Die russische Wirtschaft zeigt in einigen Sektoren deutliche Anzeichen einer Verlangsamung des Wachstums, während das Land mit einer hohen Inflation kämpft, gab German Gref bekannt, der Chef der Sberbank, der größten Bank des Landes. Bei einem Investorenforum am Freitag erklärte er:
"Es gibt deutliche Anzeichen für eine Verlangsamung der Wirtschaft, vor allem im Wohnungsbau und bei Investitionen in Wohnraum."
Der Banker und Ex-Minister warnte die Zentralbank davor, ihre Zinspolitik zu übertreiben, da dies die Rückkehr zum Wirtschaftswachstum erschweren würde.
"Dann wird es viel schwieriger sein, das Wirtschaftswachstum wieder in Gang zu bringen. Und es besteht natürlich unter anderem die Gefahr einer Stagflation."
Eine Stagflation ist gekennzeichnet durch hohe Inflation bei stagnierendem Wachstum.
Gref wies darauf hin, dass es in Russland eine Diskrepanz zwischen den realen Inflationsraten und den Marktpreisen gebe. Wenn sich dies nicht ändere, könnten sowohl Kreditgeber als auch Kreditnehmer in eine schwierige Lage geraten, so Gref.
Die Sberbank stelle bei den Bürgern derzeit die "niedrigsten Reserven an Matratzengeld" fest. Ihm zufolge seien die Bargeldersparnisse der Russen in den letzten sechs Monaten um rund 20 Prozent zurückgegangen.
Erst im Oktober hatte die russische Zentralbank den Leitzins auf ein Rekordhoch von 21 Prozent angehoben, um die wirtschaftlichen Folgen des Krieges in der Ukraine und der westlichen Sanktionen einzudämmen. Die Inflation liegt inzwischen mehr als doppelt so hoch wie das offizielle Ziel von vier Prozent. Zudem hat der Rubel in den letzten Monaten stark an Wert verloren. Ende Dezember will die Zentralbank über die Höhe des Leitzinses entscheiden. Einige Analysten erwarten, dass dieser auf bis zu 23 Prozent steigen könnte.
Elwira Nabiullina, die Vorsitzende der Zentralbank, bezeichnete die Zinspolitik als "mächtiges Werkzeug im Kampf gegen die Inflation". Ökonomen betonen jedoch, dass die hohe Inflation vor allem durch die Rekordausgaben des Landes getrieben wird. Höhere Zinsen hätten daher weniger Einfluss auf die Preissteigerungen.
Im November sagte Nabiullina, dass der Leitzins bis 2025 schrittweise gesenkt werden könne, wenn die Inflation auf das Zielniveau von rund 4,5 Prozent zurückkehre. Sie betonte, dass es keine Gefahr einer Stagflation gebe, wenn die Zentralbank einen vernünftigen und rechtzeitigen Ansatz verfolge, um dieser Gefahr entgegenzuwirken.
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