hin, dass man Keith Kellogg besser informieren sollte. Denn, wenn man dumme Spiele spielt, gewinnt man dumme Preise! Der dumme Preis, den man gewinnen könnte, nachdem man Unsinn erzählt hat, könnte für die Einnahme von Odessa und Charkow durch Russland stehen.

Sie wissen, dass Putin sich politisch dazu verpflichtet hat, nur die Gebiete einzunehmen, die bereits verfassungsrechtlich aufgenommen wurden – er ist politisch zu nichts anderem verpflichtet, obwohl er es angedeutet hat. Putin selbst hat kürzlich in einer Diskussion über Novorussija – die neuen russischen Gebiete – Andeutungen gemacht und sie beschrieben. Medwedew ist dann auf diesen Zug aufgesprungen. Doch ich denke, es handelt sich um Signale. Ich glaube, dass Russland bereit wäre, den Konflikt zu beenden, sobald die Realitäten auf ein Ende des Konfliktes hindeuten.

Russland ist nicht auf die physische Zerstörung der Ukraine aus. Doch, es gibt Dinge, die dort zu geschehen haben: Entmilitarisierung und Entnazifizierung sind reale Forderungen. Aber Entnazifizierung kann durch Verfassungsänderungen erfolgen, was Russland schon ins Kommuniqué von Istanbul einbrachte. Das bedeutete nicht die physische Besetzung der Ukraine. Ich denke, hierzu gäbe es eine Einigung zu erzielen.

Trump wäre klug beraten, würde er Kellogg buchstäblich anweisen: „Kein Wort – keine TV-Auftritte und keine Festlegungen mehr!“ Er hat schon Sebastian Gorka zum Schweigen gebracht. Hat man von Gorka, seit er Putin als Verbrecher titulierte, etwas vernommen? Nein – so hätte er noch Keith Kellogg zum Schweigen zu bringen. Trump muss diese Verhandlungen selbst übernehmen und sich sehr gut über die bestehenden Realitäten informieren lassen.

Wenn Trump bereit wäre, die Sanktionen aufheben und besagte Gebiete als russische anerkennen zu lassen, dann denke ich, dass es eine Einigung geben könnte…

Garland Nixon: Darf ich Ihnen eine kurze Zwischenfrage stellen, Scott? Ironischerweise müsste Trump, um das zu erreichen, zuerst die Ukraine entnazifizieren. Denn, nachdem er anfinge, mit diesen Irren in der Ukraine vernünftig zu reden, würden die wahrscheinlich zuvor Selenskyj aufhängen… Ich meine, es gibt dort in der Ukraine eine irrationale Ideologie, wonach diese Typen sich weigern könnten, selbst wenn Trump sagte: „Okay, wir machen es!“ Was meinen Sie?

Scott Ritter: Das denke ich auch. Ich kann nicht für Trump sprechen. Ich weiß nicht, was in seinem Kopf vorgeht – ich glaube, dass er es ehrlich meint, wenn er sagt, diesen Konflikt beilegen zu wollen. Aber ich glaube nicht, dass er die Ukraine irgendwie mag. Ich sehe ihn nicht mit einer Selenskyj-Puppe im Arm ins Bett steigen – nein, ich glaube, es ist vielmehr eine Voodoo-Puppe und er möchte diesen Albtraum ein Ende setzen!

Garland Nixon: Hasst er Selenskyj?

Scott Ritter: … und die Vorstellung, NATO zu Diensten zu sein und sich zu diesem Zeitpunkt für NATO verbiegen zu müssen. Sein Standpunkt ist, dass NATO sich selbst in diese Zwickmühle gebracht hätte. NATO wäre es gewesen, die sich zu einer 800 Milliarden-Dollar-Dummheit verpflichtet hat, mit der Amerika nichts zu tun haben möchte. Also nochmal: Putin ist schlau – Putin ist ein sehr schlauer Mann und dazu von sehr schlauen Beratern umgeben. Ich könnte mir vorstelle, dass es einen Weg gäbe, dies zu erreichen, aber nicht, solange man Keith Kellogg im nationalen Fernsehen auftreten und dumme Dinge von sich geben lässt, was ein Signal an Russland aussendet. Denn Russland weiß, dass Trump kommen möchte… Doch es könnte peinlich werden, falls er Keith Kellogg dorthin schickte. Wer würde diesen treffen? Putin? Putin wird Keith Kellogg ganz sicher nicht treffen. Keith Kellogg ist nur ein Gesandter – nicht einmal Lawrow wird ihn treffen…

Das könnte für Trump nur peinlich werden, also wäre es das Beste, wenn Trump das Gleiche wie mit Nordkorea machen würde: Die Sache selbst in die Hand zu nehmen und Putin anzurufen…

Ich glaube, die einzige Person, mit der Putin sich treffen wollte, wäre Donald Trump. Sie sollten sich an einem neutralen Ort treffen. Dort könnte ein Deal gemacht werden – ein wirklicher Deal, aber wir werden sehen.

