UN-Botschafter Russlands in New York: Wie der 3. Weltkrieg zu verhindern sei

Neben der Ukraine besteht die Gefahr, dass der zweite Brandherd zum drohenden Weltkrieg im Nahen Osten außer Kontrolle gerät. Inzwischen hat der angekündigte iranische Gegenschlag «True Promise2» auf Israel am 1. Oktober dem Westen neue globale Machtverhältnisse drastisch vor Augen geführt.

Die atlantische Kriegsgemeinschaft wurde
auf den Boden der Realität zurückgeholt

 Von REDAKTION | Nicht ohne Grund hat Israel eine Nachrichtensperre über die Resultate des iranische Raketenangriffs auf sensible militärische Ziele in und um Israel verhängt, während westliche Kartellmedien ihre Narrative im alten Stil nur weiter bedienen.

 1.10.2024: Multiple Einschläge auf Nevatim, trotz „bester“ westlicher Luftabwehr

Der vermeintlich von Israel und den USA gemeinsam am besten abgesicherte Militärflughafen der Welt, Nevatim in Negev, auf dem die rund 20, aus zwei Schwadronen bestehende israelische Tarnkappenbomber F-35 der 5. Generation stationiert sind, wurde nach Aussagen mehrerer Quellen „vollständig zerstört.“ Zuvor schon war bekannt, dass die Lieferung eines dritten Schwadron durch die USA an Israel, sich aufgrund mannigfaltiger technischer und logistischer Probleme seitens der USA bis 2028 verzögern dürfte. Das heißt: Nicht nur in der Ukraine steht die atlantische Wertegemeinschaft inzwischen auch vor ihrem logistischem Versagen.

Dazu erwischte es auch den Luftwaffenstützpunkt Hatzerim auf dem israelische F-15 stationiert sind, sowie Truppenkonzentrationen israelischer Landstreitkräfte, was die von Israel zwei Tage zuvor begonnene Offensivoperation gegen den Libanon weitgehend erschweren oder ggfs. deren Abbruch nach sich ziehen dürfte. Last but not least könnte auch das Hauptquartier des Mossad getroffen worden sein.

Die Luftabwehr versagte vollständig: Auch eine Ölförderplattform (rechts im Bild) wurde getroffen

Iran hat durch seinen zweiten zu erwartenden Gegenschlag auf rein militärische Ziele in und um Israel den Beweis geliefert, dass jedes Ziel in und um Israel seinen Angriffen schutzlos ausgeliefert bleibt. Die jahrzehntelang angepriesenen vermeintlich undurchdringlichen Hochtechnologie-Luftabwehrsysteme letzter Generation aus dem Westen wurden durch 180 Raketen des Irans zu Makulatur reduziert.

Es stellt sich die Frage: Hat die Kriegsfraktion atlantischer Abenteurer, ihre wahre Lage, obschon betäubt von ihrer eigenen Propaganda, wenigstens heute kapiert?

Noch scheint dies nicht der Fall: Aus dem Weißen Haus jedenfalls waren nur wilde Drohungen zu hören. Der Nationale Sicherheitsberater, Jack Sullivan, erklärte:

„Dieser Angriff wird schwerwiegende Folgen für den Iran haben. Wir werden mit Israel zusammenarbeiten, um sicherzustellen, dass dies geschieht!“

Auch die israelischen Streitkräfte kündigten an, dass ihre Reaktion im gesamten Nahen Osten zu sehen sein werde und der israelische Außenminister, Israel Katz forderte, dass die gesamte „freie Welt“ Israel zu unterstützen hätte.

Blind vor Wut forderte US-Senator Lindsey Graham von Präsident Joe Biden Angriffe auf iranische Ölraffinerien zu zielen. Der US-Senator, scheint das nur schlecht durchdacht zu haben: Nach dem angenommenen Angriff auf Irans Raffinerieanlagen, würden die Preise für Öl und Gas weltweit durch die Decke schießen mit dem fatalen Nebeneffekt, dass in Folge die bereits gezeichneten westlichen Wirtschaften und ihre nicht viel weniger angeschlagenen Finanzindustrien sich einen Totalabsturz einhandeln dürften.

