Foto-Nachruf auf Grüne und FDP: Sie waren Bürgerrechtsparteien

Irgendwann geht alles einmal zu Ende. Mit einer Zustimmung zum Sicherheitspaket würden sich Grüne und FDP von ihrer Tradition als Bürgerrechtsparteien verabschieden. Wir widmen ihnen deshalb einen Fotorückblick ihrer stolzen Vergangenheit, in der Grundrechte noch etwas zählten.

Ein Wahlplakat zur Bundestagswahl der FDP im Jahr 2013: Aufschrift: Freiheit statt Überwachung.
Ein Wahlplakat zur Bundestagswahl der FDP im Jahr 2013. – Alle Rechte vorbehalten IMAGO / Manngold

Grüne und FDP verabschieden sich mit dem Überwachungspaket der Bundesregierung von ihrem Image als Bürgerrechtsparteien. Das als „Sicherheitspaket“ deklarierte Gesetzesvorhaben der Ampel wird von Menschenrechtsorganisationen wie Amnesty International und der Humanistischen Union scharf kritisiert, die Bundesdatenschutzbeauftragte hält es für unverhältnismäßig und rechtswidrig. Und sogar in der SPD regt sich Widerstand.

Die Fraktionen von Grünen und FDP tragen das Paket bislang mit. Es richtet sich unter anderem gegen Asylsuchende, die über ein anderes EU-Land eingereist sind. Diesen möchte die Ampel-Regierung staatliche Leistungen streichen. Zudem möchte sie den Katalog der Abschiebegründe nochmals ausweiten.

Fast überall sollen Menschen in Zukunft ohne Anlass angehalten und durchsucht werden können. Polizeibehörden sollen per biometrischer Gesichtserkennung nach Personen im Netz fahnden dürfen. Ein Szenario, wie man es von Gesichtersuchmaschinen wie Clearview kennt – inklusive zweifelhafter Datenschutzkonformität. Zudem möchte die Ampel die Überwachung mittels Big-Data-Anwendungen im Stile von Palantir ausweiten.

Abschied vom Markenkern

Für beide Parteien wäre die Zustimmung zum Vorhaben ein Abschied von mindestens einem Markenkern – und einer langen Parteitradition. Bei den Grünen sind mit den Themen Migration und Bürgerrechte sogar gleich zwei Kernidentitäten der Partei betroffen. Während sie früher noch auf Demonstrationen für Grundrechte eintraten, stehen Politiker wie der Grüne Konstantin von Notz und der FDP-Justizminister Marco Buschmann (Buchautor: „Die sterbliche Seele der Freiheit“) nun für einen anderen Kurs.

Und sogar die Jugendorganisationen der beiden Parteien haben sich auch auf mehrfache Nachfrage von netzpolitik.org bislang nicht zur Ausweitung der biometrischen Überwachung und der polizeilichen Kontrollbefugnisse geäußert.

Der verstorbene FDP-Politiker und Bürgerrechtler Burkhard Hirsch

Die Grünen hatten als Bewegungspartei eine starke bürgerrechtliche Strömung, die mit der Wende durch das Hinzukommen von DDR-Bürgerrechtler:innen gestärkt wurde. Erste Kratzer erhielt das Bild der Bürgerrechtspartei nach dem 11. September 2001, als die Grünen Otto Schilys Sicherheitspakete mittrugen. Doch immer wieder traten die Grünen in der Folge als Verteidiger von Grundrechten auf. Einer der prominentesten Vertreter gegen Überwachung und für Freiheitsrechte war der Berliner Abgeordnete Hans-Christian Ströbele.

Die FDP hingegen galt lange aufgrund des Grundrechte-Flügels rund um den ehemaligen Innenminister Gerhart Baum und Burkhard Hirsch sowie wegen des Rücktritts von Sabine Leutheusser-Schnarrenberger beim Großen Lauschangriff als Partei der Bürgerrechte. In der Partei und rund um die Partei gab und gibt es zahlreiche Menschen, die sich für Grundrechte starkmachen. Auch beim Kampf gegen die Chatkontrolle hatte die Partei zuletzt noch Profil gezeigt.

Wie die Grünen gegen Überwachung demonstrierten:

Grüne auf Demo mit Transparent: Meine Daten gehören mir.
Bei der Freiheit statt Angst Demo 2008. - Alle Rechte vorbehalten IMAGO / IPON
Grü+ne mit Parteifahne und Transparent "Meine Daten gehören mir" bei einer Demo
Die Grünen im Jahr 2011 auf der Bürgerrechtsdemo „Freiheit statt Angst“. - Grüne Pfaffenhofen
Grüne mit Transparent: Meine Freiheit ist unanzapfbar
Grüne Politiker:innen bei der Freiheit statt Angst 2013. - Alle Rechte vorbehalten IMAGO / IPON
Grüne mit Parteifahnen, Luftballons und Transparent "Freiheit statt Angst" bei einer Demo
Bei der Demonstration 2014 hieß es noch: „Freiheit statt Angst“. Mit im Bild u.a. Jan-Philipp Albrecht, Renate Künast, Volker Beck und Konstantin von Notz. - CC-BY-SA 2.0 mw238

 

Wie die Grünen Wahlkampf gegen Überwachung machten:

Grünes Plakat gegen Überwachungsstaat von 1987 Plakat: Ich will einen Freistaat, keinen Überwachungsstaat Plakat: Gegen unbegrenzte Abhörmöglichkeiten

Wie die FDP gegen Überwachung demonstrierte:

FDP-Politiker bei der Bürgerrechtsdemonstration "Freiheit statt Angst", in der Mittel der heutige Justizminister Marco Buschmann.
FDP-Politiker bei der Bürgerrechtsdemonstration „Freiheit statt Angst“, in der Mitte der heutige Justizminister Marco Buschmann. - Screenshot
FDP-Anhänger demonstrieren gegen Überwachung im Jahr 2013.
FDP-Anhänger demonstrieren gegen Überwachung im Jahr 2013. - Alle Rechte vorbehalten IMAGO / IPON

So plakatierte die FDP für Bürgerrechte:

Ein Wahlplakat zur Bundestagswahl der FDP im Jahr 2013: Aufschrift: Freiheit statt Überwachung.
Ein Wahlplakat zur Bundestagswahl der FDP im Jahr 2013. - Alle Rechte vorbehalten IMAGO / Manngold
Plakat mit der Aufschrift: Bürgerrechte stärken. Nur mit der FDP.
Wahlplakate der FDP im Jahr 2013. - Alle Rechte vorbehalten IMAGO / Rüdiger Wölk
Ein Wahlplakat vom FDP-Politiker Wolfgang Kubicki mit der Aufschrift Mehr Sicherheit muss nicht mehr Überwachung bedeuten.
Ein Wahlplakat vom FDP-Politiker Wolfgang Kubicki aus dem Jahr 2017. - Alle Rechte vorbehalten IMAGO / Agentur 54 Grad


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