In einem Bericht der Welt wird nun geschrieben, bei dem Anschlag auf die Nord-Stream-Pipeline sei versucht worden, auch den bisher als nicht betroffen geltenden Strang B von Nord Stream 2 zu sprengen. Aufgefallen sei dies dem schwedischen Ingenieur Erik Andersson, der aus eigener Initiative die Röhren mit einem Sonar absuchte. Ein kleiner Schaden an der Betonummantelung dieser Röhre war ihm beim ersten Betrachten entgangen.
"Nun sichtete er sein Material aufgrund an ihn herangetragener Hinweise über eine sechste Explosion erneut."
Der Welt-Autor vermutet nun, an dieser Röhre sei ein Sprengsatz angebracht worden, aber nicht an einer Schweißnaht, der verwundbaren Stelle der Pipeline, die aus betonummantelten Stahlrohren besteht, die aneinandergeschweißt wurden. Da die Ummantelung widerstandsfähiger ist, sei nur ein Betonschaden entstanden.
Es gibt aber auch noch eine weitere, bisher unbekannte Sprengstelle am Strang B von Nord Stream 1, die nicht aufgefallen sein soll, weil dieser Strang an anderer Stelle tatsächlich zerrissen wurde. Diese weitere mögliche Sprengstelle ist im Schadensersatzverfahren der Nord Stream 1 AG gegen die Versicherungen Lloyds und Arch aufgetaucht. Die Versicherungen weigerten sich, zu zahlen, da Fälle von Staatssabotage vom Vertrag nicht gedeckt seien, womit aber das juristische Argument der Versicherer den bisher z. B. von der Bundesanwaltschaft veröffentlichten Theorien diametral entgegenläuft.
Im Welt-Bericht wird noch ein weiteres Detail erwähnt: ein norwegisches Expeditionsboot namens "Normand Frontier", das Wochen nach dem Anschlag in der Ostsee unterwegs war, "mutmaßlich, um im Auftrag der USA Spuren für die Aufklärung des Anschlags zu sichern". Der nächste Satz sollte sehr nachdenklich machen:
"Die Besatzung wusste offenbar genau, wo sie suchen musste. Denn öffentlich zugänglichen Daten zufolge steuerte das Boot gezielt die 4 Schadensstellen der Pipelines an – und zwar nicht nur jene Orte, die aufgrund der weithin sichtbaren Explosionen ohnehin bekannt waren, sondern auch den Ort am B-Strang von Nord Stream 2, an dem Anderssons Sonar die Beton-Abplatzungen aufnahm."
Die Schlussfolgerung des Autors lautet, dass mit den zusätzlichen Sprengsätzen die Theorie, Russland selbst könne hinter dem Anschlag stecken, nicht mehr schlüssig sei, da es mitnichten die Absicht der Terroristen war, einen Strang von vieren intakt zu lassen. Bisher wurde die Tatsache, dass die Lieferungen von Erdgas über den verbliebenen Strang jederzeit wiederaufgenommen werden könnten, als Argument vorgetragen, warum der russische Staat ebenfalls verdächtig sei.
Es scheinen also nicht vier Sprengsätze gewesen zu sein, sondern sechs. Eine überraschende Veröffentlichung, die noch dazu am selben Tag erfolgt wie die russischen Aussagen über eine direkte Beteiligung britischer und US-amerikanischer Geheimdienste. Es kommt wieder Bewegung in die Aufklärung des "größten und womöglich folgenschwersten Sabotageaktes der vergangenen Jahrzehnte".
Mehr zum Thema – Russlands Außenaufklärung: Nord-Stream-Anschlag direkt von angelsächsischen Geheimdiensten verübt
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