Alexander Ulrich und Geisel mit scharfer interner Kritik am Parteiaufbau
Jürgen Meyer IZ 05.03.25
Nach dem verpassten Einzug in den Bundestag bei der vergangenen Wahl gibt es innerhalb des Bündnisses Sahra Wagenknecht (BSW) heftige Diskussionen über die Ursachen der Niederlage.
Die IZ berichtete über das Wahldebakel im Bund und in Hamburg. https://internetz-zeitung.eu/8100-ruecktritt-des-co-landes-vorsitzenden-brack
Ein interner Mailverkehr zeigt, dass sich Thomas Geisel, Europaabgeordneter und Vorstandsmitglied der Partei, mit scharfer Kritik zu Wort meldet.
Daraus zitiert die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ (FAZ). Er schreibt: „Eine der Ursachen unseres weit hinter unseren Möglichkeiten zurückgebliebenen Wahlergebnisses liegt auch darin, dass sehr viel Verantwortung in viel zu wenigen Händen lag.“
Auch er kritisiert die restriktive Aufnahmepolitik des BSW, die bei 38 000 Interessenten gerade mal 1200 Mitglieder aufnahm - in Hamburg gerade mal ca. 30 Leute. Und auch diese restriktive und selektive Aufnahmepraxis hat eben nicht verhindert, dass es zu großen Kontroversen im Landesverband gekommen war.
Besonders unzufrieden ist Geisel offenbar mit dem Verfahren zur Aufnahme neuer Mitglieder. „Von Transparenz bei Kriterien und Verfahren der Mitgliederaufnahme allerdings konnte zu keinem Zeitpunkt die Rede sein“, schreibt er laut FAZ.
Dem Bericht zufolge kritisiert er, dass allein festangestellte Funktionäre über die Mitgliedschaften entschieden hätten. Wer genau diese Personen waren, sei demnach nicht offengelegt worden.
Er habe zudem den Verdacht geäußert, dass die angewandten Auswahlkriterien in erster Linie dazu gedient hätten, „genehme Mehrheiten für die bevorstehenden Gründungs- und Listenparteitage in den einzelnen Landesverbänden“ zu schaffen.
Diese Art der Verleumdung kenne ich nicht mal aus der Linken.
Katja Wolf, Thüringer BSW-Landesvorsitzende, laut FAZ auf eine Mail von Alexander Ulrich
Er warnt laut FAZ: „Wir sollten – auch und gerade bei der Aufnahmepolitik – deutlich machen, dass wir uns nicht als „leninistische Avantgarde-Partei“, sondern als Volkspartei verstehen.“ Und er fordert eine personelle Neuaufstellung. Gleichzeitig stellt er dem Blatt zufolge aber klar: „An Sahra Wagenknecht selbst lag es mit Sicherheit nicht!“
Auch Alexander Ulrich, Beisitzer im Parteivorstand und Landeschef in RLP, hat laut FAZ an dem E-Mail-Austausch teilgenommen und das Wahlergebnis in Ostdeutschland kritisiert. „Der Osten hat leider nicht geliefert“, schreibt er und richtet dabei scharfe Worte an die Thüringer Landesvorsitzende Katja Wolf: „Und eine Katja Wolf Z. B. hat keine einzige Veranstaltung gemacht“, heißt es.
In Thüringen ist bei der Bundestagswahl das Ergebnis des BSW im Vergleich zur Landtagswahl kurz vorher von ca. 16 % auf ca. 9,5 % abgestürzt. Der Wähler hat hier das BSW besonders intensiv abgestraft und die AfD leider weiter erstarken lassen
Aus einer Antwort von Wolf zitiert die Zeitung: „Diese Art der Verleumdung kenne ich nicht mal aus der Linken.“ Ulrich entgegnet demnach: „Wenn Du etwas Charakter hast, dann trete als Landesvorsitzende zurück.“
Auf der Europawahlparty in Berlin im Kosmos stürmte Alexander Ulrich noch auf mich zu und ich sagte ihm etwas bremsend, dass es in Rheinland Pfalz mit der Linkspartei ja nicht so gut gelaufen sei. Diesmal müsse alles besser werden. Dann würde ich alles vergessen und verzeihen. Verdudzt aber doch einsichtig stimmte er mir zu. Der Mann kennt sich mit Irrungen und Wirrungen in der Politik gut aus. Jetzt stellt sich erneut die Frage, ob in der neuen Partei alles rund läuft.
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