Vor den Hintergrund dieser weltweit eskalierenden Lage hat der Ständige Vertreter der Russische Föderation im UN Sicherheitsrat, Wassili Nebensjia, das Wort ergriffen, um den Vorschlag Russlands zur Lösung dieser weltweit höchst gefährlichen Krise, zu mindestens fünf Minuten vor Zwölf der internationalen Gemeinschaft vorzutragen:

 

Erklärung des Ständigen Vertreters Russlands,
Wassili Nebensjia, im UN Sicherheitsrat zur Lage im Nahen Osten

Frau Präsidentin,

wir möchten Slowenien zum Abschluss seiner Ratspräsidentschaft im September gratulieren, der für keine Präsidentschaft ein einfacher Monat war. Wir gratulieren auch der Schweiz zur Übernahme der Ratspräsidentschaft im Oktober.

Wir danken dem Generalsekretär für seine Einschätzung der Lage im Nahen Osten, die sich angesichts einer beispiellosen Eskalation der Gewalt im Libanon und der Ausweitung der Konfrontation auf die Nachbarländer in der Region drastisch verschlechtert hat. Wir haben auch die Positionen Israels und des Iran berücksichtigt, die in den gestern verteilten Schreiben dargelegt wurden.

Leider stürzt die Region des Nahen Ostens vor unseren Augen praktisch in den Abgrund eines neuen großen Krieges, während der Sicherheitsrat hilflos zusieht. Israels brutale Militäroperation in Gaza geht weiter, obwohl die überwiegende Mehrheit der internationalen Gemeinschaft dazu aufruft, sie zu beenden. Die Spirale der Gewalt hat die Situation entlang der Grenze zwischen dem Libanon und Israel sowie im Jemen und am Roten Meer erwartungsgemäß verschärft. Anstatt jedoch auf Diplomatie zu setzen, haben die Behörden in Westjerusalem ganz klar auf Gewalt gesetzt, um ihren Belangen nachzukommen. Ihre amerikanischen Mittäter spielen ihnen komplett in die Hände und lähmen die Arbeit des Sicherheitsrats.

So ist der Libanon zum neuen Opfer der israelischen Militärmaschinerie geworden. Nach schweren Bombardierungen libanesischer Städte startete sein südliche Nachbar eine Bodenoffensive in diesem Land. Nach einer Reihe politischer Morde, darunter die Ermordung des Vorsitzenden des Politbüros der Hamas, Ismail Haniyeh, des Generalsekretärs der Hisbollah, Hassan Nasrallah und einer Reihe anderer Anführer von Anti-Israel Bewegungen, schaltete sich auch der Iran, der sich angesichts der Umstände seit zwei Monaten außergewöhnlich lang zurückgehalten hatte, in die Auseinandersetzung ein.

Die Erklärungen unserer westlichen Kollegen vermitteln den Eindruck, das einzige Problem vor dem Rat heute wäre die Reaktion auf den iranischen Raketenangriff

Es ist schwer vorstellbar, welche Rolle man mit einer solchen Einschätzung der Lage im diplomatischen Prozess spielen könne. Es wird so getan, als ob sich alles „in einem Vakuum“ abspielte. Als ob im Libanon, im Gazastreifen, in Syrien und im Jemen nichts geschehen wäre oder geschehen sei. Aber es ist geschehen und hat zu einer neuen und äußerst gefährlichen Eskalationswelle des Nahostkonflikts geführt.

Russland verurteilt den Angriff auf den Libanon entschieden und fordert die israelischen Behörden auf, die Anwendung von Gewalt unverzüglich einzustellen und ihre Truppen aus dem libanesischen Hoheitsgebiet abzuziehen.

Es gibt keine Rechtfertigung für weitere zivile Opfer, deren Zahl bereits in die Tausende geht.

Wir bekunden unsere Solidarität mit der Regierung und dem Volk des befreundeten Libanon, der einem bewaffneten Angriff ausgesetzt ist. Den Familien und Freunden der Getöteten sprechen wir unser aufrichtiges Beileid aus.

Wir fordern die vollständige und umfassende Umsetzung der Resolution 1701 des Sicherheitsrates, die sowohl die Verpflichtung Israels beinhaltet, alle offensiven Militäroperationen einzustellen, seine Streitkräfte aus dem Südlibanon abzuziehen und die Besetzung libanesischer Gebiete zu beenden, wie auch die Verpflichtung der Hisbollah, Einheiten aus dem Gebiet nördlich des Litani-Flusses abzuziehen.

