Der finnische Präsident Alexander Stubb lehnt die Idee eines "finnischen Modells" für den Frieden in der Ukraine ab, teilt die Zeitung Helsingin Sanomat mit. "Vielleicht ist die Antwort an alle, die solche Ideen vorbringen, sie zu vergessen", erklärte Stubb am Dienstag bei einem Treffen mit Vertretern der Vereinigung ausländischer Journalisten.
Laut der Zeitschrift Politico werde in der deutschen Bundesregierung immer häufiger über einen Vorschlag für eine neutrale Ukraine nach dem Vorbild Finnlands aus der Zeit des Kalten Krieges diskutiert.
Bundeskanzler Olaf Scholz, der sich gegen eine NATO-Mitgliedschaft der Ukraine ausgesprochen hat, traf am Montag in Berlin mit dem neuen NATO-Generalsekretär Mark Rutte zusammen. Hans von der Burchard, Redakteur von Politico, schreibt diesbezüglich auf X: "Als Olaf Scholz heute in Berlin NATO-Generalsekretär Mark Rutte trifft, spricht er sich gegen eine Beitrittsperspektive für die Ukraine aus. Nun ist in meinen Gesprächen mit Beamten in Berlin ein Gegenvorschlag aufgetaucht: Die Ukraine sollte einen 'neutralen' Status einnehmen, wie ihn Finnland jahrzehntelang hatte."
Finnlands Präsident wurde von den Journalisten zu diesen Berichten gefragt. Stubb sagte, wenn er es richtig verstanden habe, gehe es bei dieser Idee darum, ob der Frieden von Moskau aus dem Jahr 1940, der den 105 Tage dauernden Winterkrieg zwischen der Sowjetunion und Finnland beendet hatte, und das finnische Neutralitätsmodell irgendwie für die Ukraine funktionieren könnte.
Stubb antwortete, er habe dieselbe Haltung zu dieser Frage wie unmittelbar nach dem Kriegsbeginn zwischen Moskau und Kiew, als man begann, das finnische Szenario als Lösung zu erwägen. "Die Antwort ist ein klares Nein", so Stubb. Die Idee eines "finnischen Modells" für den Frieden in der Ukraine sei fragwürdig, weil sie unter anderem die derzeitige Sicherheitsarchitektur Europas als Ganzes in Frage stelle und nicht die Entscheidungsfreiheit in der Sicherheits- und Verteidigungspolitik unterstütze, so Stubb. Er wies auch darauf hin, dass der Frieden von Moskau auf grundlegenden Ziele der Sowjetunion keinen Einfluss gehabt habe.
Stubb betonte, dass der blockfreie Status Finnlands während des Zweiten Weltkriegs von historischen Bedingungen bestimmt war. Wegen der unmittelbaren Nachbarschaft zu "einer totalitären und expansionistischen Sowjetunion" wurde die Entscheidung der finnischen Regierung über den neutralen Status im Rahmen der Überlebensstrategie des Landes getroffen. Die Ukraine habe das umfängliche Recht, ihre Souveränität selbst zu bestimmen und ihren Platz in der europäischen Sicherheitsarchitektur zu definieren, so Stubb.
Die Idee eines "finnischen Modells" zur Beendigung des Militärkonflikts in der Ukraine stützt sich auf die Außenpolitik Finnlands vor dem NATO-Beitritt im April 2023. Das heißt, dass die Ukraine der NATO nicht angehören sollte. Zur Zeit des Kalten Krieges gehörte Finnland weder der NATO noch dem Warschauer Pakt an. Politico weist darauf hin, dass das Finnland-Szenario einen Haken habe, denn das Land habe vor einem Jahr seine jahrzehntelange Neutralität aufgegeben und sei der NATO beigetreten.
Kai Sauer, Finnlands Botschafter in Berlin, hat sich auch gegen diese Idee ausgesprochen. "Es liegt nicht in unserem Interesse, irgendwelche künstlichen Interessensphären wiederherzustellen", erklärte der Diplomat. Finnlands Neutralitätsmodell aus dem Kalten Krieg gehöre "in einen Abschnitt der Geschichte, aus dem man sich längst befreit haben sollte".
Das "finnische Modell" sieht zudem die Abtretung eines Teils des ukrainischen Territoriums an Russland vor, so wie es Finnland im Jahr 1940 beim Abschluss des Friedensvertrags mit der Sowjetunion getan hat. Dies steht allerdings im Widerspruch zu den von Kiew erklärten Zielen.
Vergangene Woche erklärte Andrei Jermak, der Leiter des ukrainischen Präsidialamtes, dass Kiew seine Forderung nach einem Abzug der russischen Truppen aus dem ukrainischen Staatsgebiet nicht aufgeben werde. "Die Wiederherstellung der territorialen Integrität der Ukraine ist nicht nur eine Frage der Gerechtigkeit für die Ukraine", sagte Jermak und fügte hinzu, dass auch Kiews westliche Verbündeten ähnliche Forderungen stellten.
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