Von Olga Samofalowa
Die Ukraine wird ihren Transitvertrag mit Gazprom nicht verlängern, gab Wladimir Selenskij letzte Woche bekannt. Im Allgemeinen ist dies keine Sensation, da die ukrainischen Behörden den Schritt mehr als einmal angekündigt haben. Der Transitvertrag mit der Ukraine endet im Dezember 2024.
Experten gingen jedoch bislang davon aus, dass Gazprom auch ohne diesen Vertrag weiterhin die Möglichkeit hat, russisches Gas durch die Ukraine zu transportieren – indem es die Kapazität des Gastransportsystems auf Auktionen bucht, wie es in Europa üblich ist: für einen Monat, für drei oder für sogar sechs Monate.
Der Berater des Leiters von Selenskijs Büro, Michail Podoljak, erklärte jedoch, dass die Ukraine ab dem 1. Januar 2025 bereit sei, Gas zu liefern, aber nur solches, das aus anderen Ländern über russisches Hoheitsgebiet transportiert wird. Ihm zufolge könne dies etwa Gas aus zentralasiatischen Ländern wie Kasachstan oder Aserbaidschan sein. Podoljak teilte mit:
"Wenn irgendein europäisches Land es für notwendig erachtet, kasachisches oder aserbaidschanisches Gas zu erhalten, ist die Ukraine bereit, es zu transportieren, wenn die Logistik, die Rechtsgrundlage und die vertraglichen Bedingungen stimmen."
Allem Anschein nach bedeutet dies, dass die Ukraine die russische Firma Gazprom nicht an den Auktionen zur Buchung der Kapazität der ukrainischen Pipeline teilnehmen lässt, sondern bereit ist, nur mit anderen, nicht russischen Unternehmen zusammenzuarbeiten.
Einerseits mag die Aussage des ukrainischen Beraters ein wenig absurd erscheinen, da der Zugang zu der ukrainischen Pipeline durch russisches Hoheitsgebiet führt. Ohne die Zustimmung Russlands ist dieses Vorhaben daher unmöglich. Andererseits könnte Russland aus diesem Vorschlag sogar einen Nutzen für sich selbst ziehen – nämlich einem nicht russischen Lieferanten den ukrainischen Transit zu ermöglichen, glauben Experten.
Wer könnte anstelle von Gazprom mit Moskaus Zustimmung sein Gas durch die Ukraine pumpen? Und was wäre der Vorteil für Russland selbst?
Von den Nachbarländern kommt derzeit nur Aserbaidschan infrage. Denn es ist unwahrscheinlich, dass Kasachstan und Usbekistan zusätzliches Gas für den Transit durch die Ukraine anbieten können. Alexei Gromow, der Direktor der Energieabteilung am Institut für Energie und Finanzen, sagt:
"Kasachstan und Usbekistan haben Probleme mit der Gasversorgung ihrer eigenen Regionen, sie haben keine nennenswerten Exportressourcen. Im Gegenteil, Russland befasst sich jetzt mit der Frage der Erhöhung der russischen Gaslieferungen an Usbekistan, und für die Zukunft planen wir, den Norden Kasachstans mit Gas zu versorgen."
Turkmenistan liefert sein Gas hauptsächlich nach China, obwohl es seine Lieferungen gerne diversifizieren würde, aber die Beziehungen zu Russland sind angespannt, auch wegen der Gaskonkurrenz mit Gazprom. Sergei Tereschkin, Generaldirektor des Marktplatzes für Ölprodukte und Rohstoffe Open Oil Market, stellt fest:
"Turkmenistan verfügt über Gas und die technischen Möglichkeiten, Gas über Russland und die Ukraine über das Gasleitungssystem Zentralasien-Zentrum zu liefern. Dieses System wurde in den 1990er und in der ersten Hälfte der 2000er Jahre häufig genutzt, als Gazprom turkmenisches Gas kaufte, um es anschließend nach Europa weiterzuverkaufen. Gleichzeitig wurde dasselbe ukrainische Gastransportsystem, das in der Sowjetära gebaut wurde, für die Lieferungen genutzt."
Das Problem ist, dass diese Pipeline nun für Lieferungen in die entgegengesetzte Richtung genutzt wird – von Russland nach Usbekistan, so Tereschkin. Das Gasleitungssystem Zentralasien-Zentrum wird von Gazprom kontrolliert und besteht aus Gaspipelines, die von Turkmenistan über Usbekistan und Kasachstan nach Russland führen.
Damit bleibt nur noch eine Möglichkeit für eine Zusammenarbeit in dieser Angelegenheit – Aserbaidschan. Aserbaidschan liefert sein Gas derzeit über die Türkei (über die TANAP- und TAP-Pipelines) in die EU. Die Türkei, Griechenland, Albanien und Italien erhalten zehn Milliarden Kubikmeter aserbaidschanisches Gas über Rohrleitungen. Alexei Gromow meint:
"Russland könnte sich mit Aserbaidschan auf einen Austausch von Gaslieferungen einigen. Wir werden unser Gas, das bisher durch die Ukraine geleitet wurde, durch Aserbaidschan weiter in die Türkei und nach Europa leiten, und zwar im Rahmen aserbaidschanischer Verträge. Und Baku wird sein aserbaidschanisches Gas durch die Ukraine liefern, möglicherweise im Rahmen von Gazprom-Verträgen."