Die israelische Seite muss die Sicherheit der UN-Interimstruppe im Libanon, die aufgrund der israelischen Invasion unvorhergesehenen Gefahren ausgesetzt ist, rigoros gewährleisten.

Wir möchten Sie daran erinnern, dass die Gefährdung des Lebens und der Gesundheit von Blauhelmen ein Kriegsverbrechen darstellen könnte.

Wir verurteilen auch entschieden die Ermordung von Hassan Nasrallah. Es ist verabscheuungswürdig, dass…:

… mehr als 80 Bomben mit einem Gewicht von jeweils einer Tonne auf ein Wohnviertel in der libanesischen Hauptstadt abgeworfen wurden, um ihn zu töten. Dabei wurden sechs Hochhäuser zerstört.

Wie kann man angesichts dieser Folgen von einem gezielten Angriff sprechen? Diese politische Eliminierung ist mit verheerenden Folgen für den Libanon und den gesamten Nahen Osten verbunden. Westjerusalem kommt nicht umhin zu verstehen, dass die Situation vorsätzlich eskaliert wurde. Daher trägt die israelische Seite die volle Verantwortung für die nachfolgende Eskalation und ihre Folgen, inklusive auf die Bevölkerung Israels.

Der UN-Sicherheitsrat hat Israel gemäß seinem Mandat zur Wahrung des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit aufzufordern, die Feindseligkeiten unverzüglich einzustellen.

Es ist auch unsere Pflicht, alles zu tun, um die Voraussetzungen für eine politische und diplomatische Lösung zu schaffen. In diesem Zusammenhang nehmen wir das Signal aus Teheran zur Kenntnis, dass es keine weitere Eskalation der Konfrontation wünscht.

Frau Präsidentin,

in letzter Zeit wurde der UN-Sicherheitsrat häufig – vermeintlich zu Recht – dafür kritisiert, dass er es nicht geschafft hat, der Gewalt im palästinensisch-israelischen Konfliktgebiet ein Ende zu setzen.

Im Rahmen seines Mandats zur Wahrung des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit hat der UN-Sicherheitsrat Israel zu zwingen, die Feindseligkeiten unverzüglich einzustellen. Und wir alle haben die Pflicht, alles zu tun, um die Voraussetzungen für eine politische und diplomatische Lösung zu schaffen. In diesem Zusammenhang nehmen wir die Signale aus Teheran zur Kenntnis, dass man nicht wünscht, die Spirale der Konfrontation weiter nach oben zu treiben.

Frau Präsidentin,

gleichzeitig sind sich diejenigen, die unsere Arbeit verfolgen, der Tatsache bewusst, dass 14 der 15 Mitglieder des Sicherheitsrates längst die notwendigen Maßnahmen ergriffen hätten, um die Parteien zum Frieden zu zwingen und so das Leben Tausender unschuldiger Frauen, Kinder und älterer Menschen zu retten.

Und Israel wäre nicht in der Lage, so dreist und unter Missachtung des Völkerrechts zu handeln, wenn es nicht den bedingungslosen und umfassenden Schutz der USA genießen würde.

Zum Wohle seines Verbündeten im Nahen Osten hat Washington bereits fünfmal sein Veto im Sicherheitsrat eingelegt und hält uns seit Anfang Juli absichtlich zum Narren, indem es seinen berüchtigten „Biden-Plan“ und seine „stille Diplomatie“ anpreist, um einen Deal zwischen der Hamas und Israel zu vermitteln. Ehrlich gesagt erweckt all dies den Eindruck, dass Washington diese vermittelten Verhandlungen mit niemand anderem als sich selbst führt.

Es ist daher durchaus symbolisch, dass der israelische Premierminister von New York aus den Befehl zur Eliminierung des Hisbollah-Führers gab und damit eine sehr gefährliche Runde regionaler Eskalation in Gang setzte: Dieser Befehl kam direkt, nachdem er eine betont militaristische Rede vor der UN-Generalversammlung gehalten hatte.