Ich meine bezüglich der Frontlage hat Andrei zu 100 % Recht:

Wir beobachten den Kollaps des ukrainischen Militärs in Zeitlupe!

Garland Nixon: Andrei, wenn Sie über die Möglichkeit eines Deals nachdenken und auch nur, um einen Gedanken dazu zu äußern, der Teil des Deals wäre: Ich denke, im Moment bringen sich die Russen auf dem Schlachtfeld in Position, denn sie sagen immer wieder, dass man die Bedingungen auf dem Schlachtfeld zu berücksichtigen hätte, was offensichtlich sei. Ich glaube nicht, dass sie in Eile sind, aber sie machen jetzt mächtige Schritte, sodass sie, wenn sie von den Bedingungen auf dem Schlachtfeld sprechen, meiner Meinung nach beabsichtigen, die Bedingungen auf dem Schlachtfeld zu ändern. Ich meine, seien wir ehrlich, 20 Tage sind eine lange Zeit, nachdem die Front ohnehin bröckelt. Wie denken Sie über das Potenzial zu einem Deal und was damit zusammenhängt, Andrei?

Andrei Martyanov: Es stimmt, Trump hat noch etwa 31 Tage Zeit bevor er den ganzen Cluster-Koitus offiziell zur Biden-Affäre erklären kann. Wenn er, wie Scott richtig angemerkt hat, im Grunde genommen so weitermacht, wie Keith Kellogg es zum Beispiel propagiert, würde es als Krieg von Trump gedeutet werden… …und all diese Widerlinge, wie Sullivan oder Blinken, würden sich vor Freude die Hände reiben und folgern: „Oh ja, wir haben es versucht, doch den Job nicht zu Ende gebracht und jetzt ist es die Sache von Trump!“…

Scott hat am Ende absolut recht: Wenn Trump etwas ändern will, muss er… die Sanktionen aufheben, die teils schon aufgehoben wurden, wie man besonders es mit dem Problemkreis „Gas“ rund um die Gazprom-Bank gesehen hat…

Trump hätte die Möglichkeit für einen Handel, falls er den meisten russischen Forderungen weitestgehend entgegenkäme, insbesondere in Bezug auf die Existenz der Ukraine, wonach ihre Überreste demilitarisiert und denazifiziert werden müssten und die Ukraine sich keinem Militärbündnis anschliessen dürfte…

Trump könnte zum Friedensstifter werden… Ich ziehe die Möglichkeit in Betracht, dass Putin sich auf eine Art von Trumps Absichten einlassen könnte und es Kellogg ermöglichen könnte, falls er nach Moskau käme, sich mit Ryabkov, dem Stellvertretenden Außenminister Russlands zu treffen. Ich glaube nicht, dass Kellogg Lawrow treffen wird können…

Wie Scott richtig sagte, müsste Trump diesen ausgeflippten Kellogg loswerden und sich selbst an die Arbeit machen, um mit Putin direkt in Verbindung zu treten. Putin wird bereit sein sich mit Trump zu treffen, um mit ihm zu sprechen.

Doch inzwischen herrscht weiter Verzweiflung und Terrorismus pur entlang der Achse „Washington-London“. Falls London denkt, irgendetwas erreicht zu haben – so trifft das nicht zu: Russland wird nur mit Washington und den richtigen Leuten dort sprechen.

Ich sehe überhaupt keinen Sinn, um diplomatische Beziehungen mit dem Vereinigten Königreich aufrechtzuerhalten. Ich meine, man könnte diese Beziehungen einfach abbrechen!

Aber so ist es nun mal. Ich stimme Scotts Idee voll und ganz zu: Falls Trump etwas Ehrenhaftes erreichen und auch das Gesicht seiner Administration wahren wollte, so müsste er Putin anrufen!

Fortsetzung folgt

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Das ganze Interview auf Englisch: Hier



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