Mastodon: Gemeinwohlorientierte Digitalisierung braucht Unterstützung statt Steine im Weg

Das Finanzamt hat den Hauptentwicklern von Mastodon die Gemeinnützigkeit aberkannt. Wer Digitalisierung und digitale Souveränität vorantreiben will, sollte die Entwicklung von freier und offener Software als gemeinnützig anerkennen. Ein Kommentar.

Ältere Männer in Trachten sitzen auf einer Kutsche.
Brauchtumspflege ist in Deutschland gemeinnützig – die Entwicklung freier und offener Software nicht. – Alle Rechte vorbehalten IMAGO / Lindenthaler

Deutschland macht mal wieder seinem Ruf als technologiefeindlicher und bürokratischer Technikstandort alle Ehre. Dieses Mal hat es mit der Mastodon gGmbH ein Projekt getroffen, das Motor für neue und gemeinwohlorientierte soziale Netzwerke im Fediverse ist. Dieser gemeinnützigen GmbH hat das Finanzamt die Gemeinnützigkeit aberkannt – woraufhin das Projekt jetzt eine gemeinnützige Organisation in den USA gegründet hat, um weiter steuerbefreit Spenden zu sammeln. Offenbar geht das in den USA einfacher, wenn hier dem Projekt trotz seinem Erfolg der letzten beiden Jahre Steine in den Weg gelegt werden.

In Deutschland wird immer groß getönt, wenn es um die böse Macht der US-Tech-Riesen geht, die zu Recht beschränkt werden muss. Dann werden europäische und deutsche Tech-Projekte gefordert, die ein Gegengewicht schaffen sollen. Von digitaler Souveränität ist die Rede, der nächste Digitalgipfel der Bundesregierung steht sogar unter diesem Motto. Und alle schreiben sich in Buzzwords Innovation auf die Fahne, und meinen damit manchmal aber nur bevölkerungsferne Flugtaxi-Technologien. Doch auf die Sonntagsreden müssen sinnvolle Taten folgen!

Das Fediverse ist ein technologischer und gesellschaftlicher Hoffnungsträger für ein dezentrales Internet mit föderierten sozialen Netzwerken, die basierend auf dem Protokoll Activity Pub miteinander sprechen können. Das Fediverse ist ein gemeinwohlorientiertes Gegenmodell zu den zentralisierten Plattformen aus dem Silicon Valley und aus Peking. Ein Modell, bei dem heute schon tausende nicht-kommerzielle Projekte, Universitäten, Vereine und Freundeskreise zusammenarbeiten und kommunizieren.

Macht die Entwicklung von freier und offener Software endlich gemeinnützig.

Einer der wichtigen Akteure dieser Bewegung ist eben die in Berlin registrierte gemeinnützige Mastodon gGmbH, welche mit Mastodon die derzeit wichtigste Software im Fediverse entwickelt und mit mastodon.social einen der größten Instanzen im Fediverse betreibt. Das ist quasi diese „Innovation made in Germany“, die immer alle haben wollen.

Man kann in dieser Frage die Schuld nicht nur dem Finanzamt geben, das erst die Gemeinnützigkeit der Mastodon gGmbH genehmigt und jetzt wieder aberkannt hat. Gefragt ist auch die Politik – und genauer gesagt die Ampel-Koalition.

Sie hat die Möglichkeit die Entwicklung von freier und offener Software als gemeinnützig abzusichern. Es ist vollkommen in Ordnung, dass Trachten- und Brauchtumsvereine in Deutschland gemeinnützig sind, aber wir müssen die Sache auch ein bisschen in die Zukunft weiterdenken. Gemeinnützigkeit muss digitaler werden, damit solche Erfolgsprojekte wie Mastodon, aber auch viele andere Projekte, die mit freier und offener Software Digitalisierung für das Gemeinwohl betreiben, kontinuierlich und rechtsicher gefördert werden können.


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