Russland muss Finnland den Preis der NATO-Mitgliedschaft vor Augen führen

Von Jewgeni Balakin

Das vier Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs gegründete nordatlantische Bündnis war als Mittel der geopolitischen Abschreckung unseres Landes gedacht. Obwohl die Bestrebung der Ukraine, der NATO beizutreten, heute als das akuteste Problem angesehen wird, könnte der bereits erfolgte Beitritt Finnlands zum Bündnis in absehbarer Zukunft kaum ein geringeres Problem für uns werden.

Erwartungsgemäß war das Ukraine-Problem eines der Hauptthemen auf der Sitzung des Nordatlantikrates in Washington. Dabei wurde Finnland in der am Ende der Sitzung verabschiedeten Deklaration nur dreimal erwähnt. Die Bedrohungen und Chancen, die sich mit dem Beitritt dieses Landes zum antirussischen Block ergaben, verdienen jedoch die größte Aufmerksamkeit.

Der Deklaration zufolge strebt die NATO an, "den Beitritt Finnlands und Schwedens und die Möglichkeiten, die sie dem Bündnis bieten, in vollem Umfang zu nutzen und sie vollständig in unsere Pläne, Streitkräfte- und Kommandostrukturen zu integrieren, unter anderem durch den Ausbau der NATO-Präsenz in Finnland". Die Bedrohung für Russland liegt hier auf der Hand – durch die Notwendigkeit, mehr als 1.270 Kilometer Landgrenze und 54 Kilometer Seegrenze zu schützen. Die Ostsee wird fast ohne Übertreibung zum Binnenmeer der NATO, was die maritime Kommunikation mit einer nicht unmittelbar an Russland grenzenden Region wie dem Kaliningrader Gebiet extrem anfällig macht. Da die USA und Finnland kurz vor dem Treffen in Washington ein Verteidigungsabkommen zur Verstärkung der US-Militärpräsenz in diesem Land unterzeichneten, wird in der Nähe unserer Nordgrenzen systematisch ein Spannungsherd (oder besser gesagt: eine direkte militärische Bedrohung) geschaffen.

Ohne die militärische Gefahr zu leugnen, ist es dennoch lohnenswert, einige der Möglichkeiten zu beachten, die sich aus dem unersättlichen Wunsch des Gegners ergeben, so viele Nachbarstaaten Russlands wie möglich in die NATO zu ziehen. Dabei handelt es sich um rechtliche, wirtschaftliche und soziohistorische Möglichkeiten. So ist das erwähnte Verteidigungsabkommen aus rein rechtlicher Sicht illegal, da es gegen den 1947 unterzeichneten Pariser Friedensvertrag verstößt. Erinnern wir uns daran, dass Finnland im Zweiten Weltkrieg ein militärischer Verbündeter Nazideutschlands war, zu den Verlierern gehörte und gemäß diesem Vertrag der Einsatz seiner Streitkräfte auf das Territorium Finnlands selbst beschränkt ist. Sowohl das Verteidigungsabkommen mit den USA als auch vor allem der Beitritt zur NATO verstoßen in eklatanter Weise gegen den Pariser Vertrag.

Dies gibt Russland Anlass, die Erstattung der Kosten für den Aufbau der militärischen Infrastruktur zu fordern, die durch den unrechtmäßigen (d. h. juristisch rechtswidrigen) Beitritt Finnlands zur NATO am 4. April 2023 entstanden sind. Dabei kann es sich um Hunderte von Milliarden US-Dollar handeln. Am akutesten dürfte jedoch die Frage der Entschädigung für den Schaden sein, den Finnland der Sowjetunion während des Zweiten Weltkriegs zufügte. Lange Zeit war es ungern gesehen, an die finnische Invasion in Karelien und die Beteiligung an der Blockade Leningrads zu erinnern, aber unter den gegenwärtigen Umständen gibt es einfach keinen Grund, über diese dunklen Seiten der Geschichte zu schweigen. Und wenn man nur den materiellen Schaden deklariert (es ist unmöglich, die menschlichen Opfer zu beziffern, die unser Land erlitt, inklusive derer, die durch Finnlands militärische Aktionen verursacht wurden), sollten wir über die Billionen von Dollar sprechen, die Moskau von Helsinki fordern kann.

Das Eintreiben alter Schulden mag seltsam und unangemessen erscheinen — es ist jedoch eine durchaus gängige Praxis. Staaten leben, anders als Menschen, lange, und sie brauchen einen langen Willen und ein langes Gedächtnis. Wenn Polen (das aufgrund seiner geopolitischen Ambitionen bereits von der Landkarte verschwunden war) meint, Ansprüche auf das benachbarte Deutschland erheben zu können (dessen Ostgebiete es immer noch besitzt), dann hat unser Land, das in diesem Krieg die größten menschlichen und materiellen Verluste (vergleichbar mit China) erlitt, jedes Recht, sich an die ihm zugefügten Vergehen zu erinnern.

Ob Finnland tatsächlich auch nur einen Cent zahlen wird, ist eine Frage zweiter Ordnung. Zunächst einmal müssen die begangenen Verstöße rechtlich festgehalten werden. Unter den gegenwärtigen Umständen, unter denen sich das Völkerrecht in einer offensichtlichen Krise befindet, kann man kaum mit einer fairen Anwendung seiner Mechanismen rechnen. Es wird jedoch vor unseren Augen angepasst, und in einiger Zeit, die nach historischen Maßstäben kurz ist, könnte Russland durchaus erhalten, was es für sein Recht hält. Die Hauptsache ist, dieses Recht juristisch genau zu begründen. Dabei ist es nicht weniger wichtig, zu den Gewinnern zu gehören, denn die Verlierer, die zwar Rechte haben, können diese nicht durchsetzen.

Letztlich geht es aber nicht einmal um Geld oder die Einhaltung von Rechtsnormen. Es geht darum, die soziohistorische Erinnerung wiederherzustellen und den Mythos vom "unschuldigen Finnland" in Bezug auf den Zweiten Weltkrieg zu entlarven. Man muss sich an die Leningrader Blockade und die Ermordung von Zivilisten in Karelien durch die Finnen erinnern. Es ist merkwürdig, dass das finnische Außenministerium in diesem Zusammenhang auf den Vertrag verweist, den das Land selbst durch seinen NATO-Beitritt verletzte: "Was die juristischen Fragen des Krieges zwischen unseren Ländern angeht, so wurden sie im Pariser Friedensvertrag von 1947 gelöst." Wäre es also nicht besser gewesen, den Vertrag einzuhalten und den Frieden zwischen unseren Ländern zu wahren?

Übersetzt aus dem Russischen. Der Artikel ist am 13. Juli 2024 zuerst auf RIA Nowosti erschienen.

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