CUII-Liste: Internetprovider heben 39 Netzsperren auf

Ein Schüler hat die geheime Liste der Websites veröffentlicht, die nach Absprache von Unternehmen und Verbänden in Deutschland gesperrt werden – viele davon offenbar zu Unrecht. Jetzt haben Internetprovider 39 der gesperrten Domains wieder freigegeben. Zwei Seiten sind weiterhin grundlos mit einem DNS-Block versehen.

Ein Mensch sitzt am Computer.
39 Netzsperren wurden aufgehoben, vermutlich aufgrund Damians Recherche. – Public Domain Midjourney

Damian, nach eigenen Angaben ein 17-jähriger Schüler, hat sich mit der Unterhaltungsindustrie angelegt. Und gerade einen Teilsieg eingefahren. Sein Kampf begann, als er eine Liste aller Domains zugespielt bekam, die in Deutschland gesperrt sind, weil sie Filme, Musik, Spiele und andere Kulturgüter gratis zugänglich machen. Damian hat die Liste veröffentlicht, wir haben darüber berichtet.

Kurz darauf, am 28. August, hat Damian die Domains geprüft und festgestellt, dass ein Drittel zu Unrecht gesperrt ist, weil dort keine Urheberrechte verletzt werden. Auch darüber haben wir berichtet. Der Text erschien am Morgen des 12. September. Als ein Beispiel für die unrechtmäßige Sperrung ist darin die Domain burningseries.tw genannt. Am Mittag des 12. September schrieb Damian: „Drei von den vier Internetanbietern, die wir beobachten, haben heute morgen burningseries.tw entsperrt. Ob es da wohl ein bisschen Druck von der CUII gab?“

Die Clearingstelle Urheberrecht im Internet, kurz CUII, ist die Institution, die in Deutschland Webinhalte wegen Urheberrechtsverletzungen sperren lässt. Mitglieder sind Internetanbieter und Rechteinhaber. Die Rechteinhaber beantragen die Sperren, die CUII stellt fest, ob eine systematische Urheberrechtsverletzung vorliegt. Ist dem so und gibt die Bundesnetzagentur (BNetzA) ihr okay, empfiehlt die CUII den Providern, die Seite zu sperren. Richter*innen sind in diese schwerwiegenden Eingriffe in die Informationsfreiheit nicht eingebunden.

Am Mittag des 13. September schrieb Damian: „Die betreiben einige Aufarbeitung gerade, es wird eine Domain nach der anderen entsperrt.“

Teils über ein Jahr unrechtmäßig gesperrt

Rechnet man Sub-Domains zusammen, waren laut Recherchen von Damian zuletzt 122 Seiten auf Empfehlung der CUII in Deutschland gesperrt. Auf 41 der Seiten hatte Damian keine urheberrechtswidrigen Inhalte gefunden. Sie standen zum Verkauf, verlinkten auf andere Seiten oder führten ins Nichts. Von den 41 Seiten sind bei den meisten Providern inzwischen nur noch zwei gesperrt. Lediglich o2 hinkt noch hinterher und sperrt, Stand 22. September, noch sieben Seiten unrechtmäßig.

Die inzwischen freigegebenen Seiten waren teils über ein Jahr lang grundlos gesperrt. Dabei sind die CUII-Mitglieder eigentlich dazu verpflichtet zu prüfen, ob die blockierten Seiten weiterhin „strukturell urheberrechtswidrige“ Inhalte anbieten. Und zwar regelmäßig, so der CUII-Verhaltenskodex und die Verabredung mit der Bundesnetzagentur.

Das Monitoring ist wichtig, weil die Internetsperre ein weitreichender Eingriff in die grundgesetzlich geschützte Informationsfreiheit ist und gut begründet sein muss. Dass die CUII die gesperrten Seiten jetzt weitgehend freigegeben hat, zeigt, dass die Seiten tatsächlich unrechtmäßig gesperrt waren – und das Monitoring unzureichend war. Jetzt muss sich zeigen, ob nach der großen Aufarbeitung die Netzsperren regelmäßig überprüft werden.

Bislang nur zwei Hinweise aus der Bevölkerung

Jan Bernd Nordemann, Vorsitzender des Steuerungskreises der CUII, schreibt auf netzpolitik.org-Anfrage, dass auch Außenstehende melden können, wenn die Voraussetzung für die DNS-Sperre einer Website nicht mehr vorliegt. Das sei bislang zweimal passiert, einmal aufgrund eines Hinweises von netzpolitik.org. Wir hatten die CUII vor Veröffentlichung des Textes mit dem Vorwurf der unrechtmäßigen Sperrungen konfrontiert und als Beispiel burningseries.tw genannt. Das zweite Hinweis kam vermutlich von Damian, der die unrechtmäßige Sperrung von serien.sx bemängelte.

Die Zahl der Hinweise ist vermutlich auch deshalb so gering, weil Nutzer*innen der größten deutschen Internetanbieter die Seiten ja nicht ohne weiteres ansteuern können, um ihren Inhalt zu überprüfen. Damian hat auch deshalb auf seiner Seite Anleitungen veröffentlicht, die zeigen, wie man die DNS-Sperren umgeht.


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