Russlands Vormarsch, Kessel bei Kursk und Vorstoß in Donbass: Aktuelles zum Ukraine-Krieg

Von Sergei Poletajew

Seit Oktober finden entlang der gesamten Front intensive Kämpfe statt. In diesem Monat und im November rückte die russische Armee so schnell vor wie nie zuvor seit Beginn der militärischen Sonderoperation in der Ukraine. Die Truppen eroberten mehr als 1.500 Quadratkilometer.

Die russische Armee rückt derzeit in acht Frontabschnitten vor, was einen neuen Rekord darstellt. Im Folgenden werden wir uns auf die vier Hauptkampfrichtungen – von Norden nach Süden – konzentrieren.

Kursker Front: Fortgesetzte Kämpfe und die Einkesselung der ukrainischen Streitkräfte

Die Lage hier hat sich seit unserem letzten Bericht nicht wesentlich verändert, und die Kämpfe laufen weiter. Trotz ernsthaften Engpässen an anderen Frontabschnitten verlegen die ukrainischen Streitkräfte weiterhin Reserven nach Kursk. In Kiew ist man der Ansicht, dass die Beibehaltung der Kontrolle über diesen Frontabschnitt von entscheidender Bedeutung ist, da sie dem Land ein Druckmittel gegenüber der neuen US-Präsidentenregierung verschafft.

Westlichen und ukrainischen Quellen zufolge wurden nordkoreanische Soldaten im Gebiet Kursk stationiert. Ihre Präsenz wurde jedoch nicht offiziell bestätigt.

Interessante Tatsache: An diesem Frontabschnitt kam es zur ersten größeren Einkesselung ukrainischer Streitkräfte seit den Kampfhandlungen um Mariupol (die im Frühjahr 2022 stattfanden) – mehrere Hundert Soldaten der ukrainischen Streitkräfte gerieten in der Nähe des Olgowskaja-Gehölzes in die Zange. Dies gab der russische Präsident Wladimir Putin am 24. Oktober bekannt, und am 20. November wurde das Gebiet bereits geräumt.

Wie ist die aktuelle Lage? In dieser Woche wurden die Kämpfe noch intensiver. Kursk ist nach wie vor eine der wenigen Richtungen, in denen die ukrainischen Streitkräfte aktiv Gegenangriffe durchführen und in der Lage sind, ihre Positionen zu halten und vereinzelt sogar vorzurücken.

Abschnitt Pokrowsk: Russen rücken entlang der Eisenbahn vor

Die Stadtagglomeration Pokrowsk (Krasnoarmejsk) ist das zweitgrößte Stadtgebiet im Donbass und steht (ebenso wie die Stadtagglomeration Slawjansk-Kramatorsk) teilweise unter ukrainischer Kontrolle.

Vor dem Krieg hatte die Stadt rund 200 000 Einwohner. Die Stadt ist auch der wichtigste Logistikknotenpunkt für die Versorgung der ukrainischen Truppen an der gesamten Südfront.

Im Spätsommer galt die Pokrowsk-Richtung als vorrangig, doch nachdem die Stadt Nowogrodowka mit minimalem Widerstand erobert werden konnte, wurde das weitere Vordringen nach Westen zum Stillstand gebracht. Selidowo (die Vorkriegsbevölkerung der Stadt und ihrer Umgebung betrug etwa 50.000 Einwohner) leistete fast zwei Monate lang Widerstand, wurde jedoch von Norden und Süden eingekesselt und fiel schließlich ohne ernsthafte Häuserkämpfe. Nach einer kurzen Verschnaufpause setzte die russische Armee ihren Vormarsch in Richtung Pokrowsk fort und umging die Stadt von der Südflanke her.

Interessante Tatsache: Die russischen Truppen rückten hauptsächlich entlang der Haupteisenbahnlinie vor – von Awdejewka nach Nowogrodowka. Jetzt rücken die Russen auch entlang einer anderen Bahnlinie weiter südlich vor, die direkt nach Pokrowsk führt.

Wie ist die aktuelle Lage? Seit Ende November rückten die russischen Truppen weiter vor — nachdem sie die ukrainischen Verteidigungsstellungen bei Nowotroizkoje durchbrochen hatten, näherten sie sich Pokrowsk und besetzen nun Stellungen zehn bis elf Kilometer südlich der Stadt.

Aus Pokrowsk (60.000 Einwohner vor dem Krieg) wurde die Zivilbevölkerung evakuiert, und die Strom- und Gasversorgung der Stadt wurde unterbrochen. Gelingt es den ukrainischen Streitkräften, ihre Flanken zu halten und ernsthafte Kämpfe in der Stadt zu führen? Höchstwahrscheinlich werden die Ukrainer dies versuchen, und zwar aus denselben politischen Motiven wie im Gebiet Kursk.

