Es war ein politisches Signal, das weit über die Landesgrenzen hinaus Wellen schlug: Der Schweizer Ständerat entschied Ende September, die Sanktionen gegen Russland zu lockern. Mit 34 zu 10 Stimmen stimmte die kleine Kammer dafür, das Verbot der Rechtsberatung für russische Firmen aufzuheben.
Die Reaktionen ließen nicht lange auf sich warten: Von scharfer Kritik aus der Ukraine bis zu besorgtem Stirnrunzeln in der EU war alles dabei.
Am 2. Oktober folgte schließlich das erwartete Urteil aus Luxemburg: Der Europäische Gerichtshof (EuGH) erklärte das Verbot der Rechtsberatung im Rahmen der EU-Sanktionen für rechtens.
Ein Alleingang der Schweiz?
Die Schweiz hatte sich den EU-Sanktionen gegen Russland nach dem Beginn des Ukraine-Kriegs zunächst nur zögerlich angeschlossen, doch bis vor Kurzem galt das Land als verlässlicher NATO-Partner. Der überraschende Entscheid des Ständerats, der das Verbot der Rechtsberatung für russische Unternehmen kippen wollte, stellte diese Loyalität infrage. Droht die Schweiz, sich vom NATO-Kurs abzuwenden?
Wirtschaftsminister Guy Parmelin warnte eindringlich, dass ein solcher Schritt ein fatales Signal an die europäischen und US-amerikanischen Partner senden würde. Dennoch setzte sich Beat Rieder von der Partei "Die Mitte" mit seiner Motion (parlamentarischer Vorstoß) durch, die Lockerung zu beschließen.
Die Begründung: Auch russische Firmen hätten ein Recht auf Rechtsberatung – unabhängig von geopolitischen Entwicklungen.
Wut und Unverständnis
Linke Medien und Sympathisanten des Selenskij-Regimes äußerten scharfe Kritik. Wie könne die Schweiz, ein Land, das für seine Neutralität und moralische Integrität bekannt ist, ausgerechnet jetzt eine Ausnahme bei den Sanktionen machen?
Franziska Roth von der Sozialdemokratischen Partei mahnte vergeblich, zunächst auf ein Signal aus der EU und auf das Urteil des EuGH zu warten, bevor eine Entscheidung getroffen werde. Doch die Mehrheit des Ständerats sah dies anders und beschloss, unabhängig von Vorgaben aus der EU zu handeln: Rechtsstaatliche Prinzipien hätten Vorrang, selbst für russische Unternehmen.
Urteil aus Luxemburg
Am 2. Oktober kam das erwartete Urteil aus Luxemburg: Der EuGH bestätigte, dass das Verbot der Rechtsberatung für russische Firmen im Rahmen der EU-Sanktionen rechtens sei. Es verletze nicht die Unabhängigkeit der Anwaltschaft, da weiterhin die Vertretung natürlicher Personen und die Beratung in Gerichtsverfahren erlaubt sei. Nur die allgemeine Rechtsberatung bleibe untersagt.
Dieses Urteil setzt die Schweiz unter Druck, doch scheint es eher, als würde der Schweizer Entscheid für einen Kurswechsel stehen – möglicherweise ein Ausdruck nationaler Selbstbestimmung und Neutralität. Während andere europäische Länder den Druck auf Russland weiter verstärken, zeigt die Schweiz, dass sie auch bereit ist, einen eigenen Weg zu gehen.
Ein mutiger Schritt
Die Entscheidung des Nationalrats steht noch aus, doch eines ist klar: Sollte auch die große Kammer der Motion zustimmen, könnte sich die Schweiz weiter von der EU-Linie entfernen.
In einer Zeit, in der die westlichen Staaten versuchen, durch geschlossene Sanktionen Russland in die Schranken zu weisen, könnte die Schweiz als neutraler Partner auftreten – ein gewagter Schritt, der international für Aufsehen sorgen dürfte.
Die Motion zur Lockerung der Sanktionen wurde von Beat Rieder initiiert und von Daniel Jositsch unterstützt. Beide betonten die Wichtigkeit der Rechtsstaatlichkeit.
Doch die Frage bleibt: Wie wird sich die Schweiz künftig positionieren? Zieht sie sich zurück und bleibt auf dem bisherigen Kurs der Sanktionen? Oder folgt sie dem Druck von innen und zeigt der EU, dass sie nicht bereit ist, sich ohne Weiteres den Vorgaben aus Brüssel zu beugen?
Die Schweiz steht am Scheideweg.
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