Das, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist die Art eines „gut abgestimmtes Duetts“, mit dem wir es hier zu tun haben. Und das Problem liegt natürlich nicht nur in der moralischen und politischen Unterstützung, sondern auch in den Waffenlieferungen im Wert von mehreren Milliarden Dollar, die Washington weiterhin tätigt, als wäre nichts geschehen – als wären nicht 42.000 Palästinenser ausgelöscht worden. Es versteht sich von selbst, dass Israel ohne Vermittlung aller Voraussicht seine unmenschliche Kampagne fortsetzen werde.

Infolgedessen breitet sich die Flamme dieses alles verzehrenden Konflikts immer weiter aus und verschlingt immer mehr Nachbarn Israels in der Region.

Die große und gefährlichste Illusion ist hier, dass Israel unbeschadet aus diesem aufkeimenden Feuer hervorgehen könnte.

Dieses Feuer verschlingt das Leben der israelischen Geiseln. Und Westjerusalem tut so, als sei dies alles Teil ihres Plans, während es die öffentliche Meinung in Israel selbst völlig missachtet.

Frau Präsidentin,

eine weitere gefährliche Illusion ist, dass Israel, welches über eine beträchtliche militärische Vormachtstellung verfügt, plant, die von ihm provozierte Krise allein zu bewältigen. Es wird immer deutlicher, dass die israelische Führung versucht, einen direkten Konflikt zwischen ihren wichtigsten regionalen Gegnern – dem Iran – und den Vereinigten Staaten auszulösen und dafür keine Mühen scheut. Es ist schwer zu sagen, ob Washington dies versteht, doch bisher ist diese Show nach „israelischen Drehbüchern“ gelaufen. Sollte es zu einem Finale kommen, würde der Konflikt auf ein unvorstellbares Niveau eskalieren und nicht nur den Nahen Osten, sondern die ganze Welt bedrohen.

Wir sind davon überzeugt, dass es in unserem gemeinsamen Interesse liegt, ein solches Szenario zu verhindern. Ich hoffe, dass unsere amerikanischen Kollegen endlich eine „Epiphanie “ überkäme und sie sich der Verantwortung, die sie als ständiges Mitglied des UN-Sicherheitsrats tragen, voll bewusst wären.

Frau Präsidentin,

der einzige Ausweg aus der aktuellen Lage im Nahen Osten liegt unserer Ansicht nach in der Nutzung des umfangreichen Instrumentariums, das unserem Rat zur Verfügung steht. Dieses Instrumentarium ermöglicht es uns, Konflikte effektiv zu beenden und die Umsetzung bestehender Resolutionen des UN-Sicherheitsrats sicherzustellen. Alle anderen Initiativen würden lediglich als Notlösung zur Abschwächung dienen und wären nicht wirksam.

Wir sehen keine Alternative, als die Konfliktparteien zu einem sofortigen Waffenstillstand in Gaza zu zwingen, der mit dem Austausch von Geiseln und Gefangenen einhergehen und den uneingeschränkten und ungehinderten Zugang humanitärer Hilfe zur Enklave gewährleisten muss. Damit würde der Grundstein zur Wiedereinsetzung einer friedlichen Lösung der Palästinafrage auf einer international anerkannten Grundlage, die ihrerseits auf der von uns allen stets befürworteten Zweistaatenlösung beruht, gelegt.

Der zweite Schwerpunkt unserer Bemühungen ist ebenfalls klar: Eine sofortige Waffenruhe im Südlibanon und eine generelle Absage an Gewalt, Provokationen und Hassreden durch alle direkt oder indirekt am Konflikt beteiligten Parteien.

Frau Präsidentin,

die heutige Nachricht, dass der UN-Generalsekretär in Israel zur unerwünschten Person erklärt wurde, ist unerhört und äußerst plump.

Dies ist nicht nur ein Schlag ins Gesicht der UNO, sondern auch von uns allen. Wir fordern die Mitglieder des Rates und der UNO auf, auf diesen unerhörte Akt zu reagieren.

Und noch einmal: Der UN-Rat verfügt über das notwendige Instrumentarium, um diese Herausforderungen zu behandeln. Die Frage ist nur, ob wir den politischen Willen dazu haben. Wir haben den Willen. Haben Sie ihn? Wir ersuchen dringend, diese Frage so schnell wie möglich zu beantworten!

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

***

Übersetzung: UNSER-MITTELEUROPA



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