Die Bilder hessischer Überwachungskameras sollen künftig automatisch live nach bestimmten Personen durchsucht werden. Und die Bundes-CDU fordert eine derartige biometrische Fernidentifizierung an deutschen Bahnhöfen.
Das „Gesetz zur Stärkung der Inneren Sicherheit“ steht im hessischen Landtag kurz vor der Verabschiedung. Morgen findet die zweite Lesung dazu statt, am Donnerstag soll die finale folgen. Das Gesetz erlaubt unter anderem Videoüberwachung rund um Flughäfen und an sogenannten, polizeilich definierten „Angsträumen“, Drohneneinsätze zur Telekommunikationsüberwachung und zum Filmen von Wohnungen, elektronische Fußfesseln für Gefährder.
Ein aktueller Änderungsantrag der Regierungsfraktionen CDU und SPD, der vermutlich morgen angenommen wird, macht den Gesetzentwurf noch einmal deutlich brisanter. Demnach sollen die Bilder von Kameras, die den öffentlichen Raum in Hessen überwachen, zum Beispiel im Frankfurter Bahnhofsviertel, mit sogenannter KI in Echtzeit nach den Gesichtern bestimmter Personen durchsucht werden dürfen.
Die Software soll prüfen, wer sich verdächtig bewegt oder mutmaßlich gefährliche Gegenstände bei sich trägt und nach Auftrag einer Beamt*in die Person dann über alle einlaufenden Streams hinweg verfolgen. Zur Gefahrenabwehr dürfen die aufgenommenen Bilder auch automatisiert mit polizeilichen Datenbanken abgeglichen werden.
Anlasslose biometrische Massenanalyse
Aktuell sind in den polizeilichen Datenbanken hauptsächlich die biometrischen Merkmale von Menschen gespeichert, die zuvor Gegenstand einer erkennungsdienstlichen Behandlung waren. Künftig sollen, geht es nach Bundesinnenministerin Nancy Faeser und den Innenminister*innen der Länder, in einer weiteren polizeilich zugänglichen Datenbank alle Gesichter erfasst werden, von denen öffentlich einsehbare Fotos im Internet existieren.
Zur Terroristenjagd, zum Auffinden von Vermissten und mutmaßlich bedrohten Personen sollen die hessischen Polizist*innen das Videoüberwachungssystem auch mit Fahndungsfotos füttern können, nach denen das anfallende Material gescannt wird. Carsten Linnemann, Generalsekretär der Bundes-CDU, denkt in eine ganz ähnliche Richtung. Er sieht als einen der ersten Schritte einer potenziell CDU-geführten nächsten Bundesregierung den Aufbau von biometrischer Echtzeitidentifikation an Bahnhöfen. „Wir sorgen durch Gesichtserkennung mittels KI für sichere Bahnhöfe“, sagte er dem Handelsblatt.
Der automatische Abgleich wäre ein schwerer Eingriff in die Persönlichkeitsrechte Unschuldiger. Ein Test am Berliner Südkreuz erbrachte 2017/2018 eine Falsch-Positiv-Rate von etwa 0,1 Prozent. Das heißt, von 1.000 Passant*innen löst eine aus Versehen Alarm aus. Allein auf den 5.400 Bahnhöfen der deutschen Bahn bewegen sich allerdings täglich etwa 21 Millionen Menschen – das heißt durchschnittlich alle vier Sekunden würde jemand Opfer einer unbegründeten Ausweiskontrolle oder sogar Leibesvisitation.
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