Schweizer Bundesgericht schützt Medienfreiheit

Der CEO des Medienunternehmens Ringier, Marc Walder, und Peter Lauener, der frühere Kommunikationschef von Alain Berset, werden im Zuge der sogenannten "Corona-Leaks" nicht juristisch belangt. Das Bundesgericht bestätigt das Urteil des Berner Zwangsmaßnahmengerichts, dass die sichergestellten Daten versiegelt bleiben.

Im November 2020, auf dem Höhepunkt der Pandemie, informierte Bersets Kommunikationschef Lauener Ringier-Manager Walder über vertrauliche Beschlüsse zur Impfstofffinanzierung. Kurz darauf veröffentlichte die Zeitung Blick eine Schlagzeile, die eine Entscheidung des Bundesrats vorwegnahm. Zwei Jahre später machte die Schweiz am Wochenende diesen Vorfall öffentlich, gestützt auf Einvernahmeprotokolle aus einem Strafverfahren.

Die Bundesanwaltschaft stieß auf diese E-Mails im Rahmen eines anderen Verfahrens zur "Crypto-Affäre". Sie weitete ihre Ermittlungen aus, führte Hausdurchsuchungen bei Lauener und Walder durch und beschlagnahmte umfangreiche Datenmengen.

Die Betroffenen sowie die Ringier AG forderten die Versiegelung der Daten, während die Bundesanwaltschaft deren Entsiegelung und eine gezielte Untersuchung nach journalistischen Kontakten beantragte.

Das Urteil: Schutz des Redaktionsgeheimnisses

Das Bundesgericht wies die Beschwerde der Bundesanwaltschaft ab und stellte sich klar auf die Seite des Quellenschutzes. Das Redaktionsgeheimnis ist in der Bundesverfassung verankert und erstreckt sich nicht nur auf Journalisten, sondern auch auf Hilfspersonen wie Verleger und Geschäftsleitungsmitglieder. Dadurch genießt auch Medienmanager Walder diesen Schutz.

Eine Aufhebung des Redaktionsgeheimnisses ist nur in Ausnahmefällen möglich – etwa bei der Aufklärung schwerer Straftaten wie Tötungsdelikten. Eine Amtsgeheimnisverletzung hingegen stellt lediglich ein Vergehen dar, sodass die Voraussetzungen für eine Entsiegelung nicht erfüllt waren.

Mit seinem Entscheid stärkt das Bundesgericht die Wächterfunktion der Medien. Diese sollen Missstände aufdecken können, ohne dass Informanten Repressalien befürchten müssen.

Das Gericht hält fest:

"Kann der Informant davon ausgehen, dass sein Name geheim bleibt, wird er die Information den Medien eher zugänglich machen, als wenn er mit der Offenlegung seines Namens rechnen müsste, was rechtliche, berufliche und gesellschaftliche Nachteile für ihn haben könnte."

Das Motiv des Informanten sei dabei unerheblich – entscheidend sei das Vertrauen zwischen Quelle und Medien.

Dieses Urteil wird in die amtliche Sammlung aufgenommen und dient künftig als Präzedenzfall. Für die Bundesanwaltschaft bedeutet dies eine Einschränkung ihrer Möglichkeiten zur Strafverfolgung in ähnlichen Fällen. Ihr Verfahren zu den "Corona-Leaks" dürfte damit enden – ähnlich wie jenes zur "Crypto-Affäre".

Der Entscheid wirft jedoch eine grundsätzliche Frage auf: Ist Ringier-CEO Walder in seiner Funktion als Vermittler zwischen Bundesrat und Blick-Redaktion tatsächlich ein klassischer journalistischer Akteur?

Die Tatsache, dass geheime Informationen über ihn an eine Redaktion gelangten, lässt Zweifel an der strikten Trennung zwischen Politik und Medien aufkommen.

Ein Strafverfahren hätte möglicherweise zur Klärung beigetragen. Doch auch ohne gerichtliche Untersuchung kann sich die Öffentlichkeit eine Meinung bilden – nicht zuletzt dank der Enthüllungen der Schweiz am Wochenende.

Diese wurden selbst nur durch Indiskretionen und einen funktionierenden Quellenschutz ermöglicht. Damit bestätigt das Urteil nicht nur die Relevanz der Medienfreiheit, sondern auch deren zentrale Rolle in der demokratischen Kontrolle staatlicher Entscheidungen.

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