Kurachowo: Der Hauptbrennpunkt

Die Kämpfe um Kurachowo begannen unmittelbar nach dem Fall von Ugledar Anfang Oktober. Die Russen rückten aus mehreren Richtungen vor: aus dem Norden in Richtung des Stausees, von der Frontlinie durch Ostroje-Ostrowskoje, aus dem Süden durch Bogojawlenka sowie entlang einer breiteren Front von Jasnaja Poljana nach Konstaninopol. Die letztgenannte Richtung begünstigte auch die Einkesselung von Welikaja Nowossjolka, worauf weiter unten eingegangen wird.

Interessante Tatsache: Die Militäroperation in Kurachowo stellt die größte seit der Eroberung von Mariupol dar; an ihr sind zwei Truppengruppen beteiligt, und sie erstreckt sich über ein Gebiet von 1.200 Quadratkilometern. Auch wenn es sich nicht um eine Operation von strategischer Tragweite handelt, so ist sie doch von großer Bedeutung. So war beispielsweise das Gebiet der Militäroperation in Awdejewka weniger als ein Zehntel so groß und der berüchtigte "Fleischwolf von Bachmut" ein Fünftel oder ein Viertel so groß. Die Karte zeigt nur das zentrale Gebiet dieser Militäroperation.

Wie ist die aktuelle Lage? In der vergangenen Woche gab es zwei bedeutsame Entwicklungen. Erstens wurde das gesamte Nordufer des Stausees und das Dorf Starye Terni mitsamt dem Damm von den russischen Truppen unter Kontrolle gebracht. Dies gibt ihnen die volle Feuerkontrolle sowohl über die Wohnviertel als auch über das Industriegebiet im Westen, in dem sich das Wärmekraftwerk befindet.

Zweitens drängen die Russen die Ukrainer aus dem Gebiet entlang des Flusses Suchije Jaly südlich der Stadt zurück. Der Feind wurde praktisch in eine Schlucht entlang des Flusses getrieben, einigen Quellen zufolge droht ihm sogar die Einkesselung.

Trotz der verzweifelten Lage halten die ukrainischen Streitkräfte an ihren Positionen entlang des Flusses fest, denn wenn sie die Kontrolle über dieses Gebiet verlieren, wird diese Stadt innerhalb weniger Tage fallen.

Welikaja Nowossjolka: Zur Erinnerung an die ukrainische Gegenoffensive

Welikaja Nowossjolka ist eine relativ große Siedlung mit etwa 6.000 Einwohnern (mehr als in Sudscha im russischen Gebiet Kursk). Das Gebiet wird von diversen ukrainischen Truppenteilen gehalten, darunter ein halbes Dutzend Brigadeeinheiten der ukrainischen Streitkräfte, Territorialverteidigungseinheiten, die Nationalgarde und einige Marineeinheiten.

Ende November verschlechterte sich die Lage für die ukrainischen Streitkräfte erheblich, nachdem die russischen Truppen unerwarteterweise zur Straße bei Rasdolnoje – nördlich von Welikaja Nowossjolka – durchbrachen.

Erneut hatte die russische Armee ihre Vorzugsstrategie der Flankierung und Einkesselung von Siedlungen sowie der Kontrollsicherung über die Kommunikationswege angewandt. In Kombination mit dem kontinuierlichen Frontdruck führt dies schnell zur Erschöpfung der feindlichen Ressourcen. Da die ukrainischen Streitkräfte dazu neigen, ihre Positionen auch unter äußerst kritischen Bedingungen zu halten und sich erst dann zurückzuziehen, wenn es zu spät ist, führt diese Taktik zu besonders hohen Verlusten für die Ukrainer.

Interessante Tatsache: Im Sommer 2023 stellte dies eine von zwei Hauptrichtungen der ukrainischen Gegenoffensive dar. Über vier Monate hinweg gelang es den ukrainischen Streitkräften nur, fünf bis sechs Kilometer nach Süden vorzudringen – von Welikaja Nowossjolka bis zur Siedlung Uroschainoje. Im Gegensatz dazu sind die russischen Streitkräfte allein im vergangenen Monat an der Ostflanke etwa 20 Kilometer weit vorgedrungen.

Wie ist die aktuelle Lage? Berichten zufolge verlegte die ukrainische Armee eine Reserve-Panzerbrigade zur Verstärkung der Flanken um Welikaja Nowossjolka. Zwar wurde dies noch nicht bestätigt, aber nach unserem Kenntnisstand konnten die Ukrainer eine Reihe von Gegenangriffen starten, mit denen sie den Vormarsch der russischen Truppen in der Nähe des Dorfes Nowyj Komar erfolgreich abwehrten und den Druck auf die Nordflanke von Welikaja Nowossjolka etwas minderten.

Übersetzt aus dem Englischen.

Sergei Poletajew ist ein Informationsanalytiker und Publizist, Mitbegründer und Herausgeber des Vatfor-Projekts.

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