Schwierige Vorzeichen: Jubiläums-Gipfel der NATO in Washington

Heute beginnt ein dreitägiger NATO-Gipfel in Washington. Die NATO nimmt das zum Anlass, um erneut ihren Geburtstag zu feiern. Die NATO wurde vor 75 Jahren am 4. April 1949 gegründet. Das Datum kann auch als Beginn des Kalten Krieges mit der Blockkonfrontation zwischen Ost und West sowie der Wiederaufrüstung Europas verstanden werden. 

Bereits im April dieses Jahres feierte sich die NATO selbst in ihrem Hauptquartier in Brüssel, damals im kleinen Kreis bei Kaffee und Kuchen. Jetzt soll in Washington die große Sause nachgeholt werden.

Auch Bundeskanzler Scholz nimmt teil. In einem Tweet behauptet er, die NATO sei Garant für Sicherheit, Stabilität und Frieden. Das wirkt angesichts des Überfalls auf Jugoslawien im Jahr 1999, des Desasters in Afghanistan und der Beteiligung von NATO-Staaten am Krieg in Irak, Syrien und Libyen sowie der aktuellen Entwicklungen in der Ukraine der Realität sehr entrückt. 

Fernab der Realität wirkte zuletzt auch US-Präsident Joe Biden. Er will auf dem Gipfel seine geistige und physische Leistungsfähigkeit unter Beweis stellen und sich als entscheidungsstarker Führer des westlichen Bündnisses präsentieren. An der Eignung des Präsidenten für eine zweite Amtszeit waren nach einem TV-Duell mit seinem Herausforderer Donald Trump erhebliche Zweifel aufgekommen. Biden sprach leise, oft unzusammenhängend, wirkte zudem schwach und kränklich. Biden beabsichtigt den Gipfel zu nutzen, um das entstandene Bild zu korrigieren und Gerüchte um eine fortschreitende Demenz zu entkräften.  

Einen Schwerpunkt des Gipfels stellt die Ukraine und deren weitere Unterstützung dar. Die NATO sieht sich einem Ansehensverlust gegenüber. Das größte und vor allem finanzstärkste Militärbündnis der Welt sieht sich in einem regional eng begrenzten Konflikt der Tatsache ausgesetzt, dass die Mittel zur weiteren Unterstützung immer schwerer zu beschaffen sind. Vor allem bei der Artilleriemunition kommen die westlichen Nationen mit der Produktion nicht nach. Zudem macht die militärische Auseinandersetzung in der Ukraine die Schwächen des Bündnisses deutlich. Westliche Waffensysteme erweisen sich als nicht überlegen, Probleme bereitet auch die Wartung und Bedienung all der unterschiedlichen Systeme durch ukrainisches Personal. 

Zentrale Ursache des Ukraine-Konflikts ist die erklärte Absicht des Militärbündnisses, die Ukraine in die NATO aufnehmen zu wollen. Auf diesem Gipfel ist ein konkretes Aufnahmeangebot an Kiew dennoch nicht zu erwarten, allerdings wird die NATO an der Aufnahmeabsicht festhalten und damit die Ursache des Krieges aufrechterhalten.

Dabei wirkt das Bündnis schon jetzt überdehnt. Die Bündnisstaaten haben zunehmend divergierende geopolitische Interessen. Im Fall eines Wahlsiegs von Donald Trump bei den US-Präsidentschaftswahlen im November ist damit zu rechnen, dass das Bündnis weiter unter Druck gerät. 

Mehr zum Thema – Orbán und seine Friedensmission in Anführungszeichen

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