Australien will Geld von Online-Diensten wie Meta oder Alphabet, um damit den Journalismus mitzufinanzieren. Ein Erfolg war der „News Media Bargaining Code“ bislang jedoch nicht. Nun schlägt ein Parlamentsausschuss neue Ansätze vor, unter anderem eine steuerliche Abgabe für soziale Medien.
Australien steuert auf eine handfeste Konfrontation mit großen Online-Diensten wie Meta und Alphabet zu. Die Regierung solle über eine steuerliche Abgabe für digitale Dienste nachdenken („digital platform levy“), um damit etwa Journalismus mitzufinanzieren. Auch solle sie erwägen, Online-Dienste dazu zu zwingen, Nachrichtenartikel journalistischer Medien auszuliefern.
Das sind nur zwei Empfehlungen eines eigens eingerichteten Ausschusses des australischen Parlaments. Das von der regierenden Labor-Partei eingesetzte Gremium untersucht derzeit den „Einfluss und die Auswirkungen sozialer Medien auf die australische Gesellschaft“. Letzte Woche hat es seinen zweiten Zwischenbericht veröffentlicht, der Abschlussbericht soll Mitte November folgen. Bindend sind die Empfehlungen vorerst nicht.
Schwierige Finanzierung von Journalismus
Wie andere Länder hadert Australien schon seit einiger Zeit mit den neuen Realitäten im digitalen Raum. Dazu zählt unter anderem die zunehmend erschwerte Finanzierung journalistischer Medien. Klassische Zeitungsabonnent:innen sterben aus, die Lücke können viele Medien mit digitalen Abos nicht schließen. Unterdessen ist das einstmals andere wichtige Standbein der Anzeigenerlöse von den Printmedien zu Werberiesen wie Alphabet und Meta gewandert. Mit personalisierter Werbung und dem flüchtigen Nachrichtenkonsum auf sozialen Medien können herkömmliche Geschäftsmodelle der Verlagsbranche schlicht nicht mithalten.
Schon die konservative Vorgängerregierung Australiens hatte auf eine Spielart des sogenannten Leistungsschutzrechts gesetzt. Doch der Anfang 2021 gegen den erbitterten Widerstand von Meta und Alphabet eingeführte „News Media Bargaining Code“ hatte von Beginn an mit Problemen zu kämpfen, weil die Plattformen nur widerwillig mitmachten. So filterte etwa Facebook anfangs einfach alle Nachrichtenquellen auf seinem Dienst aus, um den Lizenzzahlungen auszuweichen, die sonst fällig geworden wären. Unter die Räder gerieten dabei auch Wetterdienste, Gesundheitsbehörden und Oppositionspolitiker:innen.
Schließlich zog Meta mit Google nach und ging mit mehreren großen Nachrichtenunternehmen in Australien Verträge ein. Dies hatte dem hochkonzentrierten australischen Medienmarkt eine Verschnaufpause beschert, von langer Dauer war sie jedoch nicht: Anfang des Jahres kündigte der Facebook-Konzern an, die millionenschweren Verträge nicht verlängern zu wollen. Nur ein verschwindend kleiner Teil der Nutzerschaft interessiere sich für Nachrichten, schrieb das Unternehmen damals, künftig wolle man sich auf andere Bereiche fokussieren.
Fokus auf kleine und digitale Regionalmedien
Auf diese Ankündigung will die australische Politik reagieren, wie der Parlamentsausschuss deutlich macht. Angesichts der auslaufenden Verträge sowie der „Herabstufung von Nachrichten auf Meta-Diensten“ soll die Regierung kurzfristig einen Übergangsfonds in die Welt setzen, der den finanziellen Ausfall kompensieren soll, empfiehlt der Zwischenbericht. Konzentrieren soll sich der Fonds insbesondere auf „kleine, unabhängige und digitale Medien“ und solche, die ländliche und abgelegene Regionen mit Nachrichten versorgen.
Zudem müsse jede künftige Regelung die „Limitierungen des News Media Bargaining Code“ berücksichtigen und alternative Finanzierungsmodelle in Betracht ziehen, etwa die steuerliche Abgabepflicht für soziale Medien. Zugleich solle die Regierung „angemessene Mechanismen und Protokolle entwickeln, um eine faire und transparente Verteilung der Einnahmen aus neuen Einnahmemechanismen zu gewährleisten.“
Vage Empfehlungen für schwieriges Vergütungsmodell
Die Empfehlungen des Ausschusses sind bislang ausgesprochen vage. Unklar ist etwa, für wen genau die neuen Regeln gelten sollen. Im Fokus der Debatte stehen vor allem Facebook und Google. Doch nicht von ungefähr konnte sich bislang kein Leistungsschutzmodell langfristig etablieren, einschlägige Versuche in Deutschland und Spanien sind vor Jahren gescheitert.
Auch in Frankreich, das als erstes EU-Land die jüngsten Vorgaben der EU-Urheberrechtsrichtlinie samt Leistungsschutzrecht umgesetzt hat, kommt das Modell nicht so recht vom Fleck: Dort handelte sich zuletzt Google eine Millionenstrafe ein, weil das Unternehmen seine Selbstverpflichtungen nicht eingehalten hat. In Deutschland fließen bis heute nur Kleckerbeträge aus dem Leistungsschutzrecht an Verlage.
Dennoch halten manche Expert:innen eine Umsetzung für möglich, selbst wenn der Teufel im Detail steckt. „Eine Abgabe für Journalismus im öffentlichen Interesse in Höhe von etwa zwei Prozent würde Mittel einbringen, die den Zahlungen des News Media Bargaining Code entsprechen oder möglicherweise sogar etwas höher sind“, sagte der Kommunikationswissenschaftler Terry Flew von der Universität Sydney jüngst bei einer parlamentarischen Anhörung.
Abrunden sollen den australischen Ansatz neue Behörden, fordert der Ausschuss: Neben einem neu einzurichtenden Digitalministerium solle auch eine unabhängige Aufsichtsstelle darüber wachen, dass die Regeln eingehalten und etwa Forscher:innen Zugang zu den Systemen der Online-Dienste gewährt wird. Dabei bezieht sich der Zwischenbericht auch auf den Digital Services Act (DSA) der EU. Dieser schreibt den Forschungszugang fest und fordert zudem von Empfehlungssystemen gewisse Transparenzvorgaben ein. Darüber hinaus soll die Regierung prüfen, „wie sie auf die Verwendung von Algorithmen und Empfehlungssystemen zur Abwertung von Nachrichten durch digitale Plattformen mit signifikanter Macht reagieren kann.“
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