Nach massiver Kritik an ihrem Kurs und dem Ergebnis der Sondierungsgespräche mit CDU und SPD hat die Thüringer BSW-Chefin Katja Wolf am Samstag angekündigt, die politischen Kernpositionen ihrer Partei in einem noch auszuhandelnden Koalitionsvertrag durchsetzen zu wollen. Am Ende eines Sondertreffens aller Mitglieder des Landesverbandes sagte Wolf, die Positionen zu Krieg und Frieden in den weiteren Verhandlungen "schärfen" zu wollen. Das Thema solle in einem etwaigen Koalitionspapier "sehr klar" benannt werden.
Bei den in der kommenden Woche beginnenden Koalitionsgesprächen gehe es darum, möglichst viel für Thüringen herauszuholen. Zur umstrittenen Friedenspräambel erklärte Wolf: "Die Präambel ist insoweit durch." Nach dem Austausch mit den Mitgliedern sieht Wolf nach eigenen Worten deutlichen Rückenwind für die Koalitionsverhandlungen.
Auch der zweite Mann des BSW in Erfurt, Generalsekretär Christian Leye, sieht seinen Kurs auf Regierungsbildung durch das Treffen bestätigt. Man sei sich einig, dass die Koalitionsverhandlungen beginnen müssten und ein dort ausgehandelter Koalitionsvertrag in außenpolitischen, aber auch in innenpolitischen Fragen deutlicher die Handschrift des BSW tragen müsse. Darüber, ob man im Ergebnis in eine Koalition eintrete, müsse nach Vorliegen des Koalitionsvertrages entschieden werden, ergänzte Leye:
"Entweder man geht geschlossen in eine Regierung, das wäre gut, oder man geht geschlossen einen anderen Weg, das wäre auch gut."
Das Treffen war der bisherige Höhepunkt der innerparteilichen Auseinandersetzung um den Kurs des Landesvorstandes auf eine Regierungsbeteiligung um jeden Preis. Nach Bekanntwerden des Sondierungsergebnisses, bei dem das BSW offensichtlich alle im Wahlkampf als zwingend dargestellte Positionen – in der Friedenspolitik, bei der Pandemie-Aufarbeitung und beim Erhalt von Krankenhäusern – aufgegeben hatte, hagelte es Kritik von der Bundesebene, aus anderen Landesverbänden und zuletzt auch von einer BSW-Abgeordneten im Thüringer Landtag.
Die BSW-Landtagsabgeordnete Anke Wirsing hatte auf ihrem Facebook-Kanal ein Statement veröffentlicht, in dem sie deutlich auf Distanz zu Wolf und ihren Koalitionsabsichten mit CDU und SPD ging. Wirsing schrieb unter anderem:
"Ich habe nicht mit Sahra Wagenknecht DIE LINKE verlassen, um nach wenigen Monaten den Gründungskonsens aufzukündigen. Ich werde nicht gegen den Bundesvorstand agieren. Es ist mir wichtig, auch weiterhin die Interessen der Wählerinnen und Wähler des Bündnis Sahra Wagenknecht zu vertreten."
Der Bundesvorstand hatte zuvor Nachbesserungen gefordert:
"Wir bedauern, dass das Thüringer Sondierungspapier in vielen für uns wichtigen Fragen äußerst vage bleibt", hieß es in einem im Bundesvorstand abgestimmten Papier.
Ob der innerparteiliche Streit noch durch einen nachgebesserten Koalitionsvertrag ausgeräumt oder wenigstens entschärft werden kann, bleibt abzuwarten. Der Landesverband Thüringen des BSW bleibt offensichtlich weiter auf Regierungskurs und ist dabei bereit, Kompromisse einzugehen, die in Berlin und anderen Landesverbänden als zu weitreichend betrachtet werden.
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