Der französische Präsident Emmanuel Macron befindet sich in Warschau, um den Plan für eine EU-Friedensmission mit dem polnischen Premierminister Donald Tusk zu erörtern, berichtet die polnische Zeitung Rzeczpospolita. Die Mission könnte im Rahmen eines möglichen von Donald Trump vermittelten Friedensabkommens in die Ukraine entsandt werden.
Macron wird mit Tusk "Gespräche über die europäische Unterstützung für die Ukraine im neuen transatlantischen Kontext sowie im Zusammenhang mit der polnischen EU-Ratspräsidentschaft in der ersten Hälfte des Jahres 2025 führen", teilt der Élysée-Palast mit.
Das Treffen findet vor dem Hintergrund der wachsenden Besorgnis statt, dass der designierte US-Präsident Donald Trump die Ukraine-Hilfe reduzieren könnte und die EU die Lasten der militärischen und finanziellen Unterstützung an Kiews alleine tragen muss.
Am vergangenen Samstag, kurz vor der Einweihung der restaurierten Kathedrale Notre-Dame de Paris, hatte Macron mit Trump und dem ukrainischen Präsidenten Wladimir Selenskij im Elysee-Palast gesprochen. "Soweit ich weiß, hat Emmanuel Macron Donald Trump zu verstehen gegeben, dass Europa nicht von den Verhandlungen zwischen den USA und Russland ausgeschlossen werden kann, weil es hier seine eigenen ernsthaften Sicherheitsinteressen hat. Man ist bereit, sich finanziell an diesem Prozess zu beteiligen", sagte Camille Grand, ehemaliger stellvertretender NATO-Generalsekretär, gegenüber Rzeczpospolita.
Die Zeitung behauptet, dass Macron Warschau als einen der Hauptakteure in diesem Projekt sieht. "Angesichts seines schnell wachsenden militärischen Potenzials und seiner geografischen Lage wird Polen wesentlicher Bestandteil eines solchen Plans. Daher die Ankunft Macrons in Warschau", erklärte Grand.
Die Initiative des französischen Präsidenten stütze sich auf die Idee, dass eine Friedensmission sicherstellen soll, dass Russland einen künftigen Waffenstillstand und eine festgelegte Demarkationslinie nicht verletzt, so das Blatt. Elie Tenenbaum, der Direktor des in Paris ansässigen IFRI-Zentrums für Sicherheitsstudien, arbeitet an dem Projekt der Friedensmission. Er erklärte gegenüber Rzeczpospolita, dass die Mission aus fünf Brigaden (etwa 40.000 Militärangehörigen) bestehen könnte. Polen könnte das Kommando über eine dieser Brigaden übernehmen.
Ein EU-Diplomat bestätigte gegenüber der Zeitschrift Politico, dass Paris und Warschau Gespräche über eine mögliche Entsendung einer Friedensmission führen. Aus welchen Ländern die Soldaten kommen könnten, erklärte der Diplomat nicht, so Politico.
Jedoch erklärte ein hochrangiger polnischer Beamter, man sei von Macrons Vorschlag überrascht. "Dies ist keine Formel, die es uns erlauben würde, eine solche Entscheidung zu treffen", erklärte der Beamte gegenüber Politico und fügte hinzu, dass über die Entsendung von Friedensmissionen im Rahmen der UNO oder der OSZE entschieden werden sollte und nicht bei einem bilateralen Gespräch mit dem französischen Präsidenten. Die Entsendung polnischer Truppen in die Ukraine "würde nur im Rahmen eines NATO-Formats Sinn ergeben", sagte er.
Politico weist darauf hin, dass Warschau Umsicht zeige, insbesondere bei den Diskussionen über die Entsendung von Truppen, während die Feindseligkeiten anhalten. "Eine Entsendung polnischer Soldaten in die Ukraine kommt derzeit nicht in Frage", erklärte der polnische Verteidigungsminister Wladyslaw Kosiniak-Kamysz am Dienstag. Er besteht darauf, dass solche Schritte von der NATO unternommen werden sollen.
Laut dem polnischen Beamten bestehe eine weitere Besorgnis über Macrons Initiative darin, dass die gesamte politische Situation bis Trumps Amtsantritt sehr unsicher bleiben werde. "Es ist schwierig, über ein solches Thema vor dem 20. Januar überhaupt zu diskutieren", sagte er gegenüber Politico.
Emmanuel Macron habe seit Beginn seiner Präsidentschaft versucht, Frankreich als Anführerstaat der EU darzustellen, schreibt die Zeitung Kommersant. Jetzt habe der französische Präsident offenbar beschlossen, nicht auf Trumps offiziellen Amtsantritt im Januar zu warten. Macron bemühe sich, schon jetzt eine Führungsrolle bei der Beilegung des Ukraine-Krieges zu übernehmen. Dafür habe er bereits Gespräche zwischen Trump und Selenskij organisiert. Nun plane Macron, Sicherheitsgarantien für die Ukraine zu organisieren und zu fördern, so Kommersant.
Mehr zum Thema – Keine territorialen Zugeständnisse: Selenskij lehnt Trump-Friedensplan ab
Meist kommentiert