Bundeskanzler Olaf Scholz ist offensichtlich alarmiert und will sich in den nächsten Tagen gleich mehrfach zu Sechs-Augen-Gesprächen mit Finanzminister Christian Lindner (FDP) und Wirtschaftsminister Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen) treffen. Wie unter anderem der Spiegel und die Bild berichteten, soll bereits am Freitag ein erstes Krisengespräch stattgefunden haben. Bevor am Mittwoch der Koalitionsausschuss zusammenkommt, habe Scholz noch zwei bis drei weitere Gespräche mit Habeck und Lindner anberaumt.
In einer lange geplanten Schaltkonferenz soll Habeck, der aus seinem Urlaub in Rom zugeschaltet war, erklärt haben, das Papier mit der Leitungsebene seines Ministeriums besprochen zu haben. Von dort "könnte das Papier an die Presse durchgestochen worden sein", so Habecks Verdacht.
Seit der Veröffentlichung von Lindners "Wirtschaftswende"-Papier am vergangenen Freitag, mit der der FDP-Chef die Gerüchte über ein Auseinanderbrechen der Koalition noch einmal angeheizt hatte, herrscht innerhalb der Ampel-Regierung ziemliche Unruhe. Lindners Papier "Wirtschaftswende Deutschland – Konzept für Wachstum und Generationengerechtigkeit" liest sich zu großen Teilen wie eine Generalabrechnung mit der bisherigen Ampel-Politik.
Darin fordert Lindner die vollständige Abschaffung des Solidaritätszuschlags, weniger Zuwendungen für Bürgergeld-Empfänger, eine erhebliche Lockerung zahlreicher Klimaschutzgesetze und ein Moratorium für geplante Regulierungen. Explizit nennt er auch das "Tariftreue"-Gesetz, das die Tarifbindung von Betrieben regeln soll – ein zentrales Projekt der SPD.
"Die Chancen auf Umsetzung stehen schlecht. Die SPD-Vorsitzenden Saskia Esken sagte am Samstag: Durch die Bank sind diese Punkte, die er dort aufgezählt hat, in der Koalition nicht zu verwirklichen."
Über die momentane Verfassung der Ampel-Koalition sagte Esken zudem:
"Niemand will im Augenblick eine Prognose wagen, wann genau die nächste Bundestagswahl stattfindet. In der Koalition, das ist nicht von der Hand zu weisen, brennt gerade die Hütte."
Lob für die FDP kam hingegen von der Union: CDU-Chef Friedrich Merz erklärte, er sehe in dem Papier große Schnittmengen zwischen Union und FDP. Auch CSU-Chef Markus Söder forderte ein Ende der Ampel-Koalition und Neuwahlen.
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