Mit anderen Worten: In der Praxis werden physisch aserbaidschanisches und russisches Gas geliefert, aber auf dem Papier sieht die Situation anders aus: Rechtlich gesehen fließt das russische Gas durch die Türkei und die TAP-Pipeline, während das aserbaidschanische Gas durch die Ukraine fließt. Ob diese Lieferungen identisch sind oder nicht, ist eine Frage der Interpretation. Aserbaidschan liefert zehn Milliarden Kubikmeter Gas über die Türkei nach Europa, während Russland 15 bis 16 Milliarden Kubikmeter über die Ukraine liefert.
Warum könnte es für Russland günstig sein, Aserbaidschan einzuladen, sein Gas durch die Ukraine zu pumpen, um das Gas von Gazprom zu ersetzen?
Alexei Gromow sagt dazu:
"Erstens hat Gazprom bestehende Gaslieferverträge mit Österreich, Ungarn und der Slowakei, die wir nicht unterbrechen wollen. Wenn wir Ungarn und die Slowakei noch über Turkish Stream mit Gas versorgen können, werden wir Österreich nicht mit Gas beliefern können. Dies ist nur über die Ukraine möglich."
Mit anderen Worten: Aserbaidschan wird Gazprom helfen, seine Verpflichtungen aus den laufenden Verträgen mit europäischen Abnehmern zu erfüllen.
Zweitens brauche Russland Aserbaidschan, um eine strategische Frage zu lösen – die Organisation der Pipeline-Lieferungen von russischem Gas nach Iran, so Gromow. Im Juni war eine Gazprom-Delegation in Iran, wo ein geschlossenes Memorandum über die Ausarbeitung langfristiger Lieferungen von russischem Pipeline-Gas in Iran unterzeichnet wurde.
Gazprom hat sich zu diesem Thema nicht geäußert, aber Iran hat den Schleier der Geheimhaltung gelüftet und erklärt, dass er über die Schaffung eines neuen Gastransportsystems unter dem Kaspischen Meer diskutiert, das bis zu 110 Milliarden Kubikmeter russisches Gas nach Iran und weiter zu den Märkten in Südasien und dem Nahen Osten liefern soll. Gromow erklärte dazu:
"Südasien und der Nahe Osten sind Märkte mit Nachholbedarf. Der Gasverbrauch dort wird oft zurückgehalten, weil es kein Angebot gibt."
Der Wissenschaftler erläutert weiter:
"Wir sprechen im Wesentlichen über die Schaffung eines Systems für Kaspische Pipelines, die Nord Stream ersetzen sollen. Aber dieses Projekt kann nur realisiert werden, wenn Aserbaidschan oder Turkmenistan zustimmen, die Leitung in ihren Hoheitsgewässern zu verlegen.
Wir haben traditionell schwierige Beziehungen zu Turkmenistan, aber wir können Aserbaidschan entgegenkommen, und im Gegenzug können wir die Genehmigung für die Verlegung der Leitung nach Iran erhalten."
Erst am 19. August dieses Jahres war der russische Präsident Wladimir Putin zu einem zweitägigen Besuch nach Baku gereist – dem ersten seit sechs Jahren. Allerdings haben sich die Staatschefs in diesem Jahr schon einmal gesehen. Dabei führten die beiden Staatsoberhäupter persönliche, nicht öffentliche Gespräche über Gas, bei denen wiederum strategische Bereiche der Zusammenarbeit erörtert wurden. Gromow sagt:
"Für Russland ist der Bau einer Gaspipeline nach Iran eine strategische Angelegenheit. Wir sehen, dass die Möglichkeiten für ernsthafte Gasexporte aus Russland in andere Richtungen begrenzt sind. Europa will sich im Prinzip vom Gas abwenden – und es ist unwahrscheinlich, dass sich hier für Russland etwas ändern wird. Auch mit China haben wir eine komplizierte Situation. Einerseits füllen wir die Power of Siberia-1-Pipeline wie geplant, andererseits werden wir nach Aussagen der mongolischen Seite, die ein Gastransitland ist, frühestens 2028 zum Power of Siberia-2-Projekt zurückkehren."
Welche Vorteile hat Aserbaidschan von der ganzen Sache mit den Swap-Lieferungen mit Gazprom und dem Gastransit durch die Ukraine?
Gromow erklärt:
"Erstens könnte Aserbaidschan die Möglichkeit erhalten, größere Mengen seines Gases durch das ukrainische Gastransportsystem zu transportieren als die Mengen, die jetzt durch die Türkei nach Europa gehen. Dies ist ein direkter wirtschaftlicher Vorteil für Aserbaidschan."
Über die Gaspipelines durch die Türkei können beispielsweise nur zehn Milliarden Kubikmeter aserbaidschanisches Gas nach Europa geliefert werden, aber Baku hat die Möglichkeit, die Mengen um drei bis vier Milliarden Kubikmeter zu erhöhen, rechnete Gromow vor. Dies kann schnell über die ukrainische Route geschehen, ohne dass eine zusätzliche Infrastruktur aufgebaut werden muss. Der Direktor der Energieabteilung des Instituts für Energie und Finanzen kommt zu dem Schluss:
"Zweitens, wenn wir Aserbaidschan an die ukrainische Pipeline anschließen, hat Baku das Potenzial, seine Gaslieferungen in Zukunft weiter zu erhöhen, da die Kapazität der ukrainischen Pipeline generell riesig ist."
Übersetzt aus dem Russischen. Der Artikel ist am 2. September 2024 zuerst auf der Webseite der Zeitung Wsgljad erschienen.
Olga Samofalowa ist eine russische Journalistin.
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